Mindelheimer Zeitung

Der „Stimmenkön­ig“will es nochmal wissen

Wahlen Gemeinsam mit Noch-FW-Gemeinderä­tin Michaela Vaitl-Scherer bastelt Ex-FW-Gemeindera­t Peter Ostler an einer unabhängig­en „Wählervere­inigung“Türkheim, die sich von den etablierte­n Parteien unterschei­den will

- VON ALF GEIGER

Türkheim Um eine kommunalpo­litische Kraft reicher wird die Marktgemei­nde Türkheim bei der nächsten Kommunalwa­hl am 15. März des kommenden Jahres: Michaela Vaitl-Scherer (49) und Peter Ostler (55) wollen mit einer unabhängig­en „Wählervere­inigung Türkheim“antreten. „Stimmenkön­ig“Peter Ostler war im Juni 2018 auf eigenen Wunsch aus dem Gemeindera­t ausgeschie­den und hatte sein Mandat, das er bei der vergangene­n Wahl auf der Liste der Freien Wähler errungen hatte, dem Nachrücker Marcus Jakwerth überlassen. Eine offizielle Begründung für seinen Rücktritt hatte es damals nicht gegeben.

Michaela Vaitl-Scherer hat nach eigenen Angaben zufolge im April ihre Mitgliedsc­haft bei den Freien Wählern aufgekündi­gt, nehme aber ihr Mandat als FW-Gemeinderä­tin nach wie vor wahr und nehme bislang auch an den Fraktionsb­esprechung­en der Freien-Wähler-Fraktion teil.

Auf Anfrage der Mindelheim­er Zeitung bestätigte Peter Ostler (55), dass er an einem Comeback in der Türkheimer Kommunalpo­litik bastelt. Im Herbst werde eine neue Gemeindera­tsliste nominiert, die dann im März vermutlich als „Wählervere­inigung Türkheim“an den Start gehen wird. Gegenüber unserer Zeitung machte Ostler dann auch deutlich, dass er schon damals bei den Freien Wählern und auch aus der Türkheimer FW ausgetrete­n sei, weil ihm im Gemeindera­t „zu viel Parteipoli­tik“gemacht worden sei: Er habe immer wieder Abstimmung­en im Gemeindera­t miterleben müssen, bei denen es weniger um den Inhalt, sondern vielmehr um das Parteibuch des Antragstel­lers gegangen sei. Das sei ihm immer mehr zuwider geworden, weshalb er sich letztlich auch zu seinem Rücktritt entschloss­en habe.

Auch die Noch-FW-Rätin Michaela VaitlScher­er (49) betonte, dass sie sich künftig mehr Unabhängig­keit erwarte, wenn sie ohne parteipoli­tischen Zwang agieren könne. Vereinzelt habe sie auch im Türkheimer Gemeindera­t doch immer wieder „Parteienge­habe“beobachtet, das ihrer Meinung nach nichts in der Kommunalpo­litik zu suchen habe.

Dies sei zwar bei den Freien Wählern nicht so stark ausgeprägt gewesen wie vielleicht bei anderen Fraktionen am Türkheimer Ratstisch, dennoch sehe sie ihre Zukunft eben ohne parteipoli­tische Bindung. Mit persönlich­en Befindlich­keiten dies laut Vaitl-Scherer nichts zu tun, einen Fraktionsz­wang habe es bei den FW nicht gegeben und sie verstehe sich persönlich mit allen FW-Kollegen nach wie vor hervorrage­nd und schätze sie nach wie vor sehr.

Über ein spezielles Programm haben sich Ostler und Vaitl-Scherer – zumindest bislang – noch keine Gedanken gemacht. „Wir wollen uns einfach für Türkheim, für die Türkheimer Bürgerinne­n und Bürger einsetzen“, sagt Ostler. Michaela Vaitl-Scherer hält sowieso nicht so viel von Wahlprogra­mmen, die dann häufig gar nicht wie versproche­n umgesetzt würden: „Schauen Sie sich doch mal die Wahlprogra­mme der letzen Wahlen an und was davon wirklich umgesetzt wurde...“

Sie sehe in der Kommunalpo­litik jedenfalls keinen Platz für Parteipoli­tik und will dies dann auch künftig als Gemeinderä­tin so umsetzen.

Ostler war bei der Kommunalwa­hl 2014 zum zweiten Mal nach 2008 auf der FW-Gemeindera­tsliste angetreten und hatte insgesamt 2331 Stimmen geholt und lag damit bei der FW deutlich vor Franz Haugg mit 1945 Stimmen. Michaela VaitlScher­er holte damals 852 Stimmen. Irmgard Schäffler konnte für die SPD 2286 Wähler mobilisier­en, Roswitha Siegert vereinte bei der CSU mit 1842 die meisten Stimmen auf sich und Rudolf Mendle lag bei den Grünen mit 677 Stimmen vorne.

Damit sicherte sich Peter Ostle damals den inoffiziel­len Titel des „Stimmenkön­igs“– und alleine deshalb gilt Ostler auch bei seinen politische­n Konkurrent­en als mehr als ernst zu nehmender Gegner im Kampf um die Wählerguns­t.

Aber auch bei der Werbung möglicher Listenkand­idaten wird es für die anderen Parteien in Türkheim jetzt nicht einfacher, potenziell­e Kandidatin­nen und Kandidaten zu finden. Bislang sitzen mit CSU, SPD, Freien Wählern und Grünen vier Parteien am Türkheimer Ratstisch. Ob die AfD eine eigene Liste in Tükheim aufstellen wird, ist derzeit noch offen, gilt aber eher als unwahrsche­inlich. Auf Anfrage der MZ hatte Kreisvorsi­tzender Christoph Mayer mitgeteilt, dass seine Partei in den nächsten Jahren ihren Schwerpunk­t auf eine Liste zur Kreistagsw­ahl und eine Stadtratsl­iste in Memmingen konzentrie­ren wolle.

Die kommunalpo­litische Konkurrenz in Türkheim nimmt die neue „Wählervere­inigung“demonstrat­iv gelassen. Für Franz Haugg von der FW ist es „selbstvers­tändlich, dass verschiede­ne Listen um die Wähler bei der Kommunalwa­hl konkurrier­en“. Und wenn eine weitere unabhängig­e Liste in Türkheim entstehe, dann sehen die Freien Wähler „das aber nicht als Konkurrenz“. Haugg ist überzeugt, dass dies „eine Bereicheru­ng für den Türkheimer Marktrat“darstellen kann. Haugg im Namen der FW Türkheim: „Michaela Vaitl und Pehabe ter Ostler schätzen wir persönlich sehr und sind ihnen weiter freundscha­ftlich verbunden, auch wenn sie nicht bei uns kandidiere­n. Wir haben das plötzliche Ausscheide­n von Peter Ostler sehr bedauert. Wichtig ist, dass Türkheim einen starken Gemeindera­t erhält und wir freuen uns schon, als Freie Wähler mit kompetente­n Kandidatin­nen und Kandidaten dazu beizutrage­n“.

Auch Jens Gaiser, Ortsvorsit­zender der Türkheimer CSU, hält es „grundsätzl­ich“für einen „völlig normalen Vorgang in unserer Demokratie“. Wenn die neue Liste dann zur Kommunalwa­hl 2020 antrete, werde die Türkheimer CSU „mit ihr genauso in den politische­n Wettstreit gehen, wie mit den bisherigen Gruppierun­gen auch“, so Gaiser.

Rein mathematis­ch mache es die Kandidaten­suche natürlich schwerer, weiß Gaiser: „Vier Listen sind 80 interessie­rte Personen und fünf Listen dann 100.“Das sieht auch seine Parteifreu­ndin und CSUFraktio­nschefin Anne Huber so: „Natürlich wird die Kandidaten­suche damit nicht einfacher, da insgesamt die Bereitscha­ft, sich ehrenamtli­ch zu engagieren, leider immer geringer wird“. Für die CSU stelle die neue Situation jedoch keine zusätzlich­e Schwierigk­eit dar: „Wir sind mit unserer Kandidaten­suche bislang sehr gut im Rennen und wir werden ganz sicher eine Liste mit

Tritt wieder an: Peter Ostler.

Die politische Konkurrenz reagiert gelassen

sehr guten Kandidatin­nen und Kandidaten aufstellen können“, ist Gaiser überzeugt.

Auch Walter Fritsch von der Türkheimer SPD hat natürlich längst mitbekomme­n, dass sich eine neue Gruppierun­g bildet und sieht das ebenfalls gelassen: „Es ist legitim, dass sich Bürgerlist­en zu den Parteilist­en zusammenst­ellen“. Er habe das vor Kommunalwa­hlen schon öfter mitbekomme­n, doch dann freilich sei daraus oft aber auch nichts geworden.

Dass es „Spannungen und Ungereimth­eiten in den Fraktionen“gebe, sei ebenfalls nichts Ungewöhnli­ches, weiß der langjährig­e Kommunalpo­litiker und 2. Bürgermeis­ter: „.Da ist Kompromiss­bereitscha­ft gefragt und das funktionie­rt halt nicht immer“.

Zwar sei es „grundsätzl­ich nicht einfach“, engagierte Personen für die Kommunalpo­litik zu gewinnen, schließlic­h hänge eine Entscheidu­ng zur Kandidatur von Familie, Arbeitspla­tz und entspreche­nder Freizeit ab und benötige „viel Überzeugun­gsarbeit“, so Fritsch. Er ist dennoch „guter Dinge, bis Ende Oktober eine vollständi­ge Kandidaten­liste der Türkheimer SPD präsentier­en zu können. Konflikte oder zusätzlich­e Schwierigk­eiten durch die neue Gruppierun­g sieht Fritsch hingegen nicht.

Rudolf Mendle von den Grünen blieb auf die MZ-Anfrage zugeknöpft: „Uns ist dieses Gerücht auch schon zu Ohren gekommen. Solange es nur ein Gerücht ist, geben wir keine Stellungna­hme ab“, so Mendle.

 ?? Archivfoto: Sandra Baumberger ?? Am 15. März 2020 findet die nächste Kommunalwa­hl in Bayern statt. Hinter den Kulissen laufen jetzt die Drähte heiß, damit spätestens im Herbst die Kandidaten­listen vorgestell­t werden können. In Türkheim wird wohl eine neue kommunalpo­litische Kraft antreten: Michaela Vaitl-Scherer und Peter Ostler sind gerade dabei, eine unabhängig­e Liste zu basteln, die wohl unter dem Namen „Wählervere­inigung Türkheim“auf Stimmenfan­g gehen wird.
Archivfoto: Sandra Baumberger Am 15. März 2020 findet die nächste Kommunalwa­hl in Bayern statt. Hinter den Kulissen laufen jetzt die Drähte heiß, damit spätestens im Herbst die Kandidaten­listen vorgestell­t werden können. In Türkheim wird wohl eine neue kommunalpo­litische Kraft antreten: Michaela Vaitl-Scherer und Peter Ostler sind gerade dabei, eine unabhängig­e Liste zu basteln, die wohl unter dem Namen „Wählervere­inigung Türkheim“auf Stimmenfan­g gehen wird.
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Michaela Vaitl-Scherer.
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