Wie klappt der Klimaschutz?
Trotz aller Versprechen wanken die deutschen Klimaziele heftig. Welche Sofortmaßnahmen Forscher empfehlen, um das Klima zu retten
Der Plan ist ambitioniert: In gut 30 Jahren soll die gesamte Europäische Union treibhausgasneutral sein. Dieses Versprechen haben die Staaten beim Abschluss des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2015 gegeben. Der damals als Meilenstein gefeierte Vertrag sieht vor, die vom Menschen verursachte Erwärmung der Erde auf unter 2 ˚C zu beschränken, um die drohenden Folgen abzumildern. Doch Deutschland wird seine Klimaschutzziele nach jetzigem Stand weder für 2020 noch für 2030 erreichen. Sollte dies der Fall sein, drohen hohe Strafzahlungen. Und ohne entschlosseneres Handeln könnte auch das große Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in Gefahr geraten. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat nun eine Reihe von Vorschlägen veröffentlicht. Mit einem solchen Sofortpaket seien die Ziele für 2030 noch zu erreichen, schreiben die Wissenschaftler. Das schlagen sie konkret vor:
CO2 besteuern Das wichtigste Instrument für den Klimaschutz ist für die Experten ein einheitlicher und Sektor-übergreifender Preis für Treibhausgasemissionen. Der Preis für den Ausstoß von CO2 sollte gleich deutlich höher angesetzt werden als die 25 Euro/t CO2, die aktuell im europäischen Emissionshandel fällig sind. In der Folge sollte der Preis weiter stark steigen. In welcher Form diese Abgabe erhoben wird, sehen die Forscher als Aufgabe der Politik an.
Im europäischen Handelssystem für Emissionen (ETS) müssen Teile der Industrie und Elektrizitätswirtschaft Emissionsrechte erwerben. Der Preis für diese Verschmutzungsrechte lag in der Vergangenheit aber so niedrig, dass die Wirkung dieses Instruments beschränkt blieb. Eine Einbeziehung anderer Sektoren wie Verkehr und Gebäude in dieses System könnte helfen, unnötige Bürokratie durch den Aufbau eines neuen Systems zu vermeiden. Weil die politische Umsetzbarkeit so eines Vorhabens kurzfristig aber fraglich ist, sollte dies eher als mittelund langfristiges Ziel verfolgt werden, so die Forscher.
Die Einnahmen aus der Bepreisung des Klimagases müssten nach dem Rat der Forscher reinvestiert werden: Zum einen in Form eines sozialen Ausgleichs in die Absenkung des Strompreises. Zum anderen in weitere Klimaschutzmaßnahmen wie etwa die Anpassung der Infrastruktur.
Früherer Kohleaustieg Ein früherer Abschied von der schmutzigen Kohle sollte durch die Bepreisung von CO2 wahrscheinlicher werden. Technisch möglich sei er bereits, bei entsprechenden Investitionen in erneuerbare Energien, in das Stromnetz und in Speichertechnologien.
Verkehr Rund 20 Prozent der CO2-Emissionen stammt aus diesem Sektor. Um dort schnell eine spürbare Reduzierung zu erzielen, empfehlen die Forscher eine massive Elektrifizierung. Damit all die Elektround Hybridautos aber fahren können, muss erst die Ladeinfrastruktur ausgebaut werden. Der Umstieg könnte für Verbraucher attraktiver werden, wenn Elektrofahrzeuge durch gesonderte Parkplätze und Fahrspuren bevorzugt werden.
Parallel dazu müssten aber auch die öffentlichen Verkehrsmittel erheblich ausgebaut und qualitativ verbessert werden. Gleiches gelte für den Schienenfernverkehr und den Transport von Gütern auf der Schiene. In den Städten sollten öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradund Fußverkehr Vorrang bekommen. Dies habe neben den Vorteilen für das Klima auch positive Nebenwirkungen wie weniger Flächenverbrauch und positive Folgen für die Gesundheit. Schätzungen über die Kosten der von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen sowie konkrete Schritte zu ihrer Umsetzung liefern die Forscher mit ihren Vorschlägen nicht mit.
Die Zunahme des Verkehrs und der von ihm verursachten Treibhausgasemissionen ist ein internationales Problem. Weil bei den Transportkosten die Umweltkosten nicht berücksichtigt sind, ist die Verlagerung der Produktion in ferne Länder und der Aufbau von internationalen Logistikketten wirtschaftlich. Nachteile für Firmen im Wettbewerb mit Unternehmen, die nicht an einen Emissionshandel gebunden sind, könnten über die Zuteilung von Zertifikaten ausgeglichen werden.
Gebäudetechnik Rund 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und gut 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus Gebäuden. Hauptquellen sind Heizen und Kühlen, aber auch Energieverluste wegen schlechter Dämmung fließen in diese Rechnung mit ein. Die Forscher empfehlen darum den Ausbau von mit erneuerbarer Energie betriebenen Wärmepumpen, eine sparsame Beleuchtungstechnik sowie stark isolierende Wände, Dächer und Fenster.