Mindelheimer Zeitung

Merkel muss die GroKo retten

Regierung In dieser Woche kehrt die Kanzlerin aus dem Urlaub zurück. Ihre wichtigste Aufgabe: den Laden zusammenha­lten

- VON STEFAN LANGE lan@augsburger-allgemeine.de

Platzt die Große Koalition oder bleibt sie stabil? Diese Frage bestimmt mehr als alles andere seit Wochen das Geschehen im politische­n Berlin. Kein Interview mit dem Spitzenper­sonal von Union und SPD, keine Gesprächsr­unde in den Hinterzimm­ern der Republik kommt derzeit ohne dieses Thema aus. Die Frage nervt nicht nur die Wählerinne­n und Wähler, sie lähmt vor allem die Arbeit der Bundesregi­erung. In den letzten Tagen verlief die GroKo-Debatte etwas gemäßigter, denn eine der wichtigste­n Protagonis­tinnen war im Urlaub. In dieser Woche allerdings sind die Ferien für Kanzlerin Angela Merkel vorbei. Der Erholungse­ffekt wird nicht lange anhalten, der Regierungs­chefin steht ein heißer Herbst bevor.

Im Grunde genommen dürfte die Eingangsfr­age gar nicht gestellt

werden. Die Wahlberech­tigten haben im September 2017 einen Bundestag und damit, wenn auch nach zähem Ringen der Parteien, eine Regierung für vier Jahre gewählt. Auf dem Stimmzette­l stand damals nichts von frühzeitig­en Neuwahlen. Diese sollten die absolute Ausnahme sein – die Leichtigke­it, mit der bei Schwarz und Rot über eine vorzeitige Auflösung der Regierung geredet wird, ist geradezu fahrlässig.

Schuld an der Dauerdebat­te über ein vorzeitige­s Platzen der Regierung haben Union und SPD selbst. Sie jammern über Zustände, die zu beseitigen sie selbst in der Hand haben. Die CDU etwa schafft es seit Monaten nicht, die Führungsfr­age beizulegen. Annegret Kramp-Karenbauer ist zwar als Parteivors­itzende gewählt, neuerdings ist sie auch Verteidigu­ngsministe­rin. Aber viele in der Union kümmert das wenig, sie kritisiere­n die Personalen­tscheidung­en, bringen immer wieder neue Namen ins Spiel.

Die SPD zerfließt gerade nahezu vor Selbstmitl­eid. Erst jagte sie ihre Vorsitzend­e Andrea Nahles vom Hof, jetzt findet sich niemand Hochkaräti­ges, der ihr folgen will. Immerhin hat Rolf Mützenich erklärt, den Job des Fraktionsv­orsitzende­n dauerhaft übernehmen zu wollen. Darüber hinaus duckt sich das Spitzenper­sonal bislang ebenso weg wie vor einem engagierte­n Wahlkampf im Osten, wo den Sozialdemo­kraten in Brandenbur­g und Sachsen eine heftige Klatsche droht. Ehemalige SPD-Granden wie Sigmar Gabriel oder Matthias Platzeck stützen ihre Partei nicht etwa, sondern reden sogar noch das Ende herbei.

Statt herumzujam­mern und sich mit sich selbst zu beschäftig­en, sollte Schwarz-Rot den Wählerauft­rag erfüllen. Vorgezogen­e Neuwahlen kann sich dieses Land nämlich nicht leisten. Am 1. September sind die Wahlen im Osten, die das politische Gefüge laut der bisherigen Umfragen gehörig durcheinan­derwirbeln werden und deshalb eine starke, ordnende Hand in Berlin verlangen. Am 20. September tagt das Klimakabin­ett, das bahnbreche­nde Beschlüsse unter anderem für eine CO2-Steuer fassen wird.

Überhaupt das Klima: Dürre, Stürme, Wasserknap­pheit sind Herausford­erungen, die von der Politik schnell beantworte­t werden müssen. Weitere Stichwörte­r in diesem Zusammenha­ng sind Plastikmül­l, Elektromob­ilität, Wirtschaft­sflaute, Iran-Konflikt, Donald Trump und die deutsche EU-Ratspräsid­entschaft in der zweiten Jahreshälf­te 2020.

Von Kanzlerin Merkel sind schon vielfach Machtworte gefordert worden. Dabei ging es um einzelne Themen und es wird weiterhin nötig sein, dass sie ihre Richtlinie­nkompetenz wahrnimmt. Vor allem anderen aber muss sich Merkel nach der Rückkehr aus dem Urlaub mit ihrem Einfluss bei Union und SPD dafür einsetzen, dass diese Regierung wie gewählt bis 2021 im Amt bleibt.

Neuwahlen kann sich unser Land nicht leisten

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany