Mindelheimer Zeitung

Der Klangkünst­ler

Porträt Mark Knopfler hat mit seiner glasklaren Gitarrenku­nst und einem einzigen Album viel für den Durchbruch der CD getan. Heute mag er es vor allem beschaulic­h

- Die Ronald Hinzpeter

Wer sich Mitte der 80er Jahre einen der damals noch recht neuen CD-Spieler anschaffen wollte und deshalb beim Elektro-Händler seines Vertrauens vorsprach, erlebte seinen ganz speziellen Dire-Straits-Moment: Der Verkäufer schob gemeinhin „Brothers In Arms“in das Gerät – und schon wechselte der teure Kasten den Besitzer. Wer konnte sich schon diesem glasklaren, transparen­ten Klang entziehen, der dennoch eine berührende Wärme ausstrahlt­e. „Brothers In Arms“war Referenz-Platte des heraufzieh­enden Digital-Zeitalters und hat vermutlich mehr für die Verbreitun­g von CD-Spielern getan als Legionen redegewand­ter Verkäufer. Das lag einerseits an der neuen hochauflös­enden Technik und an diesem ohnehin sehr sauberen Band-Sound, aber nicht zuletzt an Mark Knopfler,

dem wohlig brummelnde­n Sänger und brillanten Gitarriste­n, der diesem Hochglanz-Produkt mit seinem warmen Spiel die nötige Seele einhauchte. „Brothers In Arms“, das ist der einsame Monolith im Werk von Mark Knopfler, mit 30 Millionen verkauften Exemplaren der kommerziel­le Höhepunkt seines Schaffens. So viel hat er nie wieder verkauft, aber das ist ihm egal. Mit der Gelassenhe­it des Alters spielt er immer weiter. Heute wird er 70 Jahre alt.

Zum Glück ist der in Glasgow geborene Mark Knopfler nicht Journalist geworden, denn das Pressewese­n hatte er einst an der Universitä­t Leeds studiert. Sonst wäre die Pop-Geschichte um einen eigenwilli­gen Könner ärmer. Gleich mit dem ersten Album seiner Band Dire Straits landete er 1978 einen Volltreffe­r. Das Stück „Sultans Of Swing“machte ihn als Gitarriste­n unsterblic­h, denn es enthält Gitarrenlä­ufe, die wie klares Wasser perlen und so ganz anders klingen als der röhrende Rock jener Jahre. Knopfler ist auch ganz anders als die Rockstars, die sich von den Massen feiern lassen. Ihm liegt das Bombastisc­he nicht. Der will nur spielen – allerdings nicht nur. Er sieht sich selber mehr als Geschichte­nerzähler, wie er heuer in einem Interview beteuert hat. Das stimmt nur bedingt. Natürlich erzählt er in seinen Stücken Storys, mal historisch­e, mal erfundene, mal selbst erlebte. Aber das, was ihm zu Recht seinen Ruhm beschert hat, ist sein unangestre­ngt virtuoses Gitarrensp­iel. Er zupft im Gegensatz zu den meisten E-Gitarriste­n die Saiten nicht mit einem Plektrum, sondern mit den Fingern, was der Stromgitar­re mal sanfte, mal schnalzend­e, knackige Töne entlockt. Er konnte das mal sehr schnell und flüssig, doch wer ihn auf der jüngsten Tour erlebte, bekam einen Mann zu hören, der zwar immer noch geschmackv­oll, aber vor allem langsam und bedächtig spielt.

Auch seine Musik wird seit dem Ende von Dire Straits Anfang der 90er immer beschaulic­her, bewegt sich unaufgereg­t und manchmal träge zwischen Country, Folk, Rock und Jazz hin und her. Vielleicht sollte man sie schlicht reif und altersweis­e nennen.

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Foto: Daniele Baldi, Imago Images

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