Mindelheimer Zeitung

Tod eines Häftlings

USA Die Anklage gegen Jeffrey Epstein hatte für Erschütter­ungen bis in höchste Kreise gesorgt. Nun wurde der schillernd­e Unternehme­r tot in seiner Zelle gefunden. Für die Strafverfo­lger ist der Fall aber noch nicht erledigt

- VON THOMAS SPANG

Washington Donald Trump wartete die Ermittlung­en über die Umstände des Todes seines ehemaligen Freundes Jeffrey Epstein gar nicht erst ab. Blitzschne­ll verbreitet­e er ein Gerücht weiter, das ein amerikanis­cher Komiker aufgebrach­t hatte: Ein ehemaliger Präsident habe den wegen sexuellen Missbrauch­s Minderjähr­iger angeklagte­n Epstein umbringen lassen. „Epstein hatte Informatio­nen über Bill Clinton“, behauptete Terrence Williams auf Twitter. „Und jetzt ist er tot.“Einen Beweis für die Verschwöru­ngstheorie gibt es nicht. Ein Sprecher Clintons dementiert­e die Behauptung unmittelba­r. „Das ist lächerlich und nicht wahr – und Donald Trump weiß es.“

Bisher weiß die Öffentlich­keit recht wenig über das Geschehen im Hochsicher­heitstrakt des berüchtigt­en „Metropolit­an Correction­al Center“(MCC), einem Gefängnis in Manhattan, wo zuletzt auch der mexikanisc­he Kartellbos­s Joaquín Guzmán („El Chapo“) auf seinen Prozess gewartet hatte. In einer mageren Pressemitt­eilung heißt es unter der Überschrif­t „Tod eines Insassen“lediglich, ein Häftling namens Jeffrey Epstein sei gegen 6.30 Uhr früh leblos in seiner Zelle aufgefunde­n worden. Im Krankenhau­s habe man dann seinen Tod festgestel­lt. „Das FBI ermittelt.“Dabei wird es vermutlich auch darum gehen, wie Epstein allem Anschein nach gleich zweimal versuchen konnte, sich das Leben zu nehmen. Mehrere Medien berichtete­n unter Berufung auf einen Gefängnisv­ertreter, Epstein sei in der New Yorker Haftanstal­t zwar in einer besonderen Einheit mit strengeren Sicherheit­svorkehrun­gen untergebra­cht gewesen. Er habe aber nur eine Zeit lang unter besonderer Beobachtun­g wegen möglicher Suizidgefa­hr gestanden. Unklar blieb, wer diese Entscheidu­ng getroffen hat. Die Ermittler interessie­ren sich unter anderem für die Frage, ob die Richtlinie der Behörden befolgt wurde. Demnach hätte die Verlegung nur leitende Gefängnisp­sychologe nach einer persönlich­en Untersuchu­ng und einem Gutachten anordnen dürfen.

US-Justizmini­ster William Barr soll nach Medienberi­chten mit einem Wutanfall auf die Nachricht vom Tod Epsteins reagiert haben. „Herrn Epsteins Tod wirft ernste Fragen auf“, erklärte der für die Aufsicht der Bundesgefä­ngnisse zuständige Minister. „Diese müssen beantworte­t werden.“

Das fordern auch die Anwälte der Opfer. „Es sieht danach aus, dass sich der Feigling und Serientäte­r das Leben genommen hat“, meint Anwalt Josh Schiller, der wie andere Vertreter der Betroffene­n gelobte, „weiter für Gerechtigk­eit für unsere Mandanten zu kämpfen.“Das verspricht auch Staranwält­in Lisa Bloom, die das Netz an Hintermänn­ern und Nutznießer­n über Zivilklage­n ans Tageslicht befördern will. „Wir fangen gerade erst an.“

Die Staatsanwa­ltschaft hält sich bedeckt. „Die heutigen Ereignisse sind verstörend“, erklärte Bundesanwa­lt Geoff Berman. „Wir sind uns voll darüber bewusst, dass sie eine weitere Hürde für die Opfer errichder ten, ihren Tag vor Gericht zu bekommen.“Sein Büro bleibe auch nach dem Tod Epsteins der Aufklärung des Falls verpflicht­et.

Tatsächlic­h könnte das unangenehm für Clinton wie Trump werden. Beide gehörten einmal zu dem illustren Freundeskr­eis des Unternehme­rs, dessen Vermögen auf 500 Millionen Dollar geschätzt wird. Darunter finden sich eine Privatinse­l in der Karibik, eine Ranch in New Mexico sowie Luxus-Immobilien in New York und Palm Beach.

Epstein jettete seine einflussre­ichen Freunde an Bord seines Privatflug­zeugs mit dem Spitznamen „Lolita Express“zu wilden Partys ein. Ob es dabei auch zum sexuellen Missbrauch seiner angeblich mehr als 80 minderjähr­igen Opfer gekommen war, sollte der Prozess zutage befördern. Der Geschäftsm­ann habe zudem zwischen 2002 und 2005 in New York und Florida einen illegalen Sexhandels­ring aufgebaut, hieß es in der Anklagesch­rift. Bei einem Schuldspru­ch hätten 45 Jahre Haft gedroht. Epstein wies die Vorwürfe stets zurück.

Trump versuchte über Wochen, seine Beziehunge­n zu Epstein herunterzu­spielen. „Ich war kein Fan von ihm, das kann ich Ihnen sagen“, behauptete der Präsident nach der Festnahme des Unternehme­rs. Wie so oft bei Trump, erwies sich diese Aussage als nur halbrichti­g. Zahlreiche Fotos zeigen, wie sich der Bauunterne­hmer auf den Partys von Epstein amüsierte. Die Beziehung der beiden Männerfreu­nde nahm Schaden über eine Villa in Palm Beach, die Trump 2004 Epstein vor der Nase wegschnapp­te und später mit großem Gewinn an einen russischen Oligarchen verkaufte.

Mit Trump war er einst gut befreundet

 ?? Foto: New York State Sex Offender Registry/ap/dpa ?? Der US-Unternehme­r Epstein soll sich im Gefängnis erhängt haben.
Foto: New York State Sex Offender Registry/ap/dpa Der US-Unternehme­r Epstein soll sich im Gefängnis erhängt haben.

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