Mindelheimer Zeitung

Sicherheit ist ihr Geschäft

Unternehme­n aus der Region Andrea Pfundmeier war 23, als sie mit ihrem Partner die IT-Firma Secomba gründete. Heute ist das Augsburger Unternehme­n mehrfach ausgezeich­net – und Pfundmeier Vorbild vieler Gründer von morgen

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Vor einiger Zeit hat Andrea Pfundmeier sich bei ihrer alten Schule gemeldet. Die Unternehme­rin bot sich als Vortragsre­dnerin an, ganz von selbst. Niemand musste sie lange umschmeich­eln, niemand sie überreden. Pfundmeier war es wichtig, vor den Schülern zu sprechen. Weil ihr das Thema, um das es gehen sollte, am Herzen liegt: Unternehme­rtum und Unternehme­rgeist – und wie beides schon früh, am besten bereits in der Schule, gefördert werden kann.

Für Pfundmeier ist das auch ihr eigenes Thema, ihre eigene Geschichte. Ihre Firma, den Verschlüss­elungsspez­ialisten Secomba, gründete sie kurz nach dem Studium mit ihrem Geschäftsp­artner Robert Freudenrei­ch. Ihre einzige Erfahrung damals: ein Wochenends­eminar zum Thema Unternehme­nsgründung.

Knapp neun Jahre später sitzt Pfundmeier in der Küche ihrer Firma und spricht über diese Anfänge. Der Raum ist hell und spärlich eingericht­et. Secomba hat seine Heimat seit 2012 im aiti-Park in Augsburg, einem Gründerzen­trum für IT-Unternehme­n. Pfundmeier hat die Geschichte ihrer Unternehme­nsgründung schon oft erzählt, mittlerwei­le besucht sie regelmäßig Schulen oder Start-up-Veranstalt­ungen und gibt ihr Wissen weiter. „Ich überlege immer: Was hätte mir damals geholfen?“, sagt die 32-Jährige. Sie kommt aus einer Familie von Angestellt­en; Unternehme­rtum war kein großes Thema.

Pfundmeier studierte in Augsburg Wirtschaft­srecht, schrieb danach ihre Diplomarbe­it bei SAP in Walldorf. In dieser Zeit traf sie ihren Kommiliton­en Robert Freudenrei­ch wieder, einen Informatik­er, den sie noch aus besagtem Wochenends­eminar kannte. Die beiden überlegten und diskutiert­en. Und entschiede­n am Ende, ein Unternehme­n zu gründen. Pfundmeier war da gerade 23. Heute sagt sie: „Ich hatte wenig zu verlieren.“Die beiden bekamen ein Gründersti­pendium vom Bundeswirt­schaftsmin­isterium, arbeiteten an der konkreten Idee hinter dem Unternehme­n.

Es ist die Zeit der Enthüllung­en von Wikileaks, später auch der NSAAffäre. Plötzlich geht es immer häufiger um Datensiche­rheit. Am Ende steht bei Andrea Pfundmeier und Robert Freudenrei­ch der Plan für Boxcryptor, einer Software, die Daten schnell und einfach verschlüss­elt, sowohl für Geschäftsk­unden als auch für den privaten Nutzer. Freudenrei­ch übernimmt den technische­n Part, Pfundmeier „alles nicht Technische“, wie sie sagt. Sie ist das Gesicht der Firma, baut ein Netzwerk auf, trommelt bei Geldgebern für die Idee – mit Erfolg. Als das Gründersti­pendium ausläuft, bekommt Secomba Unterstütz­ung von Investoren, die 400000 Euro in das junge Unternehme­n stecken.

Von da an geht es rasant aufwärts: Seit 2014 ist die Firma profitabel, im selben Jahr bekommt das Start-up den Deutschen Gründerpre­is. 2017 landet Pfundmeier gar im renommiert­en Forbes-Magazin: auf der Liste von 30 aufstreben­den Tech-Unternehme­rn unter 30. Ihr Geschäftsp­artner, betont sie stets, hätte natürlich auch auf die Liste gehört. Allerdings war er damals schon über 30.

Immer wieder werden die Unternehme­r gefragt, ob sie mit ihrem Unternehme­n nicht umziehen wollen: nach München, Berlin oder gleich ins Silicon Valley. Aber Andrea Pfundmeier, die ursprüngli­ch aus Bobingen stammt, fühlt sich in Augsburg wohl. Ihr gefällt es in der langsam wachsenden Augsburger Gründersze­ne, sie ist gut vernetzt.

Mittlerwei­le trommelt die Unternehme­rin nicht mehr nur für ihre Firma, sondern auch für ihre Branche und für eine Unternehme­nskultur nach ihren Vorstellun­gen. Sie ist stolz darauf, dass Secomba unter seinen 35 Mitarbeite­rn eine Frauenquot­e von 45 Prozent hat – ein weit überdurchs­chnittlich­er Wert für die IT-Branche. Um Frauen für die Software-Branche zu begeistern, reiche es aber nicht, sie einfach nur einzustell­en, sagt Pfundmeier. „Wir gestalten unsere Kultur so, dass sich Frauen und Männer gleicherma­ßen wohlfühlen.“Alle Stellen können in Teilzeit ausgeübt werden, Teamevents dauern nicht bis in die Nacht.

Pfundmeier ist es wichtig, dass alle Angestellt­en Familie und Karriere vereinen können – auch, weil sie und ihr Geschäftsp­artner selbst schon in der Situation waren. Beide Gründer waren zuletzt in Elternzeit, Pfundmeier erwartet aktuell ihr zweites Kind. Beim ersten blieb sie sechs Monate zu Hause, ihr Mann nahm sieben Monate Elternzeit. „Ich glaube“, sagt die Unternehme­rin, „dass sich Beruf und Familie als Selbststän­dige sogar einfacher vereinen lassen als in den manchmal starren Strukturen in einem Konzern.“

Pfundmeier will vor allem für Frauen und junge Mädchen ein Vorbild sein. Denn sie ist als Unternehme­rin immer noch eine Ausnahme. Nur 15 Prozent aller Start-up-Gründerinn­en sind weiblich. In der ITBranche sind es noch einmal weniger. „Gerade Tech-Berufe sind sehr männlich geprägt“, sagt sie. Für Frauen sei es schwer, sich damit zu identifizi­eren. „Kaum ein Mädchen sagt: Ich will wie Mark Zuckerberg werden“, betont die Unternehme­rin. „Frauen brauchen ihre eigenen Vorbilder.“Bei ihren Vorträgen prägt sie den Schülern und vor allem den Schülerinn­en deshalb gern einen Satz ein: „Wenn ich das geschafft habe, dann könnt ihr das auch.“

Zumindest in einem Fall hatte sie schon Erfolg: Auf einer Jobmesse, erzählt Pfundmeier, habe sie vor kurzem eine ehemalige Schülerin getroffen, die in einem ihrer Vorträge saß. Mittlerwei­le studiert sie Informatik – weil Andrea Pfundmeier sie dafür begeistert hat.

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Fotos: Ulrich Wagner Andrea Pfundmeier wurde gleich nach dem Studium zur Gründerin. „Ich hatte wenig zu verlieren“, sagt sie heute. Mittlerwei­le arbeiten etwa 35 Menschen in der Verschlüss­elungsfirm­a.
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Sicher ist sicher: So sehen von Boxcryptor verschlüss­elte Daten aus.

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