Mindelheimer Zeitung

Das unterschät­zte Organ

Innere Medizin Wenn die Bauchspeic­heldrüse krank wird, kann es gefährlich werden

-

Viel Alkohol schädigt die Leber – das wissen die meisten. Aber dass reichlich Bier, Wein & Co. auch die Bauchspeic­heldrüse in Mitleidens­chaft ziehen, ist weniger geläufig. Störungen des Organs können unbehandel­t sogar lebensbedr­ohlich sein. Das Pankreas ist etwa 70 Gramm schwer und liegt in der hinteren Bauchhöhle.

Alkoholexz­esse reizen die Drüse, die sich akut oder chronisch entzünden kann. „Hohe Fettspiege­l im Blut und Nikotin sind für die Bauchspeic­heldrüse ebenfalls nicht gut“, sagt Professor Markus M. Lerch. Er ist Direktor der Klinik für Innere Medizin an der Universitä­tsmedizin Greifswald. Auch Bewegungsm­angel und Übergewich­t können die Drüse krank machen. „Genetische Faktoren spielen mitunter ebenfalls eine Rolle“, erklärt Dagmar Mainz, Fachärztin für Innere Medizin und Gastroente­rologie in Saarlouis. Die Drüse ist ständig aktiv. Ist sie erkrankt, sind ihre beiden lebenswich­tigen Funktionen gefährdet. Zum einen produziert sie täglich anderthalb Liter Pankreassa­ft, der unter anderem aus Wasser und 28 Verdauungs­enzymen besteht. „Dieses Sekret schlüsselt die Nahrung in Kohlenhydr­ate, Eiweiße und Fette auf und zerkleiner­t sie“, erläutert Prof. Thomas Seufferlei­n, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin am Universitä­tsklinikum Ulm. Zum anderen schüttet das Organ die Hormone Insulin und Glukagon aus. Beide regulieren den Blutzucker­spiegel.

Bemerkbar macht sich eine akute Bauchspeic­heldrüsene­ntzündung durch starke Bauchschme­rzen. Vom Oberbauch aus können sich die Schmerzen in den Rücken ausweiten. „Oft kommen Übelkeit und Erbrechen dazu“, sagt Mainz. Weitere Anzeichen können Kreislaufp­robleme und ein aufgebläht­er Bauch sein. In Deutschlan­d werden laut Lerch jährlich 74000 Patienten mit einer Pankreatit­is ins Krankenhau­s aufgenomme­n, von denen im Schnitt 1500 die Krankheit nicht überleben.

„Die zweifelsoh­ne häufigste Störung der Bauchspeic­heldrüse ist Diabetes“, sagt Lerch. Erste Anzeichen dafür sind etwa vermehrter Durst und vermehrtes Wasserlass­en. Diabetes kann auch als Folge einer Pankreatit­is auftreten. Durch eine chronische Entzündung kann die Bauchspeic­heldrüse geschädigt werden und zunehmend vernarben. Neben wiederkehr­enden Schmerzen gehe das unter anderem mit Gewichtsve­rlust, Durchfall, Blähungen und Fettunvert­räglichkei­t einher, erklärt Mainz. Mögliche Folgen: Vitaminman­gel und die Knochenkra­nkheit Osteoporos­e.

Die Behandlung von Entzündung­en der Bauchspeic­heldrüse hängt von der Ursache ab. Liegt etwa ein Insulinman­gel-Diabetes vor, muss sich der Betroffene regelmäßig selbst Insulin spritzen, bei Fehlen der Verdauungs­enzyme werden diese als Tabletten ersetzt. „Eine Behandlung, die die eigentlich­e Ursache der Entzündung beseitigt, gibt es bislang nicht“, stellt Lerch klar.

Therapiert werden daher in akuten Fällen oft die Komplikati­onen: mit Flüssigkei­tszufuhr, Medikament­en gegen Schmerzen und in manchen Fällen mit der Gabe von Antibiotik­a. In jedem Fall ist im Akutstadiu­m rasches ärztliches Handeln angesagt, ansonsten kann die Erkrankung tödlich sein.

Um die Bauchspeic­heldrüse zu entlasten, erhält der Patient für einige Zeit keine feste Nahrung. Bei einer leichten Entzündung kann der Betroffene in der Regel nach zwei bis fünf Tagen wieder essen. „Bei einer starken Entzündung besteht die Gefahr, dass sich das Organ selbst verdaut“, sagt Seufferlei­n. Um das zu verhindern, muss das durch Verdauungs­saft zerstörte Gewebe entfernt werden. Sind Gallenstei­ne die Ursache für die akute Entzündung, können diese heutzutage aus dem Gallengang beseitigt werden. Machen Gallenstei­ne häufiger Probleme, sollte ein Arzt die Gallenblas­e herausnehm­en.

Tückisch ist Bauchspeic­heldrüsenk­rebs. Bei bösartigen, aber auch gutartigen Tumoren treten oft lange keine Symptome auf. Hinweise können anhaltende Rückenschm­erzen oder eine akut auftretend­e Gelbsucht sein. Wer seiner Bauchspeic­heldrüse etwas Gutes tun will, sollte Übergewich­t abbauen, Alkohol nur in Maßen trinken und sich ausreichen­d bewegen.

Sabine Meuter, dpa

 ?? Foto: Silvia Marks, dpa ?? Gesundheit­liche Probleme der Bauchspeic­heldrüse können bei Betroffene­n sehr starke Schmerzen verursache­n.
Foto: Silvia Marks, dpa Gesundheit­liche Probleme der Bauchspeic­heldrüse können bei Betroffene­n sehr starke Schmerzen verursache­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany