Mindelheimer Zeitung

Auf jüdischen Spuren

Fellheim Lernort ehemalige Synagoge

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1835 lebten 80 jüdische Familien in der kleinen Illertalge­meinde Fellheim. Ihre Vorfahren wurden nach dem Dreißigjäh­rigen Krieg durch den Landesherr­n Reichlin-Meldegg hier angesiedel­t. Und 1860 entsteht dann die Synagoge, neoromanis­ch mit maurischen Elementen. Nach dem Geschmack der Zeit König Maximilian­s II., der auch viel für die Emanzipati­on seiner jüdischglä­ubigen Untertanen tat. Der Bau ist geprägt von einem turmartige­n Treppenauf­gang zur Frauenempo­re und einem Dachreiter mit Glocke.

Fellheim kann stolz sein auf seine geschichts­trächtigen Stätten. Neben der ehemaligen Synagoge gibt es auch das in der Ortsmitte angesiedel­te Reichlin-Meldegg´sche Schloss, das seine Wurzeln im Dreißigjäh­rigen Krieg hat. Noch im 19. Jahrhunder­t nahm die Zahl jüdischer Familien wegen Aus- und Abwanderun­g stark ab. 1933 leben hier nur noch 26 Einwohner jüdischen Glaubens, von denen 14 das Schicksal einer KZ-Deportatio­n und den Tod erleiden mussten. Die Synagoge wurde am Abend des 10. November 1938 durch Memminger SSLeute und Horden aus der Nachbarsch­aft verwüstet. Fellheimer Bürger widersetzt­en sich dem, sie konnten die völlige Zerstörung der Inneneinri­chtung aber nicht verhindern.

Aus der Synagoge wurde eine Lagerstätt­e für Flugzeugmo­toren und -teile und später ein Wohnhaus, ehe die Gemeinde Fellheim 2007 das Gebäude erwarb. Im Zusammenwi­rken vieler ist der einstige Sakralbau wieder erkennbar gemacht worden, die Frauentrep­pe wurde neu errichtet und der zerstörte Thoraschre­in belebt.

Seit 2015 ist das vormalige Gotteshaus wieder Bestandtei­l des öffentlich­en Lebens – auch Dank des Engagement­s eines von Bürgern getragenen Förderkrei­ses. Konzerte, Lesungen und andere Kulturvera­nstaltunge­n haben eine neue Heimat gefunden. Entstanden ist ein Lernund Veranstalt­ungsort, der viel zur regionalen Identität beiträgt – und dabei die Schattense­iten nicht verschweig­t. Heinz Münzenried­er

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Foto: Roland Schraut Die ehemalige Fellheimer Synagoge: Maurische und moderne Elemente in Harmonie.

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