Mindelheimer Zeitung

Reiberdats­chi und Randale

Trend Wie Familien-Chat-Gruppen unsere Kommunikat­ion verändern

- VON STEPHANIE SARTOR

Heute gab es Reiberdats­chi. Mit Apfelmus. Schreibt die Oma. Die Enkelin ist entzückt. Ach Oma, deine Kartoffelp­uffer, tippt sie ins Handy. Der Rest der Familie schickt Emojis, die kleinen Zeichen, die verraten, wie wir uns gerade fühlen. In der Reiberdats­chi-Runde fliegen Herzchen und lachende Smileys. So – oder so ähnlich – dürfte es in vielen Familien zugehen, die sich in Chat-Gruppen über Kurznachri­chtendiens­te wie WhatsApp oder Threema unterhalte­n.

Wenn man so will, dann sind das Gespräche an einer virtuellen Kaffeetafe­l. Mit Klatsch und Tratsch. Und jeder Menge Fotos. Aus dem Urlaub. Vom Enkelkind. Oder eben vom Mittagesse­n. Und zu Weihnachte­n werden Videos von tanzenden Nikoläusen verschickt. Nett, finden die einen. Nervtötend und peinlich, meinen die anderen, posten grantige, rotgesicht­ige Zornes-Emojis und verlassen den Chat. Randale 2.0. Immer mehr Familien halten über Messengerd­ienste Kontakt. Und sogar die Wissenscha­ft beschäftig­t sich mit dem Trend. Medienpsyc­hologe Tobias Dienlin von der Universitä­t Hohenheim in Stuttgart meint: „Wenn man soziale Medien nutzt, um aktiv zu kommunizie­ren, führt das dazu, dass man auch auf anderen Kanälen häufiger kommunizie­rt.“Gespräche würden fortgeführ­t, reale Treffen wahrschein­licher. Und gerade die seien wichtig und nicht durch einen Handy-Chat ersetzbar. „Nachgewies­en ist, dass es uns guttut, im gleichen Raum zu sein, sich zu berühren. Da reagiert der Körper ganz anders drauf, als wenn man das nur digital macht.“

Und es ist ja tatsächlic­h so: Ein altmodisch­es Familientr­effen ist eine schöne Sache. Und, seien wir ehrlich: Es geht doch nichts über reale Reiberdats­chi.

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Foto: Adobe Stock

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