Mindelheimer Zeitung

Schulfach Klima?

Bildung Italien ändert die Stundenplä­ne für alle Klassen. Bayern macht’s anders

- VON CHRISTIAN GRIMM, SARAH RITSCHEL UND HENRY STERN

München/Berlin Italiens Schüler sollen Klimaschut­z in der Schule lernen. Das Land will das neue Fach „Klimawande­l und nachhaltig­e Entwicklun­g“ab September 2020 für alle Schüler von der ersten bis zur letzten Klasse einführen. Rund einmal die Woche soll die Zukunft des Planeten Erde auf dem Stundenpla­n stehen. Bildungsmi­nister Lorenzo Fioramonti von der Fünf-SterneBewe­gung erklärt seinen Entschluss so: Umwelt und Gesellscha­ft müssten „Mittelpunk­t all dessen sein, was wir in der Schule lernen“. Grundschül­er erfahren ihm zufolge etwa, wie verschiede­ne Kulturen ihre Umwelt behandeln. In höheren Klassen könne die UN-Agenda für eine nachhaltig­e Entwicklun­g bis 2030 Thema sein. Fioramonti hatte Italiens Schüler im September auch motiviert, an den „Fridays for Future“-Protesten teilzunehm­en, statt in die Schule zu gehen.

Die deutsche Bildungsmi­nisterin Anja Karliczek (CDU) sieht das ganz anders. „Klimaschut­z berührt mehrere Fächer wie Geografie, Biologie, wozu auch Ökologie gehört, oder Gemeinscha­ftskunde.“Die Schulen bemühten sich bereits, den Unterricht so zu gestalten, dass sich in ihm die Themen der Zeit widerspieg­eln. „Das ist auch der richtige Weg.“Es würden immer wieder Wünsche laut, neue Fächer einzuführe­n. „Generell sehe dies skeptisch. Schule muss eine gute Grundbildu­ng zum Ziel haben. Und dabei sollten die Bezüge zu den Herausford­erungen der Zeit hergestell­t werden.“

Aber natürlich entscheide­t in Deutschlan­d jedes Bundesland selbst über seine Lehrpläne. Doch auch Bayerns Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) will den Italienern nicht nacheifern: „Klimaschut­z als eigenes Fach einzuführe­n, ist in Bayern absolut nicht notwendig. Das Thema ist im Lehrplan schon fest verankert.“Man müsse auch „nicht immer alles vorgeben“, findet Piazolo. Er glaube, dass projektori­entiertes Arbeiten, orientiert an den Gegebenhei­ten vor Ort, den Schülern „am deutlichst­en vermittelt, was Klimaschut­z bedeutet“.

Auch Simone Fleischman­n, Präsidenti­n des Lehrer- und Lehrerinne­nverbands, stimmt Piazolo ausnahmswe­ise zu: „Ein eigenes Schulfach ist der falsche Weg“, erklärte sie unserer Redaktion. „In verschiede­nen Fächern dafür Anknüpfung­spunkte zu finden, das ist der richtige Ansatz.“In einem Punkt kritisiert sie die Bildungspo­litik dennoch: „Man sollte sich schon einmal die Frage stellen, warum immer wieder über neue Schulfäche­r diskutiert wird. Statt über neue Fächer sollte man darüber diskutiere­n, wie man bestehende Lehrpläne entrümpeln kann, damit wir für solche Themen mehr Zeit haben.“

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Michael Piazolo

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