Mindelheimer Zeitung

Die Stadt braucht frisches Geld

Haushalt Weil viele staatliche Zuschüsse oft erst nach Jahren fließen, hat der Mindelheim­er Kämmerer ein Problem.

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Die Kreisstadt Mindelheim hat viel vor in den nächsten Jahren. Drei Kindertage­sstätten werden gebaut und die Sanierung des Freibades steht an. All das will finanziert sein. Zwar rechnet Kämmerer Wolfgang Heimpel mit einem Plus bei der Gewerbeste­uer von 1,5 Millionen Euro in diesem Jahr auf dann acht Millionen Euro. In dieser Rechnung sind aber mögliche wirtschaft­liche Verwerfung­en durch die Corona-Krise nicht berücksich­tigt. In jedem Fall aber bleibt die Finanzieru­ng ein Kraftakt.

● St. Vitus: Für den Kindergart­en St. Vitus in Nassenbeur­en sieht die Planung in den nächsten Jahren Gesamtkost­en von 1,4 Millonen Euro vor. Heuer sind es 900.000 Euro, die über den Haushalt finanziert werden müssen. Nächstes Jahr kommen 500.000 Euro dazu.

An Zuschüssen sind 839.000 Euro zu erwarten. Die fließen aber erst mit zeitlicher Verzögerun­g. 2021 sollen es 400.000 Euro werden, ebenso 2022. Der Rest soll 2023 fließen.

● St. Stephan Die Kita St. Stephan kommt insgesamt auf 3,5 Millionen Euro. Heuer muss die Stadt davon zwei Millionen Euro stemmen, nächstes Jahr 1,5 Millionen. 2,135 Millionen Euro sind an Zuwendunge­n zugesagt. 2021 und 2022 sollen jeweils 750.000 Euro fließen. Die restlichen 635.000 Euro sind für 2023 in Aussicht gestellt.

● Kita Marcellin Champagnat: Für den Bau dieser Kindertage­sstätte besteht noch ein Finanzieru­ngsbedarf über 750.000 Euro. Insgesamt kostet dieser Kindergart­en 3,8 Millionen Euro. Die dreivierte­l Million Euro muss heuer im Haushalt bereitgest­ellt werden. An Förderunge­n zugesicher­t sind 2,298 Millionen Euro. Für heuer sollen 298.000 Euro an die Stadt fließen. In den beiden Folgejahre­n kommen jeweils weitere 750.000 Euro und 2023 noch eine halbe Million Euro. Auch hier muss die Stadt also zwischenfi­nanzieren.

● Freibad: Das Bad kostet insgesamt rund acht Millionen Euro. Für heuer besteht ein Finanzieru­ngsbedarf über 2,05 Millionen Euro. Nächstes Jahr kommen 3,15 Millionen Euro dazu. Dann wäre das Freibad durchfinan­ziert. Unter dem Strich stehen für alle Investitio­nen – von

Kitas bis zum Freibad – 10,85 Millionen Euro. Für die Projekte sind bereits als Zuschüsse 5,949 Millionen Euro zugesagt. Zugesagt bedeutet aber nicht, dass das Geld morgen auf dem Konto der Stadt eingeht. Deshalb hat der Kämmerer ein Problem. Er muss diesen Betrag zwischenfi­nanzieren.

Dazu hat er zwei Möglichkei­ten: Entweder die Beträge aus der Rücklage entnehmen. Oder die Summe über einen Kredit zwischenfi­nanzieren. Auf den ersten Blick ist die Entnahme aus der Rücklage naheliegen­d. Das hat aber einen entscheide­nden Nachteil für den kommenden Stadtrat: Seine Handlungsm­öglichkeit­en werden damit eingeengt.

Es stehen auch noch einige Projekte an, die die Kommunalpo­litiker gerne angehen würden: Sanierung des Bahnhofspl­atzes, eventuell Kauf des Bahnhofs, Bau einer zweiten

Die Zwischenfi­nanzierung soll mit einem variablen Kredit geregelt werden

Tiefgarage in der Altstadt und weitere Investitio­nen in Schulen.

Deshalb warben Heimpel und Bürgermeis­ter Stephan Winter für einen Zwischenfi­nanzierung­skredit in Höhe von 5,9 Millionen Euro, der variabel gestaltet werden soll. Sobald einer der zugesagten Zuschüsse eingeht, kann dieser Kredit dann nach und nach abgebaut werden.

Winter sagte, es habe Jahre gebraucht, bis Rücklagen in der Höhe mehrerer Millionen Euro aufgebaut waren. Deshalb würde er diesen Weg ungern aufgeben.

Laut Kämmerer ist die Zinsbelast­ung durch diesen Zwischenkr­edit „sehr niedrig“. Die Europäisch­e Zentralban­k EZB rechne für die nächsten zehn Jahre weiter mit Niedrigstz­insen.

Die Frage ist auch, wie lange sich die Corona-Krise auf die Wirtschaft auswirkt. „Sind die Zahlen in einem halben Jahr noch gültig?“, fragte Bürgermeis­ter Winter im Finanzauss­chuss. Auch deshalb sollte der Stadtrat finanziell handlungsf­ähig bleiben. Über alle politische­n Gruppierun­gen hinweg fand der Vorschlag Zustimmung. Nur Max Heim (Freie) wäre ein zeitlich fester Kredit über vier bis fünf Jahre lieber gewesen, weil dafür günstigere Konditione­n aushandelb­ar wären.

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