Die Stadt braucht frisches Geld
Haushalt Weil viele staatliche Zuschüsse oft erst nach Jahren fließen, hat der Mindelheimer Kämmerer ein Problem.
Mindelheim Die Kreisstadt Mindelheim hat viel vor in den nächsten Jahren. Drei Kindertagesstätten werden gebaut und die Sanierung des Freibades steht an. All das will finanziert sein. Zwar rechnet Kämmerer Wolfgang Heimpel mit einem Plus bei der Gewerbesteuer von 1,5 Millionen Euro in diesem Jahr auf dann acht Millionen Euro. In dieser Rechnung sind aber mögliche wirtschaftliche Verwerfungen durch die Corona-Krise nicht berücksichtigt. In jedem Fall aber bleibt die Finanzierung ein Kraftakt.
● St. Vitus: Für den Kindergarten St. Vitus in Nassenbeuren sieht die Planung in den nächsten Jahren Gesamtkosten von 1,4 Millonen Euro vor. Heuer sind es 900.000 Euro, die über den Haushalt finanziert werden müssen. Nächstes Jahr kommen 500.000 Euro dazu.
An Zuschüssen sind 839.000 Euro zu erwarten. Die fließen aber erst mit zeitlicher Verzögerung. 2021 sollen es 400.000 Euro werden, ebenso 2022. Der Rest soll 2023 fließen.
● St. Stephan Die Kita St. Stephan kommt insgesamt auf 3,5 Millionen Euro. Heuer muss die Stadt davon zwei Millionen Euro stemmen, nächstes Jahr 1,5 Millionen. 2,135 Millionen Euro sind an Zuwendungen zugesagt. 2021 und 2022 sollen jeweils 750.000 Euro fließen. Die restlichen 635.000 Euro sind für 2023 in Aussicht gestellt.
● Kita Marcellin Champagnat: Für den Bau dieser Kindertagesstätte besteht noch ein Finanzierungsbedarf über 750.000 Euro. Insgesamt kostet dieser Kindergarten 3,8 Millionen Euro. Die dreiviertel Million Euro muss heuer im Haushalt bereitgestellt werden. An Förderungen zugesichert sind 2,298 Millionen Euro. Für heuer sollen 298.000 Euro an die Stadt fließen. In den beiden Folgejahren kommen jeweils weitere 750.000 Euro und 2023 noch eine halbe Million Euro. Auch hier muss die Stadt also zwischenfinanzieren.
● Freibad: Das Bad kostet insgesamt rund acht Millionen Euro. Für heuer besteht ein Finanzierungsbedarf über 2,05 Millionen Euro. Nächstes Jahr kommen 3,15 Millionen Euro dazu. Dann wäre das Freibad durchfinanziert. Unter dem Strich stehen für alle Investitionen – von
Kitas bis zum Freibad – 10,85 Millionen Euro. Für die Projekte sind bereits als Zuschüsse 5,949 Millionen Euro zugesagt. Zugesagt bedeutet aber nicht, dass das Geld morgen auf dem Konto der Stadt eingeht. Deshalb hat der Kämmerer ein Problem. Er muss diesen Betrag zwischenfinanzieren.
Dazu hat er zwei Möglichkeiten: Entweder die Beträge aus der Rücklage entnehmen. Oder die Summe über einen Kredit zwischenfinanzieren. Auf den ersten Blick ist die Entnahme aus der Rücklage naheliegend. Das hat aber einen entscheidenden Nachteil für den kommenden Stadtrat: Seine Handlungsmöglichkeiten werden damit eingeengt.
Es stehen auch noch einige Projekte an, die die Kommunalpolitiker gerne angehen würden: Sanierung des Bahnhofsplatzes, eventuell Kauf des Bahnhofs, Bau einer zweiten
Die Zwischenfinanzierung soll mit einem variablen Kredit geregelt werden
Tiefgarage in der Altstadt und weitere Investitionen in Schulen.
Deshalb warben Heimpel und Bürgermeister Stephan Winter für einen Zwischenfinanzierungskredit in Höhe von 5,9 Millionen Euro, der variabel gestaltet werden soll. Sobald einer der zugesagten Zuschüsse eingeht, kann dieser Kredit dann nach und nach abgebaut werden.
Winter sagte, es habe Jahre gebraucht, bis Rücklagen in der Höhe mehrerer Millionen Euro aufgebaut waren. Deshalb würde er diesen Weg ungern aufgeben.
Laut Kämmerer ist die Zinsbelastung durch diesen Zwischenkredit „sehr niedrig“. Die Europäische Zentralbank EZB rechne für die nächsten zehn Jahre weiter mit Niedrigstzinsen.
Die Frage ist auch, wie lange sich die Corona-Krise auf die Wirtschaft auswirkt. „Sind die Zahlen in einem halben Jahr noch gültig?“, fragte Bürgermeister Winter im Finanzausschuss. Auch deshalb sollte der Stadtrat finanziell handlungsfähig bleiben. Über alle politischen Gruppierungen hinweg fand der Vorschlag Zustimmung. Nur Max Heim (Freie) wäre ein zeitlich fester Kredit über vier bis fünf Jahre lieber gewesen, weil dafür günstigere Konditionen aushandelbar wären.