Freunde müssen draußen bleiben Corona und wir
Wenn in diesen Tagen ein Mensch stirbt, fällt das Begräbnis oft anders aus, als es sich die Angehörigen vorgestellt haben
Ein guter Bekannter ist vor einigen Tagen gestorben. 58, verheiratet, drei erwachsene Kinder. Nicht an Covid-19. Eine seltene Krankheit hat ihn das Leben gekostet. Man muss das inzwischen sagen, obwohl er jetzt, ganz am Ende, doch noch auf eine Art zum Virus-Opfer geworden ist. Mein Bekannter, der mir zuletzt ganz besonders ans Herz gewachsen war, stand Religion und Kirche nahe. Dass einer wie er, sich in einem katholischen Begräbnis von der Welt verabschieden wollte, stand außer Frage. Aber was ist ein solcher Wunsch in Zeiten von Corona wert? In Zeiten, in denen selbst in den Todesanzeigen in unserer Zeitung darauf hingewiesen wird, dass die Beisetzungen nur im engsten Familienkreis stattfinden dürfen.
Am Tag nach seinem Tod saß die Familie zusammen, um die Beerdigung zu besprechen. Damals waren die Ausgangsbeschränkungen noch weit weg, aber die Sorge, es könnte kein Begräbnis werden, wie es sich der Verstorbene gewünscht hatte, bereits zum Greifen nah. Und mit jedem Tag näher zum Beerdigungstermin entfernte sich die Planung weiter von ihrem Ursprung.
Erst die Kränze ordern. Nein, bedauert die Blumenhändlerin, die seit vielen Jahren die Familie zu allen möglichen Anlässen versorgt, sie dürfe in ihrem Laden nicht mehr verkaufen. Die Bestatterin bringt Kunstgebinde ins
Spiel. Dann ein Ausweg: Die Blumenhändlerin sagt, sie dürfe ausliefern. Immerhin. Blumen und Kränze gesichert.
Wohin aber liefern? In die repräsentative Kirche, die dem Verstorbenen nahe war, dürfen nicht mehr als 25 Trauergäste. Bald darauf sind es nur noch zehn. Bei zehn bin ich draußen. Auch wenn der Verstorbene der Cousin meiner Frau war, reicht das nicht einmal zum Härtefall. Jetzt bleibt nur noch das kleine Kirchlein. An einen schön gestalteten Gottesdienst mit Musik ist nicht mehr zu denken. Die Familie diskutiert kurzfristig eine Feuerbestattung, verwirft die Idee aber wieder. Inzwischen gibt es auch kein Kirchlein mehr. Nur noch eine Beerdigung im Freien ist erlaubt.
Wenigstens hat die
Kreisverwaltungsbehörde erbarmen. 15 Trauergäste, 1,5 Meter Abstand. Ich bin wieder dabei. Die Familie versichert als Besteller der Bestattung schriftlich, dass alles ordnungsgemäß abläuft, andernfalls droht Bußgeld. Bei aller Würde: Am Sarg wirken die Trauernden seltsam verloren. Dort, wo es einen nach Nähe verlangt, stehen die Angehörigen in Corona-Abstand allein mit ihrem Schmerz. Der Trauergottesdienst findet später statt, wenn die Pandemie vorüber ist. Allerdings bereitet der Pfarrer die Familie schon jetzt auf einen Ansturm vor, man müsse sich darauf einstellen, dass dann Gottesdienste zusammengelegt werden. „Die Leute“, so der Geistliche nüchtern, „sterben auch nach Corona weiter.“
ist Leiter der Sportredaktion.