Vier Landrats-Stellvertreter
Kreistag Als Signal des guten Willens verzichten die Freien Wähler auf einen eigenen stellvertretenden Landrat. Dennoch gibt es nun so viele Vizelandräte wie noch nie. Dem neuen Kreischef ist aber etwas anderes viel wichtiger
Der neue Unterallgäuer Kreistag hat gestern das erste Mal getagt. Landrat Alex Eder wurde vereidigt und bekam gleich vier Stellvertreter. Mehr dazu auf
Mindelheim Mit der AfD ist in den Unterallgäuer Kreistag eine neue politische Kraft eingezogen, und gleich zum Auftakt in die neue Legislaturperiode fiel ihr eine besondere Rolle zu. Weil Wolfgang Reitinger aus Legau ältester Kreisrat ist, durfte der 69-jährige frühere Grund- und Hauptschullehrer am Montag dem neuen Landrat Alex Eder von den Freien Wählern den Diensteid abnehmen, den Eder mit dem Zusatz „So wahr mir Gott helfe“, leistete.
Die erste Sitzung fand coronabedingt unter besonderen Umständen nicht im Landratsamt statt. An Einzeltischen verteilt saßen die 60 Kreisräte, darunter 23 Neulinge, im Mindelheimer Forum verteilt. Kaffee durfte nicht ausgeschenkt werden. Erlaubt waren nur Kaltgetränke und für jeden eine Breze zur Stärkung. An diesem Montagvormittag ging es vor allem um Personalien: Wer wird Vizelandrat, wer werden die weiteren Stellvertreter und wer darf in den Ausschüssen mitarbeiten?
Als stellvertretenden Landrat schlug der neuen Fraktionssprecher der CSU, Andreas Tschugg, den Mindelheimer Bürgermeister Stephan Winter vor. Winter war bereits in den vergangenen sechs Jahren Stellvertreter des Landrats. Winter habe die Aufgabe „bestens“gemeistert, sagte Tschugg. Das sahen alle Kreisräte fraktionsübergreifend genauso. Winter musste keine einzige Gegenstimme hinnehmen. Er wurde mit 61 von 61 Stimmen gewählt. Einen Gegenkandidaten hatte er nicht.
Anders sah es bei den weiteren Stellvertretern aus. In den vergangenen sechs Jahren gab es mit Marlene Preißinger (Freie Wähler) und Helmut Koch (SPD) zwei weitere Stellvertreter von Landrat HansJoachim Weirather. Beide wurden für ihren großen Einsatz fraktionsübergreifend gewürdigt. Künftig sind es drei weitere Stellvertreter. Roland Ahne hatte für die SPD beantragt, einen dritten weiteren Stellvertreter zu berufen. Auch JWUSprecher Jürgen Bäurle sprach sich dafür aus. Ahne sagte, der Arbeitsanfall sei sehr groß. Der bisherige Landrat Weirather habe nicht alle
Termine mit einem Landratsvertreter beschicken können. „Ein weiterer Stellvertreter ist unumgänglich“, so Ahne. Damit könne Eder nicht nur dem Amt, sondern auch seiner Familie gerecht werden.
Ausgerechnet der neue Landrat aber hätte darauf gut verzichten können. Der Wunsch sei aus dem Kreistag gekommen, sagte Eder. Er wolle nicht den Eindruck erwecken, er scheue Termine. Auch der Fraktionssprecher der Freien Wähler, Reinhold Bäßler warb dafür, es bei zwei weiteren Stellvertretern zu belassen. Rosina Rottmann-Börner von der ÖDP und Bürger für die Umwelt sah es ähnlich. Die Zahl der Gemeinden liege auch in den kommenden sechs Jahren bei 52, und auch die Zahl der Vereine werde sich nicht grundlegend ändern.
Letztlich sprachen sich 42 von 61 Stimmberechtigten für drei weitere Stellvertreter aus. Blieb die Frage, wer die Aufgabe übernehmen darf.
Die Grünen schickten ihren Landratskandidaten Daniel Pflügl ins Rennen, die SPD und FDP ihren Landratswahlkämpfer Michael Helfert und die JWU Christian Seeberger aus Erkheim.
Kurzfristig warf auch die AfD noch einen Hut in den Ring. Sie schlug Wolfgang Reitinger vor. Er wolle mit seiner Kandidatur ausloten, wie die Kräfteverhältnisse sind und wie sich der übrige Kreistag der AfD gegenüber positioniert, sagte er zur Begründung. Dass er keine Chance hat, war ihm vorher schon klar. Die Antwort war eindeutig: Nur die fünf AfD-Kreisräte stimmten für ihren Kandidaten. Gewählt wurden also Pflügl, Helfert und Seeberger, wobei Seeberger sogar von der AfD mitgetragen wurde.
Die Freien Wähler hatten auf einen eigenen Kandidaten verzichtet, obwohl Marlene Preißinger bei der Kreistagswahl nur sieben Prozent weniger Stimmen bekommen hatte als Stephan Winter. Bäßler wollte den Verzicht als Signal an den neuen Kreistag verstanden wissen. „Ein möglichst breites Spektrum der Kreistagszusammensetzung soll sich hier wiederfinden“. Er bedauerte aber, dass keine Frau mehr den Landrat vertritt. Bäßler wörtlich: „Es wird keine Schau von schönen Dirndln mehr geben“.
Alex Eder nutzte seine erste Kreistagssitzung vor allem dazu, Dank zu sagen und um Zusammenhalt zu werben. Die vergangenen 14 Jahre habe im Kreistag unter Landrat Weirather eine gute Arbeitsatmosphäre geherrscht. Auch er wolle alle Fraktionen gleich behandeln, versprach Eder. „Ich bin nicht Landrat der Freien Wähler“, betonte der 36-Jährige, „ich bin Landrat aller Unterallgäuerinnen und Unterallgäuer“.
An den Kreistag richtete Eder den Wunsch, die Aufgaben konstruktiv und an der Sache orientiert anzugehen. Angesichts der Herausforderungen wegen der CoronaPandemie sei es wichtig, an einem Strang zu ziehen. Er sei aber sehr zuversichtlich, dass der Landkreis gut aus der Krise kommen werde. „Wenn nicht das Unterallgäu, wer dann“, rief Eder den Kreisräten zu.
Personalien:
CSU: Fraktionssprecher Andreas Tschugg, Stellvertreter: Martin Osterrieder, Robert Sturm und Stefan Welzel.
Freie Wähler: Vorsitz Reinhold Bäßler, Stellvertreter German Fries.
Grüne: Vorsitz Daniel Pflügl, Stellvertreterin Lisa Steber.
JWU: Vorsitz Jürgen Bäurle, Stellvertreter Christian Seeberger.
AfD: Vorsitz Wolfgang Reitinger, Stellvertreter Ernst Gradl.
SPD/FDP: Vorsitz Roland Ahne. Stellvertreter: Brigitte Erdle und Mike Hammermayer.
ÖDP-BfU: Vorsitz Rosina RottmannBörner Stellvertreter Ludwig Filser.