Notfall im Notbetrieb
Fußball Die komplette Mannschaft Dynamo Dresdens befindet sich in Quarantäne. Liga-Boss Christian Seifert mag von großen Konsequenzen noch nichts wissen. Klar ist aber auch: Viele derartiger Fälle darf es nicht geben
Frankfurt/Main Die große Hoffnung des deutschen Profifußballs auf einen problemlosen Neustart in der Bundesliga hielt gerade einmal drei Tage. Nach zwei positiven Coronavirus-Tests bei Zweitligist Dynamo Dresden werden die Fortsetzungspläne der Deutschen Fußball Liga schnell massiv auf die Probe gestellt.
Das komplette Team muss für zwei Wochen in Quarantäne, zwei Zweitliga-Spiele müssen schon vor dem heiß ersehnten Wiederanpfiff abgesetzt werden. Der Blick nach Sachsen zeigt: Der Profifußball muss in den kommenden Wochen eine ganz neue Anpassungsfähigkeit unter Beweis stellen, wenn er die Beendigung der Saison überhaupt durchbekommen will. „Wenn Dresden jetzt 14 Tage in die Quarantäne geht, dann ist das für den Moment noch kein Grund, die Fortführung der zweiten Liga komplett infrage zu stellen“, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert am Samstag im „Aktuellen Sportstudio“des ZDF.
Wirkte die Erlaubnis beim PolitGipfel um Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch noch wie eine kleine Erlösung, wird schon eine Woche vor dem geplanten Start die große Schwäche des DFL-Konzepts offengelegt: Reagieren künftig noch mehr lokale Gesundheitsämter auf positive Fälle so wie in Dresden, könnte geregelter Profifußball im Mai oder Juni schnell zur Utopie werden.
„Von den 81 Spielen sind nur zwei betroffen. Klar ist, es gibt sicherlich eine Größe, dann ist das irgendwann nicht mehr machbar“, mahnte Seifert, dessen Ziel weiter eine Beendigung der Spielzeit bis zum 30. Juni ist. Eine konkrete Zahl nannte er nicht. Seifert wählte seine Worte mit Bedacht und versuchte erneut die Demut zu wahren, die er schon seit einiger Zeit von den 36 Vereinen im Profifußball einfordert. Was das Motto für die kommenden Wochen sein wird, machte der LigaBoss unmissverständlich klar: so viele Spiele wie möglich irgendwie durchzubekommen.
Union-Profi Neven Subotic sieht den zügigen Neustart kritisch und würde sich mehr Mitsprache wünschen. „Wir haben keinen Sitz am Tisch, wir wurden nicht konsultiert“, sagte Subotic dem Deutschlandfunk
zur Rolle der Profis. Mit Blick auf das Hygienekonzept der DFL, das nur eine Quarantäne für infizierte Spieler vorsah, sagte Seifert: „Es ist relativ egal, was wir uns mal gedacht haben. Die staatlichen Stellen geben den Takt vor. Momentan hätte ich es mir anders gewünscht.“
Die neue Quarantäne-Situation ist auch ein erheblicher Dämpfer für die erhoffte Bundesliga-Normalität, die viele Vereine schon wieder suggeriert haben. Seiferts Auftritt zeigte auch, wie hilflos die DFL der Situation nach der Erlaubnis der Politik ausgesetzt ist. Der Dachverband, der das Milliardenschiff Bundesliga von Umsatzrekord zu Umsatzrekord steuerte, muss nun dabei zusehen, wie andere Institutionen wichtige Entscheidungen zur nahen Zukunft des Profifußballs treffen.
Der Fall Dresden beweist, wie komplex die Fortführung mit noch neun Spieltagen werden könnte: Während 35 Profiklubs den Trainingsbetrieb fortsetzen, müssen die Profis des Zweitliga-Letzten nicht nur zwei Wochen pausieren, sondern dürfen nicht einmal das Haus verlassen. Folgen weitere Fälle einer solchen zweiwöchigen Team-Quarantäne, wird sich die Frage stellen: Welchen sportlichen Wert hat so ein Wettbewerb überhaupt? Die Vorstellung, mit dem Neustart kehre Normalität zurück, hält Seifert ohnehin für Unsinn. „Zum einen wurde auch in der Presse oft kommuniziert: Die Bundesliga darf wieder spielen. Ich glaube, das entspricht nicht der Realität. Was Sie da sehen werden, ist ein absoluter Notbetrieb an Bundesliga.“