Härtere Strafen für Kindesmissbrauch?
Syrien Die Währung befindet sich in freiem Fall, die Verarmung der Bevölkerung wird für den Diktator zur Gefahr
Berlin Alles sah nach einem heraufziehenden Krach in der Großen Koalition aus. Doch nun könnte es sein, dass sich das Bündnis doch auf eine Verschärfung der Strafen für Kindesmissbrauch und Kinderpornografie einigt. Zunächst hatte sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) Forderungen aus der Union entgegengestellt, Herstellung und Verbreitung dieses Materials generell als Verbrechen zu ahnden. Der Unterschied: Verbrechen müssen laut Strafgesetzbuch mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden, für Vergehen kann es geringere Freiheitsstrafen oder Geldstrafen geben. Nach harter Kritik aus der Union deutete sich am Donnerstagnachmittag ein Umdenken bei der Ministerin an.
Damaskus In Syriens Pro-Assad-Gebieten steigt der Frust. „Syrien gehört uns und nicht dem AssadClan“, deklamierten Graffiti, die kürzlich erstmals in küstennahen Regime-Hochburgen wie Latakia und Jableh auftauchten. „Nieder mit Baschar“, hallte es durch die Straßen der Stadt Suweida. „Packt eure Sachen, ab mit euch in den Iran“, skandierte die aufgebrachte Menge. Seit Tagen brodelt es in dieser südlichen Region, wo mehrheitlich Drusen wohnen, die eine gewisse Autonomie genießen. Den gesamten Bürgerkrieg über stand ihre Minderheit loyal zu Baschar al-Assad, doch jetzt schwindet der Rückhalt.
Zwar hat der Diktator in dem gut neunjährigen Bürgerkrieg dank iranischer und russischer Waffenhilfe militärisch die Oberhand behalten, seiner Herrschaft gefährlich werden aber könnte nun der Zusammenbruch der Wirtschaft. Seit Anfang des Jahres befindet sich das syrische Pfund im freien Fall. Gab es zu Beginn des Krieges 2011 den Dollar noch für 50 Pfund, waren es im Oktober 2019 bereits 500. Die Tausendermarke fiel im Januar 2020.
Seit letzter Woche geht es Schlag auf Schlag. Anfang Juni kostete der Dollar bereits 2000 Pfund, momentan sind es über 3000 – und ein Ende ist nicht in Sicht. Entsprechend gehen die Preise durch die Decke. Die ersten Lebensmittelläden haben bereits dichtgemacht, Medikamente sind faktisch nicht mehr zu bekommen. 50000 Pfund im Monat, also rund 17 Dollar, verdient derzeit ein syrischer Staatsbeamter – das reicht nur noch für zwei Wassermelonen und etwas Brot. 80 Prozent der 17 Millionen Syrer sind bereits arm. Vielen droht zu ihrem Elend nun auch der Hunger. „Wir sehen jetzt, dass Kinder abends hungrig zu Bett gehen, das kannten wir vorher nicht“, erklärte der UN-Chefkoordinator in Damaskus, Imran Riza.
Auslöser dieses wirtschaftlichen Erdbebens in Syrien sind die Bankenkrise im Nachbarland Libanon, die Covid-19-Pandemie sowie die neuen US-Sanktionen. Lokale Wortführer wie Nizar Bou Ali nennen die Korruption der Behörden, die „empörenden Preise“in den Geschäften und den rasanten Anstieg der Kriminalität als Gründe für das ungewöhnliche Aufbegehren, welches Regime-Zirkel sofort mit einer Lawine von Pro-Assad-Tweets beantworteten. In der Küstenstadt Tartus, ebenfalls einer Hochburg der Alawiten, zogen sogar Gruppen durch die Straßen und riefen „Baschar ist nach Allah der Höchste“.
Für Syrien war der Libanon stets die finanzielle Lebensader zur Welt. Über dessen Banken wurden die Importe gegen Devisen abgewickelt. Hunderttausende Syrer parkten ihre Ersparnisse in Beirut. Seit dem Bankrott des Zedernstaates jedoch kommen sie nicht mehr an ihre Dollars. Das würge sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten in Syrien ab, erläuterte der in Damaskus geborene, international bekannte Ökonom Samir Aita. Er habe die Sorge, „dass das syrische Volk in einer Katastrophe endet“. Denn der US-Kongress zieht jetzt auch noch mit seinem sogenannten „Caesar Act“die Schrauben an, dem härtesten Sanktionspaket seit Beginn des Bürgerkriegs. Benannt ist das Gesetz nach einem Deserteur des Militärgeheimdienstes, der in den Anfangsjahren des staatlichen Mordens Fotos von 6780 Opfern aus dem Land schmuggelte, die zu Tode gefoltert worden waren.
Von kommender Woche an trifft der US-Boykott sämtliche Firmen weltweit, die sich mit „dem mörderischen Assad-Regime einlassen“und sich an dem Wiederaufbau Syriens beteiligen. „Die Vereinigten Staaten werden den ökonomischen Druck so lange erhöhen“, twitterte die US-Botschaft in Syrien, bis das syrische Regime „unumkehrbare Schritte macht hin zu einer politischen Lösung, die die Rechte und den Willen des Volkes respektiert“.