Mit Zöpfchen und einem klaren Ziel
Basketball Deutschland interessiert sich plötzlich für diese Sportart und die Geschichten, die sie zu erzählen hat. Zum Beispiel die von Dylan Osetkowski von Ratiopharm Ulm
München Es ist ja nicht so, dass dieser Plan unumstritten gewesen wäre. Anders als zum Beispiel im Handball und Eishockey keine Kapitulation vor dem Coronavirus, sondern Fortsetzung der Saison um beinahe jeden Preis. Nachdem ein Teil der Vorrunde gespielt wurde, ist klar, dass die Basketball-Bundesliga mit ihrem Turnier im Münchener Audi-Dome unter Ausschluss der Öffentlichkeit alles richtig gemacht hat, was man in einer ungemein schwierigen Zeit richtig machen kann. Eine Zahl spricht Bände: Der übertragende Sender MagentaSport zählte während der ersten vier Spiele sechsmal so viele Zuschauer wie im normalen Ligabetrieb. Deutschland interessiert sich im sportlichen Beinahe-Nichts plötzlich für diese Sportart und die Geschichten, die sie zu erzählen hat. Zum Beispiel die von Dylan Osetkowski von Ratiopharm Ulm.
Der 23 Jahre alte und 2,06 Meter große Hüne hat bis zum Abbruch der Saison vor drei Monaten für Göttingen gespielt, jetzt spielt er plötzlich für Ulm – im letzten Gruppenspiel am Sonntag übrigens gegen Göttingen. Also auf den ersten Blick eine dieser Söldner-Geschichten, wie sie halt für den Basketball so typisch sind. Auf den zweiten Blick allerdings nicht mehr. Osetkowski wurde nämlich bereits im Oktober des vergangenen Jahres von Ratiopharm Ulm verpflichtet und sofort nach Göttingen ausgeliehen. In Ulm hat das kaum jemand mitbekommen. Der Kalifornier ist jedenfalls einfach heimgekehrt und er dürfte innerhalb von wenigen Monaten seinen Wert enorm gesteigert haben.
Dank einer in Bremerhaven geborenen Oma hat Osetkowski seit Mitte Mai nämlich auch einen deutschen Pass. Er besetzt damit bei Ulm keine Ausländerposition und ist ein heißer Anwärter für die deutsche Nationalmannschaft. Osetkowski gesteht: „Davon träume ich schon, seit ich ein Kind bin.“
Im Trikot von Ratiopharm Ulm läuft es sportlich für ihn. Nach den beiden Überraschungssiegen gegen Bayern München und Oldenburg sowie dem 92:80 gegen Crailsheim am Mittwochabend ist die Teilnahme am Viertelfinale fix. Osetkowski war im dritten Ulmer Gruppenspiel mit 17 Punkten bester Werfer seiner
Mannschaft, den derzeit zahlreichen Basketball-Gelegenheits-Guckern dürfte er zudem wegen seiner Rastazöpfchen im blonden Haar aufgefallen sein. Der Kalifornier liefert gerne die dazugehörige Geschichte: „Sehe ich denn so schlimm aus? Meine Freundin liebt es einfach, mir die Haare zu flechten.“