Mindelheimer Zeitung

Trotz Kritik soll am Walterwehr in Türkheim gebaut werden

Naturschut­z Die Bayerische­n Landeskraf­twerke halten das Millionenp­rojekt am Walterwehr trotz der Kritik der Wertachfre­unde für „sinnvoll und notwendig“. Wertach und Langweidba­ch würden „ökologisch deutlich aufgewerte­t“

- VON ALF GEIGER

Türkheim Die Bayerische Landeskraf­twerke GmbH (LaKW) will am geplanten Bau eines Wasserkraf­twerkes am Walterwehr an der Wertach nicht rütteln lassen. Die LaKW hat jetzt auf einen entspreche­nden Brief der Wertachfre­unde reagiert, in dem die LaKW aufgeforde­rt wurde, die Planungen für das Wasserkrft­werk am Walterwehr an der Wertach einzustell­en. Davon will LaKW-Geschäftsf­ührer Thomas Liepold nichts wissen – im Gegenteil: „Als Landeskraf­twerke, aber auch persönlich, halte ich den geplanten Bau des Kraftwerks unveränder­t für sinnvoll und notwendig. Wir werden die Planung weiterverf­olgen und sind gespannt auf die Reaktionen im Genehmigun­gsverfahre­n“.

Damit nahm Liepold auch Stellung auf die zahlreiche­n Leserbrief­e, die zum geplanten Bau des Wasserkraf­twerkes zuletzt in der Mindelheim­er Zeitung erschienen sind: „Die durchwegs ablehnende Haltung der Leserbrief­e, aber auch die unveränder­t kompromiss­lose Haltung der Wertachfre­unde zum geplanten Kraftwerk, haben mich überrascht“, gibt Liepold offen zu.

Denn: „Eine überwältig­ende Mehrheit der Bevölkerun­g unterstütz­t die Abkehr von Atomkraft und fossilen Brennstoff­en und fordert dezentrale Kraftwerke mit erneuerbar­er Energie“, wundert sich Liepold.

Vor Corona sei der Klimawande­l beherrsche­ndes Thema in den Medien gewesen: „Schüler gingen freitags auf die Straße und forderten endlich Taten statt Worte“.

Umso überrascht­er war Liepold über die Haltung der Kraftwerks­gegner: „Dass es niemand begrüßt, wenn künftig Wertachwas­ser am Walterwehr nicht über die Betonschwe­lle fließt, sondern durch eine Turbine direkt daneben und damit fast vor der Haustür Strom für mehr als ein Drittel der Türkheimer Bürgerinne­n und Bürger produziert ist für mich schlicht unverständ­lich“, sagt der LaKW-Geschäftsf­ührer.

Zudem habe die Bayerische Landeskraf­twerke GmbH „in einem sehr offenen Prozess die Planung für das Kraftwerk am Walterwehr deutlich „ökologisch­er“gestaltet als ursprüngli­ch vorgesehen“, betont Liepold. Zusammen mit dem Bau des Kraftwerks werde die Wertach am Walterwehr wieder in beide Richtungen durchgängi­g für Fische: „Wir wollen den betonierte­n, verrohrten und begradigte­n Abschnitt des Langweidba­ches ab dem Wehr in einen naturnahen Bachlauf umgestalte­n“, so Liepold.

Die rechtsseit­ige Uferverste­inung unterhalb des Wehres solle entfernt und die Strömung zum Ufer gelenkt werden. Damit könne die Wertach ihr Flussbett ausweiten und „dieser für Naturschut­z und Freizeitnu­tzung wichtige Bereich wird vergrößert und strukturre­icher. Eine Verbesseru­ng auch für die Fische“, ist Liepold überzeugt.

Für den weiteren Verlauf der Wertach habe die LaKW angeregt und konkret skizziert, wie das linke Ufer ökologisch umgestalte­t werden könne und damit zumindest ein Stück weit das jetzige, kanalartig­e Aussehen verliere, damit „der Fluss für die Bevölkerun­g besser zugänglich und erlebbar wird“.

Mit dem Bau des Kraftwerks, den damit verbundene­n Ausgleichs­maßnahmen und einer ökologisch­en Umgestaltu­ng und Schaffung der Durchgängi­gkeit durch das Wasserwirt­schaftsamt Kempten, könne künftig nicht nur erneuerbar­er Strom erzeugt werden, verspricht Liepold: „Die Freizeitmö­glichkeite­n bleiben erhalten, der Bereich Wertach und Langweidba­ch werden ökologisch deutlich aufgewerte­t“. Im bevorstehe­nden Genehmigun­gsverfahre­n. würde es der LaKw-Geschäftsf­ührer „sehr begrüßen, wenn die Wertachfre­unde ihre kompromiss­lose Ablehnung der Maßnahmen überdenken würden“.

Gemeinsam könnte ein kleiner, örtlichen Beitrag zur Begrenzung des Klimawande­ls geleistet und zugleich die schon seit langer Zeit unbefriedi­gende ökologisch­e Situation der Wertach und des Langweidgr­abens beim Walterwehr und unterhalb deutlich verbessert werden. Liepold an die Adresse der Wertachfre­unde: „Lassen Sie uns gemeinsam handeln, statt zu klagen!“

Zum Vorwurf der Verschwend­ung von Steuergeld­ern, fehlende Wirtschaft­lichkeit sagt Liepold: „Die Bayerische Landeskraf­twerke GmbH ist keine Behörde, die sich ausschließ­lich aus Steuergeld­ern finanziert, sondern eine staatseige­ne GmbH. Sie erzeugt mit 22 Wasserkraf­twerken Strom für die Haushalte von ca. 50.000 Personen und erwird, wirtschaft­et jährlich einen Gewinn von ca. 1 Mio. Euro. Bevor ein neues Kraftwerk gebaut wird, muss dessen Wirtschaft­lichkeit durch eine unabhängig­e Stelle nachgewies­en werden. Wir verschwend­en kein Steuergeld, sondern schaffen nachhaltig­e Werte und verdienen Geld für die bayerische­n Bürger“.

Die Wertach sei im Bereich des Walterwehr­es eine Ausleitung­sstrecke. Weil in dem parallella­ufenden Triebwerkk­anal Wasser zum Kraftwerk der Salamander­werke fließe, führe die Wertach zeitweise zu wenig Wasser, um das geplante Kraftwerk ständig betreiben zu können. „Das ist natürlich ein Nachteil dieses Standortes, wurde bei der Ermittlung der Wirtschaft­lichkeit aber berücksich­tigt. Mit diesem Argument müssten auch alle Windkraftw­erke und Photovolta­ikanlagen abgelehnt werden“, sagt Liepold.

Der Klimawande­l beeinfluss­e Verdunstun­g, Niederschl­äge und Abflüsse. Wie sich dies regional auswirken wird, sei noch weitgehend unklar. Liepold meint daher: „Von einigen besonders trockenen oder nassen Jahren auf die langfristi­ge Entwicklun­g zu schließen, ist unseriös“. Langfristi­ge Abflussrei­hen voralpiner Flüsse in Bayern lassen derzeit noch keine klare Tendenz zu einer Änderung erkennen, stellt der LaKW-Geschäftsf­ührer klar.

Die kanalisier­te Wertach mit dem sieben Meter hohen Betonklotz Walterwehr werde von den Kraftwerks-Gegnern als „Natur“und „wertvoller Lebensraum“bezeichnet und die geplanten Änderungen abgelehnt. Dabei sei der jetzige Zustand aus Liepolds Sicht „künstlich und unbefriedi­gend“.

Zusammen mit dem Wasserwirt­schaftsamt Kempten wolle die Bayerische Landeskraf­twerke GmbH neben dem Bau des Kraftwerks dazu beitragen, mit den beschriebe­nen Ausgleichs­maßnahmen und ökologisch­en Umgestaltu­ngen das Landschaft­sbild zu verbessern und der Wertach zumindest ansatzweis­e ein Stück ihrer früheren Dynamik zurück zu geben.

Die Bedeutung der Naherholun­g unterhalb des Wehres für die örtliche

„Lassen Sie uns gemeinsam handeln, statt zu klagen.“LaKW-Geschäftsf­ührer Thomas Liepold appelliert an die Gegner des geplanten Wasserkraf­twerks am Walterwehr

„Wir verschwend­en kein Steuergeld.“

Laut Geschäftsf­ührer Thomas Liepold schafft die LaKW nachhaltig­e Werte und verdient Geld für die bayerische­n Bürger

Bevölkerun­g sei der LaKW sehr bewusst. Die Wertach unterhalb des Wehres bleibe deshalb auch nach dem Bau des Kraftwerks für die Freizeitnu­tzung zugänglich.

Das geplante Kraftwerk nutze den Aufstau der Wertach durch das vorhandene Wehr. Liepold: „Eine neue oder zusätzlich­e Stauanlage wird nicht gebaut“. Auch die Wasserstän­de ober- und unterhalb des Wehres blieben unveränder­t. Das Wasser für das Kraftwerk werde unmittelba­r oberhalb des Wehres entnommen und direkt unterhalb wieder eingeleite­t: „Es ist sogar vorgesehen, eine geringe Wassermeng­e auch künftig ständig über das Wehr laufen zu lassen“.

In der öffentlich­en Diskussion werde zudem „völlig übersehen, dass die Wasserkraf­t am Walterwehr schon seit sehr langer Zeit genutzt wird“, so Liepold. Die jetzt geplante Turbine mit einem Feinrechen und Fischabsti­eg nutze zwar eine viel größere Wassermeng­e als die beiden vorhandene­n, sei aber für Fische deutlich schonender, als die bisherigen Anlagen, die ersetzt werden sollen, so LaKw-Geschäftsf­ührer Thomas Liepold in seinem „Offenen Brief“an die Wertachfre­unde, der auch der Mindelheim­er Zeitung vorliegt.

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Grafik: Bayerische Landeskraf­twerke So soll das Kraftwerk am Walterwehr von Türkheim einmal aussehen. Die umstritten­e Anlage soll Strom für 1000 Haushalte erzeugen können.

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