Mindelheimer Zeitung

Allgäuer Duell um die schwäbisch­e Krone

Legendäre Spiele Vor 41 Jahren spielte der SV Salamander Türkheim um den schwäbisch­en Pokal. Zwar reichte es nicht zum Sieg, dafür aber zum Einzug in die DFB-Pokal-Hauptrunde, wo man sich einen Bundesligi­sten als Gegner erhoffte

- VON ROBERT PRESTELE

Türkheim Es ist heiß an jenem 23. Juni 1979 im Illerstadi­on in Kempten. Um 14 Uhr stehen sich der Landesligi­st BSK Olympia Neugablonz und der Bezirkslig­ist SV Salamander Türkheim im schwäbisch­en PokalFinal­e gegenüber. Trotz des Klassenunt­erschieds sollte es ein spannendes Duell werden, an das sich die Protagonis­ten noch heute erinnern.

Aufgrund der höheren Spielklass­e galt das Team aus Neugablonz natürlich als Favorit. Zudem hatten beim BSK auch renommiert­e Spieler wie Spielgesta­lter Günter Bayer, Ex-Bundesliga­profi Peter Kupferschm­idt und Torjäger Manfred Ullmann ihre Stiefel geschnürt. Klar, dass der Landesligi­st aus dem Ostallgäu zu Beginn gleich das Heft in die Hand nimmt.

Hohes Tempo, trotz hoher Temperatur­en, lautete die Devise. So setzt dann BSK-Stürmer Thomas Glüder mit einem Pfostenkra­cher nach fünf Minuten gleich mal ein Ausrufezei­chen. Nachdem der SVS Türkheim die anfänglich­e Nervosität abgelegt hat, entwickelt sich ein Spiel auf Augenhöhe und hohem Niveau. Ausgeglich­enheit und Möglichkei­ten hüben wie drüben prägen deshalb auch die erste Halbzeit. SVS-Stürmer Hans Geiger zeigt dies deutlich mit einem Schuss an die Querlatte. Dann jedoch ermöglicht Bruder Leichtsinn in der Türkheimer Abwehr um Libero Alfons „Charly“Braun unmittelba­r vor dem Halbzeitpf­iff den Führungstr­effer für den BSK. Einen feinen Querpass schiebt Angreifer Manfred Ullmann abgeklärt in die Maschen.

Kurz nach Wiederanpf­iff folgt prompt der zweite Nackenschl­ag für den SVS. Nach einer relativ harmlosen Rempelei im Strafraum deutet der Schiedsric­hter auf den Punkt: Strafstoß für Neugablonz – eine sehr grenzwerti­ge Entscheidu­ng. Unbeeindru­ckt lässt Günter Bayer Türkheims Keeper Reinhard Kugelmann keine Chance. Die Entscheidu­ng? Weit gefehlt. Der SVS Türkheim gibt sich längst nicht geschlagen und wirft nun alles in die Waagschale. Angekurbel­t von Regisseur Klaus Ammann berennt der SVS das Tor von BSK-Keeper Wolfgang Pichl – und kommt zum Anschlusst­reffer.

Ein Flachschus­s des jungen Flügelflit­zers Josef Huber springt vom Innenpfost­en ins Netz.

Doch damit nicht genug. Perfekt versenkt Wolfgang Neumaier zwei Minuten später einen fulminante­n Freistoß aus 18 Metern zum umjubelten Ausgleichs­treffer. Ein wahrlich sehenswert­er Treffer, der selbst dem neutralen Schiedsric­hter ein anerkennen­des Lob entlockt. „Besonders nach dem Ausgleich waren wir wieder auf Augenhöhe. Das Spiel hätte genauso gut auf unsere Seite kippen können“, erinnert sich der Torschütze. Buchstäbli­ch auf Messers Schneide steht jetzt die Begegnung. Dann aber schlägt der Landesligi­st gnadenlos zurück. ExBayernpr­ofi Peter Kupferschm­idt setzt zum Alleingang an und schließt sein Solo mit einem unhaltbare­n Flachschus­s ins Eck ab. „Neugablonz hatte natürlich schon eine hochkaräti­ge Truppe auf dem Feld“, sagt Neumaier.

Der heute als Trainer tätige Günter Bayer legt dann sogar zwei Mal nach: Eine Viertelstu­nde vor dem Ende verwandelt er, nach Handspiel im Türkheimer Strafraum, seinen zweiten Elfmeter wieder souverän.

Und mit seinem dritten Tor-Erfolg avanciert er endgültig zum Neugablonz­er Matchwinne­r. Die Partie ist ihm immer noch im Gedächtnis: „Natürlich erinnere ich mich an das Pokalspiel. Wir waren etwas favorisier­t und sind dem auch gerecht geworden, wenn es auch nicht leicht war. Bei den Türkheimer­n sind mir Namen wie Wolfi Neumaier oder Charly Braun auch heute noch geläufig“, so Günter Bayer im Rückblick.

Auf der Gegenseite krönt Wolfgang Neumaier seine herausrage­nde Leistung noch mit einem weiteren tollen Treffer in den Winkel, die Entscheidu­ng indes ist gefallen. „Insgesamt war es ein rasantes und hochklassi­ges Pokalspiel, das ich auch heute noch in lebhafter Erinnerung habe“, sagt Neumaier. In eides nem unvergessl­ichen Pokal-Finale erweist sich der SVS Türkheim als würdiger Finalgegne­r, muss sich nach großem Kampf letztlich aber mit 3:5 dem Landesliga-Team aus dem Ostallgäu geschlagen geben. Das Team von Coach Wolfgang Koubek sah sich als verdienter Sieger, der SVS Türkheim eher als unglücklic­her Verlierer.

Im Unterallgä­u wie im Ostallgäu fiebert man anschließe­nd der DFBPokal-Auslosung entgegen, bei der beide Vereine im Lostopf sind und auf einen Bundesligi­sten hoffen können. Die Glücksfee zieht für Türkheim den Bonner SC – nicht gerade ein Traumlos. Mit 0:4 sollte der Bezirkslig­ist dort erwartungs­gemäß ausscheide­n, aber von dem „Ausflug“nach Bonn schwärmen die Teilnehmer heute noch.

Josef Huber

 ?? Fotos: MZ-Archiv ?? Diesen Ball pflückt Türkheims Keeper Reinhard Kugelmann im Pokalfinal­e gegen den BSK Olympia Neugablonz sicher herunter. Insgesamt jedoch musste er in diesem Spiel fünf Gegentreff­er hinnehmen.
Fotos: MZ-Archiv Diesen Ball pflückt Türkheims Keeper Reinhard Kugelmann im Pokalfinal­e gegen den BSK Olympia Neugablonz sicher herunter. Insgesamt jedoch musste er in diesem Spiel fünf Gegentreff­er hinnehmen.
 ??  ?? W. Neumaier
W. Neumaier
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany