Allgäuer Duell um die schwäbische Krone
Legendäre Spiele Vor 41 Jahren spielte der SV Salamander Türkheim um den schwäbischen Pokal. Zwar reichte es nicht zum Sieg, dafür aber zum Einzug in die DFB-Pokal-Hauptrunde, wo man sich einen Bundesligisten als Gegner erhoffte
Türkheim Es ist heiß an jenem 23. Juni 1979 im Illerstadion in Kempten. Um 14 Uhr stehen sich der Landesligist BSK Olympia Neugablonz und der Bezirksligist SV Salamander Türkheim im schwäbischen PokalFinale gegenüber. Trotz des Klassenunterschieds sollte es ein spannendes Duell werden, an das sich die Protagonisten noch heute erinnern.
Aufgrund der höheren Spielklasse galt das Team aus Neugablonz natürlich als Favorit. Zudem hatten beim BSK auch renommierte Spieler wie Spielgestalter Günter Bayer, Ex-Bundesligaprofi Peter Kupferschmidt und Torjäger Manfred Ullmann ihre Stiefel geschnürt. Klar, dass der Landesligist aus dem Ostallgäu zu Beginn gleich das Heft in die Hand nimmt.
Hohes Tempo, trotz hoher Temperaturen, lautete die Devise. So setzt dann BSK-Stürmer Thomas Glüder mit einem Pfostenkracher nach fünf Minuten gleich mal ein Ausrufezeichen. Nachdem der SVS Türkheim die anfängliche Nervosität abgelegt hat, entwickelt sich ein Spiel auf Augenhöhe und hohem Niveau. Ausgeglichenheit und Möglichkeiten hüben wie drüben prägen deshalb auch die erste Halbzeit. SVS-Stürmer Hans Geiger zeigt dies deutlich mit einem Schuss an die Querlatte. Dann jedoch ermöglicht Bruder Leichtsinn in der Türkheimer Abwehr um Libero Alfons „Charly“Braun unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff den Führungstreffer für den BSK. Einen feinen Querpass schiebt Angreifer Manfred Ullmann abgeklärt in die Maschen.
Kurz nach Wiederanpfiff folgt prompt der zweite Nackenschlag für den SVS. Nach einer relativ harmlosen Rempelei im Strafraum deutet der Schiedsrichter auf den Punkt: Strafstoß für Neugablonz – eine sehr grenzwertige Entscheidung. Unbeeindruckt lässt Günter Bayer Türkheims Keeper Reinhard Kugelmann keine Chance. Die Entscheidung? Weit gefehlt. Der SVS Türkheim gibt sich längst nicht geschlagen und wirft nun alles in die Waagschale. Angekurbelt von Regisseur Klaus Ammann berennt der SVS das Tor von BSK-Keeper Wolfgang Pichl – und kommt zum Anschlusstreffer.
Ein Flachschuss des jungen Flügelflitzers Josef Huber springt vom Innenpfosten ins Netz.
Doch damit nicht genug. Perfekt versenkt Wolfgang Neumaier zwei Minuten später einen fulminanten Freistoß aus 18 Metern zum umjubelten Ausgleichstreffer. Ein wahrlich sehenswerter Treffer, der selbst dem neutralen Schiedsrichter ein anerkennendes Lob entlockt. „Besonders nach dem Ausgleich waren wir wieder auf Augenhöhe. Das Spiel hätte genauso gut auf unsere Seite kippen können“, erinnert sich der Torschütze. Buchstäblich auf Messers Schneide steht jetzt die Begegnung. Dann aber schlägt der Landesligist gnadenlos zurück. ExBayernprofi Peter Kupferschmidt setzt zum Alleingang an und schließt sein Solo mit einem unhaltbaren Flachschuss ins Eck ab. „Neugablonz hatte natürlich schon eine hochkarätige Truppe auf dem Feld“, sagt Neumaier.
Der heute als Trainer tätige Günter Bayer legt dann sogar zwei Mal nach: Eine Viertelstunde vor dem Ende verwandelt er, nach Handspiel im Türkheimer Strafraum, seinen zweiten Elfmeter wieder souverän.
Und mit seinem dritten Tor-Erfolg avanciert er endgültig zum Neugablonzer Matchwinner. Die Partie ist ihm immer noch im Gedächtnis: „Natürlich erinnere ich mich an das Pokalspiel. Wir waren etwas favorisiert und sind dem auch gerecht geworden, wenn es auch nicht leicht war. Bei den Türkheimern sind mir Namen wie Wolfi Neumaier oder Charly Braun auch heute noch geläufig“, so Günter Bayer im Rückblick.
Auf der Gegenseite krönt Wolfgang Neumaier seine herausragende Leistung noch mit einem weiteren tollen Treffer in den Winkel, die Entscheidung indes ist gefallen. „Insgesamt war es ein rasantes und hochklassiges Pokalspiel, das ich auch heute noch in lebhafter Erinnerung habe“, sagt Neumaier. In eides nem unvergesslichen Pokal-Finale erweist sich der SVS Türkheim als würdiger Finalgegner, muss sich nach großem Kampf letztlich aber mit 3:5 dem Landesliga-Team aus dem Ostallgäu geschlagen geben. Das Team von Coach Wolfgang Koubek sah sich als verdienter Sieger, der SVS Türkheim eher als unglücklicher Verlierer.
Im Unterallgäu wie im Ostallgäu fiebert man anschließend der DFBPokal-Auslosung entgegen, bei der beide Vereine im Lostopf sind und auf einen Bundesligisten hoffen können. Die Glücksfee zieht für Türkheim den Bonner SC – nicht gerade ein Traumlos. Mit 0:4 sollte der Bezirksligist dort erwartungsgemäß ausscheiden, aber von dem „Ausflug“nach Bonn schwärmen die Teilnehmer heute noch.
Josef Huber