Wertachfreunde bleiben beim Nein zum Wasserkraftwerk
Umwelt Antwort auf Kraftwerkschef Liepold ließ nicht lange auf sich warten. Warnung vor „weiterer ökologischer Zerstörung“
Türkheim Die Wertachfreunde bleiben bei ihrer ablehnenden Haltung zum geplanten Wasserkraftwerk an der Wertach beim sogenannten Walterwehr. Und die Wertachfreunde sehen auch die Türkheimer Bevölkerung hinter sich, wie Leo Rasch (Landesbund für Vogelschutz), Stefan Gaschler (Fischereiverein), Gudrun Kissinger-Scheider (Bund Naturschutz) und Michael Häring vom Fischereiverein Bad Wörishofen in einem gemeinsam unterzeichneten „Offenen Brief“an die Landeskraftwerke GmbH schreiben. Auch Alexander Siebierski vom Bund Naturschutz, Ortsgruppe Bad Wörishofen, hat sich der Kritik angeschlossen.
„Dass eine große Zahl von Türkheimern dem Projekt sehr kritisch oder ablehnend gegenübersteht, war ja von der Wertachausstellung, der Unterschriftenaktion mit fast 1300 Unterzeichnern und zuletzt aus der Stimmung bei der öffentlichen Vorstellung am 28. Mai 2019 allgemein bekannt“, heißt es in dem Brief, der auch der MZ-Redaktion vorliegt. Zu denken geben sollte nach Ansicht der Wertachfreunde auch, dass es „keinen einzigen Leserbrief aus der Befragungsaktion der MZ gab, der sich für den Bau des Kraftwerkes aussprach“.
Auf Drängen der Wertachfreunde beim damaligen Umweltminister Dr. Marcel Huber sei für die Wertach bis Ende 2016 ein Gewässerentwicklungskonzept erstellt worden. Die darin genannten Maßnahmen wie die naturnahe Gestaltung des Gewässerprofils, die Beseitigung bzw. Reduzierung der massiven Sicherungen sowie die Verbesserung des Geschiebehaushalts und andere seien heute Maßgabe für den Gewässerunterhalt.
Zur „Klarstellung“heißt es in dem Schreiben weiter: „Die ökologischen Verbesserungen am Fluss sind staatliche Aufgabe des Wasserwirtschaftsamtes Kempten und keine Maßnahmen der Bayerischen Landeskraftwerke GmbH, das heißt, sie sind unabhängig vom geplanten Kraftwerksbau am Walterwehr umzusetzen.“
In den offenen Prozess haben die Wertachfreunde etliche Vorschläge eingebracht und seien „weiterhin zur Zusammenarbeit bereit“. Das gelte „sowohl für die Planungen der Bayerischen Landeskraftwerke als auch für anstehenden Maßnahmen des Wasserwirtschaftsamtes“zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie.
„So setzen wir uns zum Beispiel für ein naturnahes Umgehungsgewässer, das Lebensraum und Erlebniswert bietet, für die Wiedervernässung von Auwald und für eine bessere Gestaltung des Turbinenablaufs ein“, heißt es in dem offenen Brief: „Zu unserem Bedauern wurden die Anregungen ohne genauere Prüfung abgetan, obwohl es schon gute Beispiele dafür an Ammer, Iller und Wertach gibt“.
Stattdessen würden die Landeskraftwerke GmbH „unverrückbar an einem Fischlift und der Durchschneidung der Kiesinsel“festhalten, kritisieren die vier Unterzeichner. Laut LaKW-Geschäftsführer Thomas Diepold bleibe die Wertach unterhalb des Wehres nach dem Bau des Kraftwerks für die Freizeitnutzung zugänglich.
Die Wertachfreunde halten dagegen: „Was die Besucher anschließend dort erwartet, sieht man in den Trockenperioden der letzten Monate bereits am Kraftwerk bei Irsingen: Eine Steinwüste, wo vorher eine vielgestaltige Flusslandschaft mit Verzweigungen, Flachwasserzonen und Totholzansammlungen war.“Ein Widerspruch sei auch Liepolds Aussage, dass „sogar vorgesehen sei, eine geringe Wassermenge auch künftig ständig über das Wehr laufen zu lassen“. Dem halten die vier Unterzeichner entgegen: „Bisher haben Sie sich stets gegen eine solche Wassermenge ausgesprochen ...“Hier müsse jedoch „eine klare und nachprüfbare Menge definiert werden“, so ihre Forderung: „Ein trockener Wehrkörper, ein sieben Meter hoher Betonklotz wie sie selbst sagen, sieht verheerend aus und würde unserer Meinung nach zu einer ökologischen Verschlechterung führen“. Die 70 Meter lange Renaturierung des Langweidbaches werde „selbstverständlich begrüßt“. Diese wiege aber „bei Weitem die zu erwartenden Schäden aus dem Bau und Betrieb des Kraftwerkes nicht auf“, heißt es in dem Schreiben: „Sie wissen auch, dass neue Turbinen nicht wirklich „fischfreundlich“sind und es trotzdem zu weiteren Schädigungen kommen wird“, halten die Unterzeichner LaKW-Geschäftsführer Thomas Diepold vor. „Erfreulicherweise“habe inzwischen der Marktrat Türkheim ein Gewässerentwicklungskonzept für die Gewässer III. Ordnung, also hauptsächlich den Langweidbach, beschlossen. Somit komme es laut Wertachfreunde „auch ohne die Maßnahmen der Bayerischen Landeskraftwerke zu einer ökologischen Aufwertung“.
Liepold hatte in seiner Antwort an die Wertachfreunde (MZ berichtete) darauf hingewiesen, dass die Wirtschaftlichkeit des neuen Kraftwerks durch eine unabhängige Stelle nachgewiesen werden müsse. Das Ergebnis der Prüfung werde aber nicht bekannt gegeben, so die Kritik der Wertachfreunde: „Somit bleiben erhebliche Zweifel in der Bevölkerung, denn die Investitionskosten sind um ein Vielfaches höher als beispielsweise bei einer Windkraftanlage.“
Fazit der vier Unterzeichner: „So ist das Projekt für die Wertachfreunde und sehr viele Türkheimer, die diesen Bereich am Walterwehr seit ihrer Kindheit schätzen und vor einer weiteren ökologischen Zerstörung bewahren wollen, nicht hinnehmbar.“
„Die Wertachfreunde sind weiterhin zur Zusammenarbeit bereit.“
Aus dem „Offenen Brief“