Auf dem Sprung nach ganz oben
Handball David More aus Ottobeuren will irgendwann in der Bundesliga spielen. Für seinen Traum macht er jetzt mit 15 Jahren den nächsten Schritt und wechselt zu den Rhein-Neckar-Löwen
Niederraunau/Ottobeuren Vom TSV Niederraunau in die Handball-Bundesliga, dieser Sprung gelang zuletzt Jonathan Scholz. 2014 unterschrieb der Linksaußen einen Vertrag bei der SSG Bietigheim, heute spielt er bei den Eulen Ludwigshafen. Jetzt will der nächste Linksaußen im blau-weißen Trikot den Sprung in die stärkste Liga der Welt schaffen: David More.
Der 15-Jährige wechselt zur neuen Saison in den Nachwuchs des zweifachen deutschen Meisters Rhein-Neckar-Löwen. Zuvor hatte der Ottobeurer zwei Jahre beim TSV Niederraunau gespielt und war dort zum Auswahlspieler gereift. Erstaunlich abgeklärt wirkt More, wenn man mit ihm über diesen großen Schritt spricht. „Ich will auf jeden Fall Profi werden“, sagt er selbstbewusst. „Deshalb muss ich diesen Schritt jetzt gehen.“Dass zu diesem Schritt auch gehört, ins Internat am Nachwuchsleistungszentrum im württembergischen Kronau zu gehen, stört ihn nicht. Denn dort wird er, neben vier Tagen Schule, auch jeden Tag trainieren, teilweise zwei Mal pro Tag. Nach Hause ins Unterallgäu kommt der Ottobeurer dann höchstens alle paar Wochen. „Klar werde ich meine Familie vermissen“, sagt David More. „Aber so eine Chance muss man eben nutzen.“
Auch die Füchse Berlin hatten ihn in ihren Nachwuchs holen wollen, nachdem er sich bei einem Sichtungsturnier des Deutschen Handballbunds ins All-Star-Team gespielt hatte. Schlussendlich hat sich der 15-Jährige aber für den heimatnäheren Verein entschieden. „In dem Internat gibt es nur acht Plätze, alles wirkt sehr familiär, das hat mir zugesagt.“Gesehen hat More das Gelände noch nicht. Wegen der Corona-Krise gab es für ihn keine Besichtigung und auch kein Probetraining vor Ort. Ein Videotelefonat mit dem Trainer genügte.
Beim TSV Niederraunau, wo More in der B- und C-Jugend spielte, ist man nicht überrascht, dass die „Junglöwen“den Torschützenkönig der Bayernliga unbedingt haben wollten. „Dass es in diese Richtung geht, war mir schon klar, als ich ihn zum ersten Mal habe spielen sehen“, sagt Markus Waldmann. Er hatte den damals 13-Jährigen bei einem
Ligaspiel gesehen und ihn vom TSV Ottobeuren nach Niederraunau gelotst. „Ich dachte mir damals: Dieser kleine Zwerg hat echt Talent. Er war eineinhalb Köpfe kleiner als alle anderen, aber ich habe selten jemanden gesehen, der in seinem Alter auf Linksaußen so hervorsticht.“
In der vergangenen Saison wurde More unter Coach Stephan Hofmeister zum Führungsspieler im Rückraum der Raunauer B-Jugend, die sich auf Platz drei der Bayernliga spielte und so erstmals an der Qualifikation zur A-Jugend-Bundesliga teilnehmen darf. Dieses Vorhaben hätte man eigentlich beim TSV mit David More gemeinsam angehen wollen. „Unser Ziel ist, in den nächsten beiden Jahren in der Bundesliga zu spielen. Da fehlt uns so ein Spieler schon. Wir werden Zeit brauchen, um das zu kompensieren“, sagt Hofmeister. Dennoch sei ihm niemand im Verein böse. „Jeder versteht das. Ein Angebot von den Löwen ist sehr selten, das ist deutschlandweit eine der Top-Ausbildungsadressen. Ich hätte ihm auch dazu geraten, es zu machen.“Klar ist für den erfahrenen Handball-Coach aber auch: Auf seinen ehemaligen Schützling kommt jetzt eine Menge Arbeit zu. „Er ist ein Ausnahmetalent, aber er muss jetzt auch was draus machen. Das ist körperlich deutlich anspruchsvoller als bisher.“
Dem ist sich David More durchaus bewusst. Schon jetzt geht er fünf Mal pro Woche ins Mannschaftstraining, hat sich zu Hause einen Kraftraum eingerichtet und trainiert seit Jahren viele Abende mit seinem Vater auf dem heimischen Dachboden. „Wir haben da ein kleines Tor aufgebaut und üben Trickwürfe“, erzählt der 15-Jährige. Stephan Hofmeister ist überzeugt, dass diese individuelle Förderung durch
Vater Mihaly More ein Schlüssel zum Erfolg des Sohnes ist. Schließlich brachte der Ungar selbst jahrelang als Außenspieler gegnerische Torhüter zur Verzweiflung. „David ist technisch sehr stark, das ist auf Außen sehr gefragt“, lobt Hofmeister. „Das lernst du aber nicht im Mannschaftstraining, dafür ist da keine Zeit. Das musst du zu Hause üben, stundenlang. Das haben die beiden gemacht. Deshalb glaube ich, dass David bei den Junglöwen eine gute Rolle spielen kann.“
Aktuell bereitet sich More auf seine Abschlussprüfungen in der Realschule vor. Danach steht der Umzug ins Internat an. Ob die Reise irgendwann auch in die Bundesliga führt, muss sich zeigen. Sollte es nicht klappen, gibt es auch schon einen Plan B. „Dann mache ich vielleicht neben dem Handball eine Ausbildung. Ein Handwerk kann ich mir gut vorstellen.“