Klimaschützer statt Klimakiller
Bundesliga Entwicklungsminister Gerd Müller möchte, dass die Bundesliga Nachhaltigkeit und Ökologie mehr in den Fokus nimmt. Hoffenheim und die Bayern gehen voran
Hoffenheim Noch fehlt es in den Lizenzierungsbedingungen der Deutschen Fußball Liga (DFL) für die Fußball-Profiligen an konkreten ökologischen Faktoren, an Bezug zum Thema Nachhaltigkeit. So schnell dürfte sich daran mit Blick auf die finanziellen Engpässe durch Corona auch nichts ändern. Zwei, drei Prozent der TV-Erlöse für den Klimaschutz abzugeben, das erscheint auch Dietmar Hopp als Mehrheitsgesellschafter der TSG Hoffenheim derzeit illusorisch. Doch es gibt ja auch eine Zeit nach einer Pandemie. Eine Kopplung der TV-Gelder ans Thema Nachhaltigkeit ist für Dietmar Hopp „ein weitreichender Schritt, den man nach der Corona-Krise angehen sollte. Mit Absichtserklärungen sollte man es nicht belassen“, sagt der 80-Jährige, der als Mäzen der TSG Hoffenheim bekannt wurde.
Um Absichtserklärungen ging es auch am Dienstagvormittag bei einem virtuellen Pressegespräch, an dem unter anderem Bundesminister Gerd Müller (Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit) und Geldgeber Dietmar Hopp teilnahmen. „Wir sind gefordert, die Klimakatastrophe abzuwenden“, sagt der 80-jährige SAP-Milliardär: „Lasst uns zeigen, dass der Sport bereit ist für echten Klimaschutz.“
Wer als Bundesminister den Namen des wohl größten deutschen Stürmers aller Zeiten trägt, dem mangelt es natürlich nicht an Fußball-Bezug. Gerd Müller, der Ältere, sang ja einst: Dann macht es bumm, ja und dann kracht’s. Und alles schreit: der Müller macht’s.
Minister Müller hatte deshalb auch im Videogespräch die Rolle des drängenden Stürmers, des Machers, dem es ums Toreschießen und Ziele geht. Schließlich finden drei Partien der Fußball-EM 2021 und die EM 2024 hierzulande statt. „Es wäre ein Nachhaltigkeitssignal, wenn Deutschland die EM klimaneutral stellen würde“, sagt der Minister Müller. Das heißt, sämtliche durch die EM-Spiele verursachten CO2-Emissionen sollten finanziell kompensiert werden. „Das wäre ein genialer Kontrapunkt zur WM in Katar 2022, die ein Klimakiller ist“, sagt Gerd Müller. Bei der WM werden die Stadioninnenräume künstlich heruntergekühlt. Wobei man natürlich mit dem noch kurzfristigeren Blick voraus festhalten muss: Das derzeit noch geplante Vielflieger-Format der EM 2021 mit Partien von Schottland bis Aserbaidschan erscheint weder pandemienoch klimaschutzkompatibel. Müllers weitere Forderung: „Die Bundesliga sollte sich klimaneutral stellen, sich in der aktuellen Krise ein neues Image geben.“
Nun ist das in Zeiten ohne Fans im Moment notgedrungen einfacher denn je. Das Klima ist sozusagen ein
Gewinner der Geisterspiele. Denn die Fanreisen entfallen aktuell, damit auch rund 7800 Tonnen CO2, die Fans an einem normalen Spieltag der ersten Bundesliga verursachen. Das geht aus einer Kurzstudie der Nachhaltigkeitsexperten von Co2OL hervor, einer Klimaschutzberatung für Unternehmen. Zwei Drittel davon entfallen auf die Anund Abreise der Zuschauer. 48 Fußballfelder voll mit 60000 Bäumen müsste man pflanzen, um das auszugleichen. Woche für Woche.
Solche Bäume pflanzt unter anderem auch die TSG Hoffenheim. Allerdings nicht im Kraichgau, sondern in Afrika. „Denn hier sind die Folgen des Klimawandels am ehesten zu sehen“, sagt Stefan Wagner als Vorsitzender des Vereins Sports for Future. Seit August 2019 agiert die TSG eigenen Angaben zufolge klimaneutral, der Kraichgau-Klub gleicht auch bei Bundesligaspielen die Emissionen der anreisenden Teams und Schiedsrichter aus. Fanartikel werden zudem klimaneutral und nachhaltig in Afrika produziert.
Auch der FC Bayern München hat sich ein Klimaziel gesetzt. Der deutsche Branchenprimus möchte seinen CO2-Fußabdruck bis 2030 kompensiert haben, wie Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge in einem kurzen Einspielfilmchen verkündete. „Grün sollte in der Bundesliga nicht nur Werder Bremen sein“, sagt CSU-Mann Gerd Müller. „Wenn Hoffenheim vorangeht und sich der FC Bayern einen Ruck gibt, NachhaltigkeitsWeltmeister zu werden, machen es auch andere“, hofft Müller.