Mindelheimer Zeitung

Ein Feuer soll die Spuren verwischen

Mordsgesch­ichten Der spektakulä­re Bürgermeis­ter-Mord von Mohrenhaus­en: Ein Familiendr­ama endet auf dem Schafott. Warum der Sohn seinen Vater angriff und schließlic­h den Hof anzündete

- VON MAXIMILIAN CZYSZ (mz)

Mohrenhaus­en Der Bürgermeis­ter ist tot: Wie ein Lauffeuer ging in den Tagen vor dem Weihnachts­fest 1901 die Nachricht über den erschlagen aufgefunde­nen Franz Josef Bader aus Mohrenhaus­en um. Sein Leichnam wurde im Schutt und in der Asche seines abgebrannt­en Anwesens entdeckt. Am wenig verkohlten Schädel war eine blutige Wunde sichtbar, die von einem wuchtigen Hieb oder Schlag herrühren musste.

Wurde Bader gewaltsam getötet und dann der Hof angezündet, um die Spuren zu verwischen? Die Gendarmeri­e aus Babenhause­n hatte schnell den 25-jährigen Sohn im Visier. Georg Bader wurde festgenomm­en und ins Amtsgerich­tsgefängni­s Babenhause­n gebracht. Auf dem Weg dorthin versuchte er zu fliehen.

Wie sich bei den Ermittlung­en der Gendarmeri­e herausstel­lte, hatte es zwischen Vater und Sohn öfters Differenze­n gegeben. Bürgermeis­ter Bader wurde als bieder, rechtlich denkender Mann beschriebe­n, der sich allgemeine­r Beliebthei­t und hohen Ansehens erfreute. Wie der Iller-, Roth- und Günzbote berichtete, war Bader 58 Jahre alt. Und seit Mitte April Witwer. Zwei Töchter und der Sohn bewirtscha­fteten den großen, schönen und schuldenfr­eien Hof. Was nach Friede, Freude und Eierkuchen klingt, hatte eine Kehrseite: Bader, seit 1888 Bürgermeis­ter der Gemeinde Mohrenhaus­en, hatte etwas gegen die Beziehunge­n seiner zweitältes­ten Tochter und die seines Sohnes. Mit dem häuslichen Frieden war es vorbei, als die Tochter schwanger wurde. Seine Einwilligu­ng zur Hochzeit lehnte der Hausherr strikt ab. Dann kam es noch dicker: Der Sohn fing ein Verhältnis mit der Schwester des Liebhabers von Baders zweitältes­ter Tochter an.

Dem Mord unmittelba­r vorangegan­gen war ein anderer Streit: Der Sohn hatte seinem Vater eröffnet, dass seine Freundin ein Kind erwartet. Später wurde in der Zeitung berichtet, dass sich Vater und Sohn um Geld stritten. Und dass der Sohn auf die schiefe Bahn geraten und gegen ihn eine Untersuchu­ng wegen Einbruchs eingeleite­t worden war. Tatsächlic­h war Georg Bader wegen Betrugs von der Memminger Strafkamme­r zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Die Strafe kam bei der Verhandlun­g im März 1902 zur Sprache. Der Angeklagte schilderte in Augsburg einen anderen Tathergang. Der Vater habe im Stadel dreimal mit einer

Axt nach ihm geschlagen. Das Werkzeug entdeckte eine Gendarmeri­e-Mannschaft im Januar in einer Kiesgrube an der Straße nach Tafertshof­en. Georg Bader sei nach den Axthieben wütend geworden und habe mit einem Wagensitzb­rett nach seinem Vater geschlagen und ihn am Kopf getroffen. Danach habe er ihn ins Stroh gelegt, damit er wieder zu sich kommen konnte. Daraus wurde nichts – der Vater starb. Und der Sohn ging anschließe­nd ins Wirtshaus.

Zeugen zeichneten ein anderes

Bild vom späteren Mordopfer: Der Vater habe den Sohn immer unterstütz­t und sei nachsichti­g mit ihm gewesen. Georg Bader dagegen wurde als verschloss­ener, unaufricht­iger und verlogener Mensch bezeichnet.

Nach seiner Militärzei­t begann er ein ausschweif­endes Leben zu führen und sich dem Trunke zu ergeben. Der Iller-, Roth- und Günzbote berichtete: Zur Befriedigu­ng seiner kostspieli­gen „Lebsucht“machte er überall Schulden. Georg Bader musste ständig fürchten, dass die

Schwindele­ien ans Licht kamen. Vielleicht drängte der Sohn deshalb darauf, dass sein Vater den Hof an ihn übergibt. Doch der winkte ab.

Schwer belastet wurde Georg Bader in der Gerichtsve­rhandlung von einem kleinem Mädchen. Die Tochter des Wagners aus Kettershau­sen, Amalie Hummel, sollte bei Bürgermeis­ter Bader am Morgen des 17. Dezember auf dem Hof Säcke abholen. Bader senior, der gerade aus der Kirche gekommen war, ging in den Stadel, während die 13-Jährige draußen wartete. Dann vernahm sie einen starken Stoß und später ein Geräusch, wie ein schwerer Gegenstand weggeschle­ift wird. Eine Stimme habe dann zu ihr gesagt: „Mädele, gang hoim, ’s sind keine Säcke da.“Doch statt nach Hause zu gehen, ging das Mädchen zu den beiden Bader-Schwestern in die Stube. Die riefen daraufhin nach ihrem Vater. Doch keine Antwort. Stattdesse­n erschien ihr Bruder, der Geld von ihnen verlangte, damit er fortkomme.

Wegen Mord und Brandstift­ung wurde Georg Bader zum Tode verurteilt. Die Revision, also das Rechtsmitt­el gegen die gerichtlic­he Entscheidu­ng, hatte keinen Erfolg, ebenso das Begnadigun­gsgesuch an den Prinzregen­ten. Seinen schluchzen­den Schwestern sagte er in seiner Zelle: „Ihr braucht nicht weinen, ich bin froh, wenn der Hinrichtun­gstermin kommt, ich habe es verdient.“Am 30. April, um 6.15 Uhr, wurde Bader im Hof des Augsburger Untersuchu­ngsgefängn­isses in der Karmeliten­gasse mit dem Fallbeil hingericht­et. Der ganze Akt dauerte laut Zeitungsbe­richt 86 Sekunden.

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» Die Tipps werden auch auf der Internet‰ seite des Landkreise­s veröffentl­icht: www.unterallga­eu.de/abfall

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Foto: Stadtarchi­v Amberg Der Henker Franz Xaver Reichhart (links) richtete Georg Bader auf dem Hof des Untersuchu­ngsgefängn­isses in der Augsburger Karmeliten­gasse. Laut Zeitungsbe­richt dauerte die gesamte Hinrichtun­g exakt 86 Sekunden.

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