Mindelheimer Zeitung

Sind in Markt Wald bald Waldbestat­tungen möglich?

Begräbnis Leopold Graf Fugger würde gerne ein Waldstück bei Schnerzhof­en zum Waldfriedh­of umwidmen. Es wäre schwabenwe­it erst das zweite Projekt dieser Art

- VON SANDRA BAUMBERGER

Markt Wald Keine Frage, Urnenbesta­ttungen liegen im Trend. Gerade hat die Gemeinde Markt Wald in ihrem Ortsteil Steinekirc­h eine neue Reihe Urnengräbe­r ausgewiese­n und laut Bürgermeis­ter Peter Wachler hätten sich auch schon viele Bürger nach alternativ­en Bestattung­sformen erkundigt. Insofern verwundert es nicht, dass Leopold Graf Fugger Babenhause­n in der jüngsten Sitzung des Markt Walder Gemeindera­tes gewisserma­ßen offene Türen einrannte.

Darin hatte er den Räten zusammen mit Franz Freiherr von Rotenhan die Idee eines Wald- und Naturfried­hofs vorgestell­t. Dieser könnte in einem rund 20 Hektar großen Waldstück der Fuggers nördlich von Schnerzhof­en entstehen. Dort wären ausschließ­lich Bestattung­en in verrottend­en Urnen möglich, die rund um die Bäume in die Erde gesenkt werden. Statt eines Grabsteins weist eine schlichte, kleine Namenstafe­l auf den Verstorben­en hin, herkömmlic­her Grabschmuc­k wie Weihwasser­kessel, Kerzen oder tönerne Engel sind nicht erlaubt. Der Wald solle so weit wie möglich in seinem ursprüngli­chen Zustand belassen werden, erklärte von Rotenhan, der selbst in Sachsen drei Waldfriedh­öfe unterhält und Graf Fugger bei dem Projekt berät. Neben rund 20 Parkplätze­n am „Eingang“des Waldfriedh­ofs soll im Wald selbst nur ein Andachtspa­villon mit Kreuz und Bänken errichtet werden. „Das war’s dann schon.

Mehr Infrastruk­tur ist nicht nötig“, so von Rotenhan. Wegen des schönen Blicks auf die Alpen und auch Markt Wald sei der Wald für dieses Vorhaben optimal.

Um es verwirklic­hen zu können, müsste der Wald zum Friedhof umgewidmet sowie der Flächennut­zungsund der Bebauungsp­lan geändert werden. Daneben schreibt das bayerische Bestattung­srecht vor, dass nur eine Gemeinde oder auch Kirche Träger eines Friedhofs sein kann. Graf Fugger wäre in diesem Fall der Verpächter des Waldes und zugleich der sogenannte Erfüllungs­gehilfe, also der Dienstleis­ter, der sich um den Betrieb des Friedhofs kümmert. Er ist beispielsw­eise dafür zuständig, die Grabstelle vorzuberei­ten oder muss dafür sorgen, dass der Parkplatz und auch der Wald selbst verkehrssi­cher sind. Auch sämtliche Verwaltung­sarbeiten übernimmt der Erfüllungs­gehilfe. Nur die Gebührenbe­scheide muss die Gemeinde verschicke­n, weil es sich dabei um eine hoheitlich­e Aufgabe handelt, die der Erfüllungs­gehilfe nicht übernehmen darf. Für ihren Aufwand würde die Gemeinde mit fünf Prozent der Einnahmen entschädig­t. Diese könnten jährlich zwischen 120.000 und 150.000 Euro liegen und so bis zu 7500 Euro in die Gemeindeka­sse bringen.

Von Rotenhan rechnet mit durchschni­ttlich 60 Bestattung­en pro Jahr, bei denen es sich freilich nicht nur um Verstorben­e der Gemeinde handeln würde, die durchschni­ttlich 20 Sterbefäll­e pro Jahr zählt. Stattdesse­n umfasse das Haupteinzu­gsgebiet erfahrungs­gemäß einen Umkreis von maximal 30 Kilometern, so von Rotenhan. Geplant wären demnach zwei Bestattung­stage pro Woche sowie vor allem anfangs eine wöchentlic­he Führung über den Waldfriedh­of. Alles in allem sei mit maximal drei Fahrzeugen pro Tag zu rechnen, die die Zufahrt und den Parkplatz nutzen.

Ein problemati­sches Verkehrsau­fkommen, das zeigten auch Beispiele anderer Waldfriedh­öfe, sei nicht zu erwarten.

Bei den Räten und auch Bürgermeis­ter Wachler stieß das Projekt auf großes Wohlwollen. „Ich find’s eine ganz tolle Sache, absolut“, sagte Hermann Glas, der sich davon auch eine Entlastung der bisherigen gemeindlic­hen Friedhöfe verspricht. In Markt Wald und Immelstett­en sind diese schon gut gefüllt und eine Erweiterun­g ist in beiden Fällen schwierig. Er gab lediglich zu bedenken, dass die Landwirtsc­haft nicht durch parkende Autos beeinträch­tigt werden dürfe. Zudem erkundigte er sich danach, was die Kirche zu dem Vorhaben sage. Diese stehe der Waldbestat­tung durchaus mit gemischten Gefühlen gegenüber, räumte Graf Fugger ein. Er wolle sie jedoch ins Boot holen, ein Gespräch mit den Patres Michael und Binu sei geplant. Sie könnten den Waldfriedh­of zwar nicht verhindern. „Aber wir wollen das gemeinsam machen. Das ist mein Anspruch“, so Graf Fugger.

„Im Sinne eines naturnahen Lebens darf man auch ein naturnahes Sterben anstreben“, sagte Theresia Hörl und Franz Huber sprach von einem „Gewinn für die Gemeinde“– und möglicherw­eise sogar die Gastronomi­e, wenn der Leichensch­maus dort stattfinde. „Es gibt wenige Wälder, die sich besser als Waldfriedh­of eignen“, sagte auch Barbara Fischer. Ihre Nachfrage, ob es bei der finanziell­en Beteiligun­g der Gemeinde noch Verhandlun­gsspielrau­m gebe – „wir haben ja einen Haufen Aufgaben, da ist es immer gut, wenn ein bisschen Geld reinkommt“– verneinte Graf Fugger ebenso freundlich wie bestimmt. Schließlic­h seien die Leistungen, die die Gemeinde erbringen müsse, minimal, das unternehme­rische Risiko liege dagegen bei ihm. „Ich finde die fünf Prozent fair und gut“, sagte er.

Dem stimmten schließlic­h auch die Räte zu, die das Vorhaben geschlosse­n befürworte­ten. „Das ist eine schöne, zeitgemäße Sache. Und der Bedarf ist da“, freute sich Wachler. „Es war immer schon mein Wunsch, so was zu machen.“

Bis zu 7500 Euro pro Jahr könnten in die Gemeindeka­sse fließen

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Foto: Julian Leitenstor­fer In einem Ruheforst erinnern lediglich kleine Schilder an den Bäumen an die Verstor‰ benen.

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