47 Jahre lang der „Ruhepol“im Türkheimer Rathaus
Porträt Brunhilde Unglert war für viele das Gesicht des Türkheimer Rathauses. In ihrer Zeit als Chefsekretärin hat sie viel erlebt – und das nicht nur durch den rasanten Wandel der Bürotechnik. Jetzt geht sie in den Ruhestand. Zumindest fast
Türkheim 47 Jahre hat sie im Dienst des Türkheimer Rathauses gestanden und dabei sechs verschiedene Chefs gehabt. Jetzt geht Brunhilde Unglert (65) in den Ruhestand. Es ist ein Generationswechsel, der im Rathaus stattfindet.
Die Kollegin Nadine Magg aus Türkheim übernimmt ab dem 1. März 2021 die Aufgaben von Brunhilde Unglert. Diese ist gebürtige Türkheimerin. Als ausgebildete Industriekauffrau hatte sie sich für die Stelle der Chefsekretärin im Türkheimer Rathaus beworben und konnte diese Stelle am 1. Januar 1974 unter Bürgermeister Josef Zacher antreten.
Unter ihrem zweiten Chef Wendelin
„Es war eine schöne
Zeit im Rathaus.“
Brunhilde Unglert
Hailer gab es den Umzug vom alten in das neue Rathaus. Der nächste Bürgermeister Anton Schäffler war ein ehemaliger Kollege vom Bauamt. Die längste Zeit unter ein und demselben Bürgermeister verbrachte Brunhilde Unglert mit Silverius Bihler, ganze 18 Jahre. Der nächste Bürgermeister war dann der erste Chef, der „jünger war als ich“.
Im Jahr 2014, als Sebastian Seemüller seinen 40. Geburtstag feierte, durfte sie ihr 40-jähriges Dienstjubiläum begehen. Erstmals die Amtsperiode vom jetzigen Bürgermeister Kähler wird sie nicht mehr bis zum Ende begleiten.
Über eine so lange Zeit mit demselben Arbeitgeber, aber insgesamt sechs verschiedenen Chefs, kann Brunhilde Unglert viel erzählen. In mehreren Bereichen, wie beispielsweise bei den ihr übertragenen Aufgaben und der Bürotechnik, habe es einschneidende Veränderungen gegeben. Der Weg in moderne Verwaltungsstrukturen während weniger Jahrzehnte wird so eindrucksvoll illustriert.
Brunhilde Unglert erzählt, dass anfangs die einzelnen Sachgebiete in der Rathausverwaltung mit jeweils einer Person besetzt waren. Inzwischen seien mehr als doppelt so viele Mitarbeiter beschäftigt. Sie erinnert sich, dass sie damals für sehr vieles zuständig gewesen sei.
Bei Abwesenheit des Bürgermeisters sei sie die Ansprechpartnerin am Telefon und persönlich gewesen. Trotzdem habe auch sie die Arbeitsverdichtung zu spüren bekommen, über einen längeren Zeitraum, „fast unmerklich“, sagt sie. Auf die Frage, wie sie all diese Herausforderungen bewältigen konnte, benutzt sie den Begriff „Work-Life-Balance“.
Ausgeglichenheit sei für sie sehr wichtig gewesen und sei es noch. Ihr großes Belastbarkeitsreservoir hätten ihre Chefs immer sehr geschätzt.
Zu den Herausforderungen in den einzelnen Verwaltungsbereichen sei die rasante Entwicklung neuer Büro-Techniken gekommen.
Brunhilde Unglert erinnert sich an den Anfang mit Wachsmatrizen und an vierfache Durchschläge mit Kohlepapier. Dann erschienen erstmals Faxgeräte und als technische Revolution die Bildschirm-Schreibmaschine. Das Tipp-Ex-Fläschchen konnte jetzt in der Schublade bleiben. Und die Beschleunigung gehe weiter, wenn die Computer-Software
regelmäßig angepasst werden müsse. Brunhilde Unglert wohnt mit ihrem Mann in Türkheim. Schon ihre Eltern waren im Ort bekannt. Die erwachsenen Kinder wohnen in der Nähe.
Kontakte zu den Türkheimer Bürgerinnen und Bürgern, über so lange Zeit gewachsen, und die vielen interessanten Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen sind die sehr schöne Seite ihrer Tätigkeit im Rathaus.
Viele Rathausbesucher wissen die Kompetenz, Hilfsbereitschaft und Zuverlässigkeit von Brunhilde Unglert zu schätzen, auch unter Kollegen. „Ich habe immer noch Kontakt zu vielen meiner Kolleginnen und Kollegen, am längsten zu einer ehemaligen Standesbeamtin. Sie ist inzwischen 96 Jahre alt“, erzählt
Brunhilde Unglert. Danach gefragt, was sie als Erstes in der neuen Freiheit mache, lacht sie und meint: „Ich lass mir einen Termin beim Friseur geben!“
Und als Zweites? Da muss sie eine Weile überlegen und meint dann, dass sie gerne ihr Französisch aufpolieren wolle. Und schwärmt von Frankreich, der Bretagne und der Normandie, von dort, wo die Familie viele Urlaube verbracht hat.
„Es war eine schöne Zeit im Rathaus.“So will sie sich von ihren Kolleginnen und Kollegen verabschieden, wenn schon eine gemeinsame Abschiedsfeier nicht stattfinden kann. Und ganz aus dem Beruf wird sie auch nicht gehen: „Die Sitzungsprotokolle für den Markt Türkheim mache ich weiter. Ich bin da einfach drin, seit 28 Jahren.“