Der große Urlaubsfrust
Corona Seit Monaten sind in Bayern die Hotels geschlossen. Die Betreiber sind verzweifelt, Urlauber enttäuscht. Viele wollen jetzt nach Mallorca. Kann das klappen oder kommt ein neues Verbot?
Augsburg Im Hotel Roswitha ist es still. Das kleine Haus in der Fußgängerzone von Bad Wörishofen, gleich neben dem Kneipp-Denkmal, ist in der Zwangspause – genau wie tausende andere Betriebe in Bayern auch. „Ich wünsche mir eine Perspektive“, sagt Franz-Peter Schmid, der Chef des Kurhotels. Normalerweise wäre das Haus um Ostern herum ausgebucht. „In diesem Jahr ist das ein Totalausfall“, sagt Schmid.
Hotelbesitzer im ganzen Freistaat würden das wohl so oder so ähnlich formulieren. Denn seit Monaten gibt es ein Beherbergungsverbot für Touristen, nur Geschäftsreisende können ein Zimmer buchen. „Aber das Geschäft mit den Businessreisenden läuft eher schlecht als recht. Und die Überbrückungshilfen reichen nicht aus“, sagt Hotelier Schmid. Er versucht pragmatisch zu bleiben und – trotz allem – optimistisch: „Ich mache jetzt einige Zimmer neu. Das bietet sich ja an, wenn keine Gäste da sind.“
Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotelund Gaststättenverbands, redet nicht groß drum herum: „Die Lage ist sehr verzweifelt. Umfragen zeigen, dass mehr als 70 Prozent der Betreiber Angst um ihre Existenz haben. Ein Viertel denkt über eine Betriebsaufgabe nach.“Deswegen, so Geppert weiter, brauche man dringend eine Aufstockung der Entschädigungszahlungen. „Das ist das Mindeste“, sagt er.
Diese Verzweiflung, von der Geppert spricht, ist nicht nur bei Hotelbetreibern, Pensionsbesitzern oder Vermietern von Ferienwohnungen spürbar. Sondern auch bei denjenigen, die sich auf einen Osterurlaub gefreut hatten. In Deutschland wird daraus nichts werden. Woanders schon – möglicherweise.
Es ist jetzt knapp zwei Wochen her, dass Mallorca von der Liste der Risikogebiete gestrichen wurde. Seither gibt es einen wahren Buchungsboom, viele Menschen wollen auf die Baleareninsel reisen, wenn schon Urlaub im Bayerischen Wald nicht möglich ist. Dass aber so viele Menschen gerade jetzt, da die dritte Corona-Welle Fahrt aufnimmt, ins Ausland wollen, das bereitet der Bundesregierung – und auch vielen Bürgern, die aus Angst vor einer Infektion lieber zu Hause bleiben – Sorgen. In Berlin prüft man nun, ob Reisen in beliebte Urlaubsgebiete im Ausland vorübergehend unterbunden werden können. Im Bundesjustizministerium gibt man sich bisher aber äußerst zurückhaltend, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Justizministerin Christine Lambrecht sehe da „sehr hohe Hürden“, heißt es.
Walther Michl, Jurist am Institut für Politik und Öffentliches Recht an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hat sich mit diesen Hürden befasst. „In der Erweiterung des Infektionsschutzgesetzes vom November steht, dass das Untersagen oder Beschränken von Reisen möglich ist“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das Problem dabei ist, dass für diese Maßnahmen die Länder zuständig sind. Wir bräuchten also 16 Landesverordnungen, die Reisen ins Ausland verbieten.“Wenn sich alle einig seien, wäre das politisch denkbar. Doch die Gefahr, dass ein Oberverwaltungsgericht so ein Verbot kippen würde, sei groß. „Ich halte es deswegen für sehr unwahrscheinlich, dass ein Verbot für Auslandsreisen kommt“, sagt Michl. Zumal es auch noch andere Möglichkeiten gebe, um Touristen vom Urlaub abzuhalten. Am Freitag soll laut Michl ein neues Gesetz verabschiedet werden, dem zufolge der Bund selbst eine Quarantäne anordnen kann – bisher haben das die Länder getan. „Das wäre eine Alternative, um Reisende abzuschrecken“, sagt der Jurist.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder blickt skeptisch auf ein mögliches Reiseverbot. Er habe seine Zweifel, ob das rechtlich durchsetzbar sei, sagte er am Donnerstag im ZDF und verwies dabei auf die Rücknahme der zunächst geplanten Osterruhe. Man müsse nach dieser Erfahrung erst einmal abwarten, was da „an rechtlichen Optionen da ist“. In seiner Regierungserklärung am Mittwoch sagte er, es sei das Minimum, „dass jeder, der Deutschland verlässt und wiederkommt, dann einen negativen Test vorlegen muss“. Das ist bereits entschieden. Ab Sonntag soll die generelle Einreise-Testpflicht für Flugpassagiere gelten. Söder wünscht sich aber mehr: „Mir wäre es lieber, uns würden noch ein paar andere Maßnahmen einfallen.“Es sei „einfach für die Menschen schwer verständlich und akzeptabel, dass man bei uns kein Ferienhaus und keine Ferienwohnung buchen kann und umgekehrt auf Mallorca großen Urlaub machen kann.“
Darüber, dass die Hotels auf Mallorca gut besucht sind, während bayerische Hotels geschlossen bleiben, kann auch Daniel Stoiber nur den Kopf schütteln. „Das ist völlig unverständlich“, sagt er. Im Herbst 2019 hat er in Höchstädt im Landkreis Dillingen das Hotel Glocke um zehn Zimmer erweitert. Dann kam Corona. „Wir haben derzeit 20 Prozent des normalen Umsatzes.“Ein bisschen helfen ihm die Geschäftsreisenden. Die vielen Urlauber aber, die im Frühjahr in normalen Jahren in die Region kommen, um den Donauradweg entlangzufahren oder den Premiumwanderweg zu laufen, die fallen weg. Doch ein normales Jahr ist das eben nicht. Und so müssen Stoiber und die vielen tausend Hoteliers in Bayern wohl weiter ausharren.
Regierung prüft, ob man Reisen unterbinden kann