Die Kneippstadt ist international
Stadtentwicklung Vor der Ankunft Kneipps war Bad Wörishofen ein Bauerndorf. Seither haben immer mehr Menschen aus dem Ausland hier eine neue Heimat gefunden – und Spuren hinterlassen. Derzeit ist ein Wandel sichtbar
Bad Wörishofen War die Kurstadt noch vor rund 150 Jahren ein kleines Bauerndorf, so ist es heute eine international vielfältige Kommune. Als zu Zeiten von Pfarrer Sebastian Kneipp meist hochrangige Gäste aus dem Ausland in das Dorf strömten und die Infrastruktur danach in kurzer Zeit umgekrempelt wurde, erregte das natürlich großes Aufsehen und führte auch zu unterschiedlichen Diskussionen.
Während etliche Mitbürger damals eher Angst vor dem drohenden Untergang des Dorfes hatten, sprangen andere bereitwillig auf den Zug des als großen Fortschritt angesehenen Geschehens auf. Was daraus geworden ist, ist inzwischen bekannt – zumal, wenn heuer der 200. Geburtstag von Pfarrer Kneipp gefeiert wird.
Sicher nicht vorstellen können hätten sich die damaligen Einwohner,
dass sich die Kommune bis heute zu einer internationalen Stadt mit einem großen Anteil an ausländischen Mitbürgern entwickeln würde. Die letzte Einwohnerstatistik zum Ende des Jahres weist 3105 ausländische Staatsbürger aus kaum vorstellbaren 95 Ländern aus. Das entspricht bei einer Bevölkerungszahl von nunmehr über 17.000 immerhin einem Anteil zwischen zehn und 20 Prozent. In den 50er- und 60er-Jahren waren es hauptsächlich italienische und griechische Gastarbeiter, die nach Bad Wörishofen kamen. Danach wurden diese in den Zahlen von den türkischen Mitbürgern deutlich überholt. Diese stellten dann auch über etliche Jahre meist die größte Gruppe an Bürgern mit anderer Nationalität dar. In den letzten Jahren jedoch hat sich dies deutlich geändert. Jetzt sind es hauptsächlich die osteuropäischen Länder, aus denen Menschen hierher kommen.
Die klar stärksten Gruppen sind inzwischen die Rumänen mit 441 und die Kroaten mit 396 Personen. Es folgen danach weitere osteuropäische Länder wie Ungarn und Polen mit 268 beziehungsweise 211 Mitbürgern. Die Stadt ist offensichtlich begehrt, sowohl als Arbeitsplatz, als auch als Wohnort. Viele dieser Bewohner haben sicher hier ihre Arbeitsstätte, doch für andere wiederum dürfte die Stadt nur Wohnort sein, zur Arbeit aber pendeln sie in die nähere oder weitere Umgebung. Etliche frühere Kurheime dienen inzwischen hauptsächlich als Wohnstätten für diese wichtigen Arbeitskräfte, ohne die wohl manches auch in der Kneippstadt nicht mehr funktionieren würde. Diese Kurheime bieten sich natürlich an, verfügen sie doch meist über einzelne, gut bewohnbare Zimmer. Bei den Arbeitskräften denke man dabei nur an Pflegekräfte, an Gaststätten oder im Handwerk und im Baugewerbe. Allein ein großes Unternehmen beschäftigt rund dreißig rumänische Bürger als wichtige LkwFahrer. Der Anteil türkischer Mitbewohner beläuft sich dagegen derzeit nur noch auf 168, von denen wohl die meisten hier inzwischen ganz sesshaft geworden sind. Ähnliches dürfte auch für die 95 Italiener und 210 Griechen gelten. Weitere Länder aus Osteuropa mit größerer Anzahl sind Bulgarien und Mazedonien. Der Grund für diese Trendwende hin zu Osteuropa ist wohl in der Mitgliedschaft dieser Länder in der EU, was den Aufenthalt deutlich erleichtert. Eine weitere Rolle dürfte natürlich auch der Flughafen in Memmingen spielen, der ja viele Ziele in Osteuropa direkt anfliegt und so die Heim- und Rückreise erleichtert. Nicht vergessen werden sollten in diesem Zusammenhang die gegenwärtigen und schon sesshaft gewordenen Asylbewerber. Die größte Zahl dabei bilden die Syrer mit 111, die aus dem immer noch nicht befriedeten Kriegsland kamen. Etliche von ihnen haben sich inzwischen hier gut integriert und gehen verschiedenen Berufen nach. Die Zahl der Asylbewerberunterkünfte ist auf nur noch ganz wenige zurückgegangen. Gemeldet waren unter anderem zuletzt noch 25 Bürger aus Eritrea, fünf Somalier, fünf Pakistani, acht Nigerianer und drei Kenianer. Als noch viele unbegleitete Jugendliche hier eine Unterkunft fanden, bildeten gerade solche aus Pakistan noch eine größere Gruppe.
Was also einst mit Pfarrer Kneipp an Internationalität im beschaulichen schwäbischen Dörfchen begonnen hat, hat innerhalb von etwa eineinhalb Jahrhunderten zu einer erstaunlichen Entwicklung geführt. Dies zeigt jedoch auch auf, dass bis auf wenige Ausnahmen das Zusammenleben vieler Nationalitäten durchaus harmonisch oder zumindest relativ unauffällig möglich ist. Toleranz sollte dazu natürlich eine wichtige Voraussetzung sein.
3105 ausländische Mitbürger aus 95 Ländern