Beistand in schwerer Zeit
Hospizarbeit Eine Unterallgäuerin hat einen Hirntumor. Eine Hospizbegleiterin des Vereins Sankt Elisabeth begleitet die Schwerkranke auf ihrem letzten Lebensabschnitt. Wie die Begleiterin und der Ehemann der Frau diese Zeit erlebt haben
Freiwillige vom Hospizverein St. Elisabeth begleiten Sterbende im Unterallgäu und in Memmingen auf ihrem letzten Weg. Mehr dazu heute auf
Memmingen/Unterallgäu Es waren nur drei Treffen, aber sie haben im Leben des 86-jährigen Unterallgäuers deutliche Spuren hinterlassen. Sie haben ihm Kraft gegeben und ihm in einer unfassbar schwierigen Zeit geholfen – sodass er nun sichtlich gerührt sagen kann: „Es war eine ganz wundervolle Erfahrung.“
Der Mann, der seine Geschichte nur anonym erzählen will, hat vor nicht einmal zwei Wochen seine Frau verloren. Sie hatte einen Hirntumor. In seinem Haus in einer Unterallgäuer Gemeinde pflegte er sie rund um die Uhr. „Meine Frau hat noch viel mitbekommen, aber sie konnte sich nicht mehr äußern, hat nur noch gemurmelt“, beschreibt er. Seine Töchter halfen ihm so oft wie möglich – und sie holten den Hospizverein St. Elisabeth dazu, als klar war, dass ihre Mutter nicht mehr lange leben würde.
„Wir wussten: Mama hat Papa gebraucht. Aber Papa brauchte auch jemanden“, beschreibt eine der erwachsenen Töchter. Von ihrer Schwägerin habe sie vom Hospizverein erfahren – und eine Mail dorthin geschrieben. „Telefonieren ging nicht, weil ich beim Gedanken an den Tod meiner Mutter Tränen in den Augen hatte.“
Die ehrenamtlichen Hospizbegleiter des Vereins besuchen Menschen, die bald sterben werden. Sie sprechen mit diesen über den Tod, bereiten sie so gut es geht darauf vor. Für die Angehörigen sind sie wichtige Stützen, jemand von außerhalb, mit dem diese ihre Sorgen und Ängste teilen können. „Wir sprechen mit ihnen darüber, wie sterben geht und wie die letzten Lebenstage aussehen könnten“, beschreibt Christine Peschke. Die gelernte Krankenschwester und Sozialpädagogin koordiniert die Arbeit der Hospizbegleiter des Vereins.
Bei ihr landete folglich die Mail der Tochter des 86-Jährigen. Pesch
ke besuchte die Familie. Bei so einem ersten Treffen versuche sie herauszufinden, welcher der etwa 75 Hospizbegleiter für diesen Fall der Richtige sei. „Das ist wie ein bunter Blumenstrauß, aus dem ich eine Blume herausziehe“, sagt sie.
Im Fall des 86-Jährigen entschied sich Peschke für Margot Jonak. Die Memmingerin hat schon etwa 20 Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt begleitet. „Ich bin vor sieben Jahren in Rente gegangen und habe mir überlegt, was ich mit dieser freien Zeit anfangen soll“, sagt Jonak. Dann habe sie in der Zeitung gelesen, dass der Verein Hospizbegleiter sucht. Für ihre neue
Aufgabe wurde Jonak ein Dreivierteljahr lang vom Hospizverein ausgebildet. Diese Zeit beschreibt sie als „sehr persönlich und intim“. Man setze sich mit dem eigenen Leben und Tod auseinander und komme sich selbst sehr nahe. Dennoch blieben bei Jonak, die vor ihrer Rente als Assistentin in der Geschäftsleitung eines Unternehmens gearbeitet hat, Zweifel, ob sie dieses emotionale Ehrenamt schafft. Doch als sie zum ersten Mal eine Frau in ihren letzten Tagen begleitete, „da habe ich gemerkt: Ich kann das“.
Als Jonak den 86-Jährigen besuchte, merkte sie schnell, dass vor allem er es ist, dem sie helfen kann.
„Die Frau lag sehr ruhig im Bett. Sie hat fast gar nichts gebraucht“, beschreibt Jonak. Und sie weiß: „Einen Angehörigen zu pflegen, das ist ein Vollzeitjob.“Doch mit welcher Hingabe der Mann das getan habe, habe sie berührt. Auch der 86-Jährige öffnet sich Jonak gegenüber schnell. „Es war eine große Freude zu wissen, da ist jemand, der einem helfen will“, sagt der Unterallgäuer. Er ist überzeugt, dass auch seine Frau diese Freude gespürt habe.
Manchmal sprachen die beiden am Küchentisch miteinander, manchmal saß Jonak bei der Frau am Bett – und verschaffte dem 86-Jährigen so eine kurze Auszeit,
etwa um zur Bank zu gehen. „Meine Frau ist sonst schon unruhig geworden, wenn ich nur in die Küche gegangen bin“, sagt er. Jonak begleitete den 86-Jährigen nur sehr kurz. Nach drei Treffen starb die Frau. Dennoch betont der Unterallgäuer: „Margot war mein Fels in der Brandung.“
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Woche für das Leben Mit dem The ma Leben und Sterben beschäftigt sich die „Woche für das Leben“der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangeli schen Kirche in Deutschland (EKD) vom 17. bis 24. April. In Memmingen findet als Auftakt am Freitag, 16. April, ab 19 Uhr eine Messe in der Josefskirche statt.