Personaldecke in den Kitas wird immer dünner
Erziehung In Amberg sorgten Engpässe zuletzt sogar dafür, dass die Schließung der Hortgruppe drohte. Entspannung ist hier in Sicht, doch auch in den anderen Wertachtal-Kindergärten sind Personalsorgen an der Tagesordnung
Wertachtal Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) spricht von der „Alarmstufe Rot!“und sieht das Betreuungsangebot von Kitas massiv beeinträchtigt. Auch im Wertachtal wird die Personaldecke in den Kindergärten in Türkheim, Wiedergeltingen, Amberg, Rammingen und Ettringen immer dünner.
Für den VBE-Vorsitzenden Udo Beckmann müssen hoch engagierte und teils über ihrer Leistungsgrenze arbeitende Pädagogen „die eklatanten Missstände in Kitas auffangen, die sie nicht zu verantworten haben“. Denn es sei die Politik, „die ihre Verantwortung sehenden Auges auf dem Rücken dieser Menschen ablädt, indem sie viel zu lange dringend notwendige Investitionen verweigert oder in der Regel nur in vergleichsweise homöopathischen Dosen verabreicht“.
Daher fordert der VBE die Politik auf, der „massiven strukturellen
Unterfinanzierung im frühpädagogischen Bereich“endlich langfristige und flächendeckende Investitionen entgegenzusetzen.
Für die Träger der Kindergärten im Wertachtal ist der Personalnotstand in den örtlichen Kindergärten längst Alltag und daran wird sich in nächster Zukunft auch nichts ändern: Türkheim hat mit Millionenaufwand zwei neue Kindergärten gebaut, Rammingen plant eine Erweiterung der Kita, Wiedergeltingen baut und hofft noch in diesem Herbst auf die Neueröffnung.
In Amberg machte zuletzt der Kinderhort des Kinderhauses Sorgen. Nachdem sich zwei Mitarbeiterinnen im Mutterschutz befinden, ist die Betreuungsstelle im Kinderhort vakant. Mehrere Stellenanzei
blieben zunächst unbeantwortet und sollte nicht kurzfristig Personal gefunden werden können, dann drohe sogar eine Schließung des Hort-Bereichs bis auf Weiteres, fürchtete Bürgermeister Kneipp. Anders als bei den Vorschulkindern haben Eltern hier keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Platz für ihr Kind.
Doch inzwischen zeichnet sich eine Entspannung ab: Die Bewerbungsfrist der letzten Stellenausschreibung sei erst kürzlich ausgelaufen und es liegen im Rathaus fünf schriftliche Bewerbungen vor. Diese sollen nun geprüft werden, ehe entsprechende Vorstellungsgespräche geführt werden können, atmet Ambergs Bürgermeister Peter Kneipp auf.
Bürgermeister Christian Kähler ist froh, dass in Türkheim „zur Zeit alle Stellen besetzt“sind. Die Planung für das nächste Kindergartenjahr steht, doch Kähler weiß auch: „Personalausfälle sind vor allem während des Kindergartenjahres, äußerst schwierig zu ersetzten.“Damit kennt er sich aus, denn „etliche Stellen mussten in der jüngsten Vergangenheit mehrfach ausgeschrieben werden, bevor geeignete Bewerber gefunden werden konnten“, so Kähler.
Auch in Ettringen herrscht vorsichtiger Optimismus bei Bürgermeister Robert Sturm, denn „in unseren Kindergärten gibt es keine offenen Stellen.“
Dennoch ist Sturm gewarnt: „Die personelle Situation hat sich in den vergangenen Jahren im Kindertagesstättenbereich im ganzen Land verschärft.“Dafür sorgten aus Sturms Sicht vor allem zwei Entwicklungen: Zum einen sei ein früherer Eintritt in die gemeindliche Einrichtungen zu verzeichnen und zweitens sei eine längere Verweildauer in den Kitas festzustellen. Diese Entwicklung habe dazu geführt, dass der Ettringer Kindergarten im Jahr 2019 um eine Krippengruppe und eine Kindergartengruppe erweitert wurde. Sturm: „Die Belegungszahlen sind hoch und die Erweiterung kam genau zur rechten Zeit.“
Dennoch sei er mit einer Prognogen se für die Zukunft vorsichtig: „Da liegt man meist falsch, da die Entwicklung als multifaktoriell beeinflusst angesehen werden kann“, so Sturm. Die Einrichtung einer Fachakademie für Sozialpädagogik durch den und für den Landkreis sowie die Stadt Memmingen sei daher genau der richtige Schritt, um einem Arbeitskräftemangel entgegenzusteuern. „Ich bin verhalten optimistisch, dass wir die Herausforderungen in diesem Bereich mit unserem Personal bewältigen können und hoffen ausreichend Personal in der Zukunft zu finden“, sagt der Ettringer Bürgermeister.
Auch im Kindergarten in Ram mingen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Personalengpässen, weiß Bürgermeister Anton Schwele: „Personalnot im Kindergarten ist inzwischen schon normal.“Auch die Gemeinde Rammingen war laut Schwele „händeringend auf der Suche nach Fachkräften.“Inzwischen habe sich die Situation etwas entspannt und derzeit ist die Betreuung wieder komplett, so Schwele erleichtert. In Wiedergel
hat die Katholische Kirchenstiftung St. Nikolaus die Trägerschaft für den örtlichen Kindergarten übernommen. „Die Situation ist vielschichtig“, so Anton Karl von der Kirchenstiftung. Aktuell werden in Wiedergeltingen drei Mitarbeiterinnen gesucht, wobei zwischen den Berufsbildern Erzieherin, Kinderpflegerin, Praktikantin unterschieden werden muss, so Karl.
Mit Blick auf die Eröffnung der Kita-Erweiterung im Herbst und die damit verbundenen räumlichen Veränderungen werde auf eine effiziente Teambildung geachtet: „Beständigkeit wirkt sich positiv auf Wohlbefinden von Kindern und Mitarbeiter aus“, so Anton Karl.
Momentan bestehe daher auch nicht die Notwendigkeit, Gruppen zu schließen.
Aber, so Anton Karl: „Das kann sich bei Veränderung der knappen Personaldecke schnell ändern.“Begrenzte Zugeständnisse von Teilzeitkräften für Mehrarbeit, Beantragung von Sondergenehmigung bezüglich Gruppengröße sollen die Situation bis Jahresende entschärfen. Aber auch hier gilt: „Eine Änderung der Anmeldungen und/oder gewünschten Betreuungsstunden könnte das Konstrukt ins Wanken bringen“, so Karl.
Auch eine angedachte Mittagsbetreuung durch die Grundschule könnte den Engpass im Hort entschärfen. Eine weitere Übergangslösung entstehe im Herbst auch dadurch, dass die Räume im Bestandsgebäude nach Bezug des Neubaus ertüchtigt werden, bevor die endgültige Nutzung aller Räume möglich ist.
Für Anton Karl von der Katholischen Kirchenstiftung St. Nikolaus in Wiedergeltingen ist aber auch klar, dass seine Einschätzungen eine Momentaufnahme sind: „Die geplanten Optionen sind noch nicht in trockenen Tüchern und werden mit den zuständigen Fachabteilungen abgestimmt.“
Vielerorts werden Kitas ge baut – das Personal fehlt dann an allen Ecken