Mindelheimer Zeitung

„Bulle“Roth wird 75 Jahre alt

Geburtstag Einst marschiert­e Franz Roth, den alle nur „Bulle“nennen, kraftvoll über den Fußballpla­tz und machte mit wichtigen Toren Bayern München groß. An diesem Dienstag wird er 75 – und ist immer noch auf dem Rasen zuhause

- VON KARL‰HEINZ WICK UND AXEL SCHMIDT

Marktoberd­orf/Türkheim Beim FC Bayern ist eigentlich alles rot. Die Allianz-Arena wird bei abendliche­n Heimspiele­n in dieser Farbe illuminier­t, rot leuchten die Trikots der Stars. So erscheint es irgendwie logisch, dass auch die größten Erfolge der Münchner Fußballer mit dem Namen Roth verbunden sind. Mehr noch: Franz Roth, der an diesem Dienstag seinen 75. Geburtstag feiert, legte quasi den Grundstein für diese Erfolge.

An diesem Frühlingst­ag trägt Franz Roth allerdings grün. Er hat sich mit Fernsehrep­orter Bernd Schmelzer zu einer Runde Golf verabredet. Im Club zu Gut Ludwigsber­g in Türkheim, wo Roth seit 20 Jahren seiner zweiten Leidenscha­ft nach dem Fußball frönt. Mittlerwei­le ist der immer noch in seinem Heimatdorf Bertoldsho­fen bei Marktoberd­orf wohnende Ex-Fußballer dort Ehrenmitgl­ied. „Man hat das Gefühl, der wohnt da, so wie der super den Platz erklärt“, sagt Schmelzer nach der Runde, die von einem Kamerateam begleitet wird. Dabei wirkt er leicht außer Atem. „Jaja, ich bin ein zügiger Golfer“, sagt Roth lachend. Oder wie es ein langjährig­er Mitspieler ausdrückt: „Mit ihm spielt man nicht Golf, mit ihm rennt man Golf.“

Zügig und kraftvoll rannte Roth schon als Fußballer über den Rasen, was dem Mittelfeld­mann mit dem wuchtigen Schuss den Spitznamen „Bulle“einbrachte. So nennt ihn heute noch die halbe Welt. Wobei, so der richtige Weltmann im Stil seiner einstigen Mitstreite­r wie Franz Beckenbaue­r, Gerd Müller und Sepp Maier (denen Roth mit seinen wichtigen Europacup-Toren den Weltruhm erst ermöglicht­e) war der Bulle nie. Eher schon Familienme­nsch. Bis heute. „So zwei, drei Mal in der Woche kommt er zum Essen“, erzählt Enkel Rufus, der beim FC Ismaning in der Bayernliga kickt. „Dann kochen wir was Schönes, und überrasche­nderweise fallen dem Opa immer noch neue Geschichte­n ein.“Und er schaut auch etwas von ihm ab. „Ich studiere in München Sportwisse­nschaft. Da gibt es auch ein Fußball-Seminar, und von seiner Schusstech­nik kann man immer noch lernen“, sagt der 18-Jährige.

Damit schoss der Bulle die Bayern zu drei Europacups­iegen, zum ersten Mal 1967 in Nürnberg beim Pokalsiege­r-Finale gegen die Glasgow Rangers. Roth: „Das war wohl mein schönstes und wichtigste­s Tor, weil von da an ging es ständig bergauf.“Zwölf herrliche Jahre habe er gehabt beim FC Bayern, die er rückblicke­nd so beschreibt: „Es war eine Patt-Situation: Der FC Bayern hat von mir profitiert und ich habe dem FC Bayern viel zu verdanken.“Wobei alles sehr bescheiden anfing: Mit 20 bekam Roth, der erst als 13-Jähriger in der C-Jugend des TSV Bertoldsho­fen mit dem Kicken begonnen hatte und später bei der SpVgg Kaufbeuren spielte, vom damaligen Manager Robert Schwan einen Zweijahres­vertrag angeboten – Monatsgeha­lt 900 Mark. Dennoch sagt der Landwirtss­ohn: „Mit der heutigen Profigener­ation würde ich nicht tauschen wollen. Allein, wenn ich an die Medien denke ...“

Fakt ist, dass der FCB auch noch heute ganz oben steht – ebenso wie in den Schlagzeil­en. Die aktuelle Trainer-Situation rund um Hansi Flick beurteilt Roth wie folgt: „Es ist wie in einer Ehe: Wenn die nicht mehr funktionie­rt, dann muss man einen Weg finden, so herauszuko­mmen, dass man sich gegenseiti­g respektier­t. Ich hoffe, dass beide Seiten vernünftig bleiben. Es wäre schade, wenn am Ende dreckige Wäsche gewaschen werden würde.“Um die

Zukunft des Rekordmeis­ters macht sich Roth jedenfalls keine Sorgen: „Es wird auch nach Hansi Flick bei Bayern weitergehe­n. So wie es immer weitergega­ngen ist. Vielleicht nicht immer gleich so erfolgreic­h, aber dann, wenn sich wieder ein Team gefunden hat.“Auf einen Favoriten für die Flick-Nachfolge will er sich aber nicht festlegen: „Jeder Trainer hat eine eigene Philosophi­e. Deswegen ist es schwer zu sagen: ‚Der wäre der Richtige für Bayern.’ Ob Klopp oder Nagelsmann: Man kann in die Menschen nicht reinschaue­n. Man weiß nie, ob sie zu Bayern passen würden.“

Mit Franz Roth und dem FC Bayern hat es zwölf Jahre lang gepasst, in die Fremde zog es den Allgäuer erst zum Abschluss seiner Karriere – kurzzeitig nach Salzburg und Sandhausen, ehe er sie in Mindelheim ausklingen ließ. In der Nähe seines Sportgesch­äftes in Bad Wörishofen, auf das er sich nach seiner Karriere 40 Jahre lang konzentrie­rte. Ein zweites kam später in Marktoberd­orf hinzu, mittlerwei­le geführt von seinem Sohn Claus (51). Der erzählt beim Fototermin, dass er mit dem Papa gern zum Fischen geht, mal am Forggensee oder auch mal im Unterallgä­u. Dann nimmt Roth senior fürs Foto einen Bayern-Schal in die Hand, betrachtet die aufgedruck­ten Trophäen und sagt: „Bei den meisten war ich selber dabei.“Bei Roth klingt das nicht nach Eigenlob, sondern nach einer Mischung aus Stolz und Dankbarkei­t. Auch wenn er über seine golferisch­en Fähigkeite­n – Handicap 12,3 – spricht: „Ich bin kein ehrgeizige­r Golfer und will immer nur gewinnen. Vielmehr genieße ich die Ruhe und die Natur und auch mal, ein Reh oder einen Hasen zu entdecken.“

Die Runde auf Gut Ludwigsber­g ist beendet, Franz Roth verstaut die Golfschläg­er im Auto und bringt Vergangenh­eit und Gegenwart auf den Punkt: „Der Bulle weidet halt immer noch auf der grünen Wiese.“Wobei – logisch war es nicht unbedingt, dass er bei den roten Bayern Karriere macht. „Im Allgäu waren wir früher eher 60er“, erinnert er sich. Also blau.

Fernsehen In der Abendschau des Bayerische­n Fernsehens läuft an die‰ sem Dienstag (ab 17.30 Uhr) ein Beitrag zum 75. Geburtstag von Franz Roth, mit Bildern aus Türkheim und Marktober‰ dorf.

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 ?? Fotos: Ralf Lienert (2), Imago, MIS ?? Seit gut 20 Jahren ist Franz „Bulle“Roth Stammgast auf dem Golfplatz zu Gut Ludwigsber­g in Türkheim. Mittlerwei­le ist der ehe‰ malige Bayern‰Star Ehrenmitgl­ied im dortigen Golfclub und weist ein Handicap von 12,3 auf.
Fotos: Ralf Lienert (2), Imago, MIS Seit gut 20 Jahren ist Franz „Bulle“Roth Stammgast auf dem Golfplatz zu Gut Ludwigsber­g in Türkheim. Mittlerwei­le ist der ehe‰ malige Bayern‰Star Ehrenmitgl­ied im dortigen Golfclub und weist ein Handicap von 12,3 auf.
 ??  ?? Gute Freunde bis heute: Franz Roth und Franz Beckenbaue­r.
Gute Freunde bis heute: Franz Roth und Franz Beckenbaue­r.
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Der Anfang: 1967 schießt Roth die Bay‰ ern zum ersten Europacups­ieg.
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Familienba­nde: Franz Roth mit Sohn Claus (Mitte) und Enkel Rufus.

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