War da was?
Union Maskenaffäre und Aserbaidschan-Connection belasten CDU und CSU. Die Parteien haben jedoch kaum Möglichkeiten, die beteiligten Abgeordneten zu sanktionieren. Die belasteten Politiker machen einfach weiter
Berlin Es kann für Parteien und Politiker durchaus eine Auszeichnung sein, in einer Satiresendung genannt zu werden. Es kann aber auch nach hinten losgehen. So wie für CDU und CSU, die gerade in der ZDFSendung „Die Anstalt“gegrillt wurden: Deren Macher Max Uthoff und Claus von Wagner mussten sich der Aufgabe stellen, alle Affären der Union in 45 Minuten auf eine Tafel zu bringen. Ein schwieriges und am Ende auch bitterernstes Unterfangen. Denn die Maskenaffäre und die Vorwürfe zur sogenannten Aserbaidschan-Connection haben die Union ordentlich durcheinandergewirbelt. Den Schwesterparteien fehlten geeignete Sanktionsmöglichkeiten gegen die beteiligten Abgeordneten – sie müssen darauf setzen, dass die Zeit Wunden heilt.
In der Affäre um die Beschaffung von Corona-Schutzmasken macht Georg Nüßlein der Union allerdings trotzdem das Leben schwer. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Nüßlein legte sein Amt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union nieder und trat aus der CSU aus. Er ist aber weiterhin Bundestagsabgeordneter, als ob nichts gewesen wäre – auf seiner Homepage ist das Partei-Logo noch zu sehen. Außenstehende können den Eindruck haben, dass sich Abgeordnete alles leisten können und ungestraft davonkommen.
Das Problem: Für eine wirkliche Bestrafung fehlen der Union die Mittel. Nüßlein kann möglicherweise wegen einer Unschärfe im Paragrafen 108e des Strafgesetzbuches (Abgeordnetenbestechung) sogar das Geld behalten, das er bei dem Maskendeal verdiente, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Dann nämlich, wenn die Lesart zutrifft, dass seine Geschäfte nicht direkt etwas mit der „Wahrnehmung seines Mandats“zu tun hatten, wie es der Paragraf beschreibt, sondern davon unabhängig waren. Der Gesetzgeber will den 108e zwar neu fassen. Abgeordnetenbestechung soll vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft werden, womit eine Mindestfreiheitsstrafe
von einem Jahr verbunden wäre. Er soll aber auf die Wahrnehmung des Mandats beschränkt bleiben.
Es gibt immerhin Bestrebungen, die Abgeordnetentätigkeit stärker zu regulieren. Der Bundestag hat bereits im Herbst mit den Transparenzregeln für Abgeordnete reagiert und damit den Versuch unternommen, sozusagen die Einflussnahme durch Lobbyisten von außen zu unterbinden. Darüber hinaus wird gerade an einem Regelwerk gearbeitet, dass die Einflussnahme im Innern stoppen soll. Das Gesetz zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Bundestages soll in der nächsten Sitzungswoche ab dem 17. Mai beschlossen werden. Abgeordnete müssen dann unter anderem Einkünfte aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen auf Euro und Cent veröffentlichen, eine bezahlte Lobbytätigkeit wird verboten.
Letzteres zielt vor allem auf die schlechten Erfahrungen ab, die die Union mit der Aserbaidschan-Connection gemacht hat. Mehrere Abgeordnete der Union machten sich für das Regime stark und sollen davon finanziell profitiert haben. Darunter der mittlerweile zurückgetretene CDU-Abgeordnete Mark
Hauptmann, dem auch Verwicklungen in Maskengeschäfte vorgeworfen werden.
Im Zusammenhang mit einem ungebührlichen Einsatz für Aserbaidschan werden noch andere CDU-Abgeordnete belastet. Darunter der Karlsruher Abgeordnete Axel E. Fischer, der Tourismusbeauftragte Thomas Bareiß, der Abgeordnete Olav Gutting, dessen baden-württembergischer Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen wiederum an den von Nikolas Löbel grenzt. Löbel trat im Zuge der Maskenaffäre zurück, auch er soll sich übers
Maß hinaus für Aserbaidschan eingesetzt haben. Weitere Namen im Zusammenhang mit der Aserbaidschan-Connection sind die der jüngst gestorbenen CDU-Abgeordneten Karin Strenz und der des ehemaligen CSU-Parlamentariers Eduard Lintner.
Gegen Fischer wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Der Karlsruher weist das strikt zurück, beruft sich auf die Unschuldsvermutung und geht weiter seiner Arbeit nach. Die Führung der Unionsfraktion sieht das mit großem Unbehagen. Sie sorgte mit einigen internen Mühen dafür, dass Fischer nicht mehr Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses ist, und setzte den sächsischen CDUAbgeordneten Carsten Körber an seine Stelle.
In der Einleitung zum Entwurf für das neue Abgeordnetengesetz schreiben die Fraktionen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger sei „das Fundament des deutschen Parlamentarismus“. Ob die getroffenen Maßnahmen zur Festigung des zuletzt ausgehöhlten Fundaments ausreichen, muss sich erst noch erweisen.
Eine Unschärfe im Gesetz könnte Nüßlein helfen