Mindelheimer Zeitung

Ruth Maria Kubitschek wird 90 Jahre alt

90. Geburtstag Ruth Maria Kubitschek hat in vielen großen Rollen die Grande Dame gespielt. Eine davon bleibt besonders in Erinnerung

- VON JOSEF KARG

Augsburg Ruhig ist es um sie geworden, und Interviews gibt sie schon seit einigen Jahren keine mehr. Schauspiel­erin Ruth Maria Kubitschek hat sich zurückgezo­gen. Sie lebt dem Vernehmen nach am Bodensee in der Schweiz, fernab des Filmgeschä­fts, das sie ebenfalls längst aufgegeben hat. Sie habe es satt, jahrelang auf eine gute Rolle zu warten. Dies sei entwürdige­nd. Das sagte sie so in etwa schon vor zehn Jahren zu ihrem 80. Geburtstag. Am 2. August wird sie 90. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat der Schauspiel­erin bereits Glückwünsc­he zukommen lassen: „Meine Gratulatio­n gilt einer großartige­n Schauspiel­erin.“Kubitschek habe über die Jahre ihr Publikum begeistert und sich durch ihr Lebenswerk Respekt und Anerkennun­g erworben.

Die eigene Würde war ihr immer wichtig, auch in ihren Rollen. Über Jahrzehnte hinweg galt Kubitschek als die Grande Dame des deutschen Films. Sie spielte auch gerne die elegante Dame, konnte aber auch handfeste Charaktere darstellen.

Von ihr in Erinnerung geblieben ist aber vor allem eine Rolle. Als „Spatzl“in der Fernsehser­ie „Monaco Franze“wurde Ruth Maria Kubitschek 1983 berühmt. Der Name rührte daher, dass der treulose Monaco sie in der Rolle seiner Ehefrau „Spatzl“nannte.

Zu verdanken hat die Filmwelt dieses Serien-Highlight dem inzwischen leider verstorben­en Regisseur Helmut Dietl, der Kubitschek als Münchner Antiquität­enhändleri­n Annette von Soettingen besetzte. Den Mann an ihrer Seite spielte mit wunderbare­m Humor der unvergesse­ne Helmut Fischer. Auch Fischer wurde durch die Rolle als Münchner Vorstadtst­enz zur TVLegende.

Es war nicht die einzige Serie, in der die Kubitschek glänzte. Auch

„Kir Royal“(ebenfalls von Dietl), eine sechsteili­ge Persiflage auf die Münchner Abendzeitu­ng und ihre Klatschrep­orter, ist großartig. Hier ist Kubitschek als Verlegerin Friederike von Unruh zu sehen, die auf eine ebenso süffisante wie elegante Art ihren Klatschrep­orter Baby Schimmerlo­s davon überzeugt, dass es zwischen Boulevard-Berichters­tattung und Anzeigenst­ornierunge­n durchaus Zusammenhä­nge gibt.

Man könnte stundenlan­g über Kubitschek­s Arbeit erzählen. Erinnern werden sich viele auch noch an „Das Erbe der Guldenburg­s“. Auch das ein absoluter Serienhit, der von 1987 bis 1990 lief. Er handelte von einer stinkreich­en Familie, von Lügen und Intrigen. Kubitschek gab die Brauereich­efin Margot Balbeck, die Erzfeindin der Adelsfamil­ie „Guldenburg“.

Kaum mehr in Erinnerung ist ihre Titelrolle des Durbridge-Dreiteiler­s „Melissa“. Mit ihm wurde Ruth Maria Kubitschek 1966 praktisch über Nacht bekannt. Ihre letzte Rolle spielte sie dann ziemlich genau 47 Jahre später als Frau Ella in einer Filmkomödi­e von Matthias Schweighöf­er.

Schon als Kind wusste die kleine Ruth Maria, dass sie einmal Schauspiel­erin werden wollte, und studierte nach der Schulzeit Schauspiel in Halle und Weimar. 1959 kehrte sie nach einem Theatereng­agement nicht mehr in die DDR zurück.

Privat begab sich die im böhmischen Chomutov (deutsch: Komotau) geborene Mimin mit verschiede­nen Büchern später auch auf eine Art Esoterik-Trip mit einer Neigung zu Meditation und „Naturgeist­ern“. Auch als Malerin war sie tätig. 1976 begann Kubitschek eine spezielle Beziehung mit dem Anfang 2016 verstorben­en „Traumschif­f“-Erfinder Wolfgang Rademann. Die sensible Schauspiel­erin und der Berliner Filmproduz­ent waren ein ungewöhnli­ches Paar. Nach eigenen Aussagen lebte sie allein und habe mit Rademann seit fast 30 Jahren „eher widerwilli­g“eine Beziehung auf Distanz. Genaues weiß man aber nicht.

Umso klarer steht die Kubitschek einem anderen Thema gegenüber. In ihren letzten Interviews spricht sie über den Tod. Offenbar hat sie bereits ihre letzten Dinge geregelt. Der Zeitschrif­t Bunte sagte sie schon vor einigen Jahren, dass sie sich innerlich auf den Tod vorbereite. Ihr Testament liege ebenso wie ihre Patientenv­erfügung bei ihrem Anwalt.

„Natürlich liegt das nicht in meiner Hand, theoretisc­h könnte ich morgen ins Koma fallen. Aber sollte es möglich sein, möchte ich auf diesen wichtigen Schritt vorbereite­t sein. In unserer Gesellscha­ft ist der Tod leider ein Tabuthema. Nicht für mich“, erzählte sie. Ihrem Sohn Alexander (das Kind aus ihrer Ehe mit Regisseur und Theaterint­endant Götz Friedrich) habe sie genau geschilder­t, wie alles ablaufen soll. Die Schauspiel­erin will am Ende kein Grab. In der Schweiz dürfe man die Urne mit nach Hause nehmen, sagte sie. Man könne sie ins Wohnzimmer stellen oder unter einem Baum vergraben. Diese Vorstellun­g gefällt ihr. Sie möchte auch keinen Gottesdien­st, sondern ein lustiges Fest mit Familie und Freunden in ihrer Gartenlaub­e.

Zu wünschen wäre ihr, dass sie in dieser persönlich­en Art und Weise auch ihren 90. Geburtstag feiern kann. Die große Show will Ruth Maria Kubitschek sowieso nicht mehr. Galas und Events der Filmindust­rie vermisst sie nicht. „Ich habe diesen Rummel und die Auftritte auf dem roten Teppich immer gehasst, und ich bin so froh, dass es kein Muss mehr für mich gibt.“

1959 kehrte sie der DDR den Rücken

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Foto: Istvan Bajzat, dpa Sie das Spatzl, er der Stenz: An der Seite von Helmut Fischer war Ruth Maria Kubitschek in der Erfolgsser­ie „Monaco Franze“zu sehen.

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