Mindelheimer Zeitung

Abgeordnet­er rastet aus und fühlt sich erpresst

Streit Bernhard Pohl beschimpft in einem Allgäuer Wirtshaus einen Anwaltskol­legen und hat nun Ärger mit der Justiz

- VON ULI BACHMEIER

München/Kaufbeuren Der Landtagsab­geordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) hat mal wieder Ärger mit der Justiz. Er soll am 1. Juli in angetrunke­nem Zustand einen Anwalt und Steuerbera­ter, der vor Jahren als Referendar in seiner Kanzlei tätig war, in einem griechisch­en Lokal in Kaufbeuren wüst beschimpft haben. Pohl bestreitet den Vorfall nicht. Aber er wehrt sich.

Laut einer Strafanzei­ge, die unserer Zeitung vorliegt, soll Pohl den Steuerbera­ter gegenüber dem Wirt und vor anderen Gästen „Arschloch“, „Vollpfoste­n“und „peinliche, arme Sau“genannt und seine Fähigkeit als Anwalt in Abrede gestellt haben. Die Schimpfkan­onade soll 30 Minuten angehalten haben.

Dann sei Pohl im Lokal eingeschla­fen. Tags darauf soll er versucht haben, den Wirt von einer Zeugenauss­age abzuhalten.

Eine gütliche Einigung der ehemaligen Duzfreunde scheiterte. Zwar habe Pohl sich entschuldi­gt, wie beide Parteien bestätigte­n, aber nach Ansicht seines Kontrahent­en nicht in der Weise, die die Ehre des Steuerbera­ters bei den Augen- und Ohrenzeuge­n in dem Lokal wiederhers­tellt. Pohl wiederum fühlt sich durch die Forderunge­n nach einem schriftlic­hen Geständnis und einer Entschädig­ungszahlun­g unter Druck gesetzt und hat seinerseit­s Anzeige wegen versuchter Erpressung und Nötigung erstattet.

Auf Anfrage unserer Redaktion räumte Pohl zwar ein, „sich in Rage geredet“zu haben und auch, dass er an diesem Abend „nicht mehr ganz nüchtern“gewesen sei. Andere Behauptung­en aber seien „böswillig“. Er trinke kaum mehr Alkohol und lasse sich „nicht als Trunkenbol­d hinstellen“. Dass er versucht haben soll, den Wirt von einer Zeugenauss­age

abzuhalten, sei „völlig absurd“. Er habe zwar mit dem Wirt über den Vorfall gesprochen, aber zu einem Zeitpunkt lange vor der Strafanzei­ge gegen ihn. Und dass er manchmal kurz einnicke, habe gesundheit­liche Gründe. Das könne er auch nachweisen.

Tiefere Ursache des Zerwürfnis­ses ist nach Angaben Pohls das Verhalten seines Berufskoll­egen, „der regelmäßig insbesonde­re Steuerbera­ter aus der Region wegen angebliche­n Fehlverhal­tens abmahnt und vor den Kadi zerrt, um damit Geld zu machen“. Er habe sich, so Pohl, nicht länger anhören wollen, „wen er für geschäftsu­nfähig hält, wem er den Amtsarzt schicken will, wer Prozessbet­rug betreibt und wer aus seiner Sicht ein Dauerstude­nt ist, der vermutlich mehrfach durch die

Steuerbera­terprüfung gefallen ist“. Sogar gegen einen Richter im Memmingen habe sein früherer Referendar Strafanzei­ge wegen Rechtsbeug­ung erstattet. Darüber habe er sich an dem Abend in dem Lokal erregt.

Pohl räumt ein: „Dabei sind auch harte Worte gefallen, die ich normalerwe­ise nicht verwende. Ich habe emotional reagiert und dabei aus meiner Sicht überzogen.“Klein beigeben aber will er nicht, obwohl er sich, wie er sagt, darüber bewusst sei, dass in diesem Zusammenha­ng auch seine früheren Verurteilu­ngen wegen Verkehrs- und Alkoholdel­ikten wieder gegen ihn ins Feld geführt werden. „Auch Abgeordnet­e sind kein Freiwild und schon gar nicht erpressbar“, sagt Pohl.

Die Ermittlung­en führt die Staatsanwa­ltschaft in Kempten.

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Foto: Matthias Becker Nicht zum ersten Mal ermittelt die Staatsanwa­ltschaft gegen FW‰Politiker Bernhard Pohl.

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