Faust auf Faust
Formel 1 Nach dem Crash von Silverstone treffen Hamilton und Verstappen in Ungarn wieder aufeinander. Die Atmosphäre zwischen den WM-Kontrahenten wird giftiger
Augsburg/Budapest Das hatte schon etwas von Herzblatt. Für die jüngere Generation: Eine Frau und ein Mann lernen sich in der Fernsehshow mit mehreren Kandidaten und Kandidatinnen kennen. Später genießen sie ganz privat (begleitet nur von einem Fernsehteam) einen Liebestag, der mit einem Flug im Herzblatt-Hubschrauber beginnt. Ein Vorläufer von „Bauer sucht Frau“. In der nächsten Herzblatt-Show werden die Turteltauben getrennt voneinander befragt, wie es ihnen so gefallen hat. So ähnlich lief es jetzt in Budapest ab mit Lewis Hamilton und Max Verstappen. Es handelt sich nicht um ein neues TV-Format der Formel 1, sondern ist den Regeln der Pandemie geschuldet.
Anstatt in einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben die WMKontrahenten einzeln den Journalisten Auskunft. Beide Piloten hatten vor zwei Wochen ein Rendevouz auf der Strecke, ein sehr inniges. In
ersten Runde berührten sich ihre Autos bei 280 Stundenkilometern in der Copse-Kurve von Silverstone. Keiner gab auch nur einen Millimeter nach. Das Resultat: Verstappen parkte seinen Red-BullHonda in den Reifenstapeln. Lewis Hamilton landete 52 Runden später auf dem Siegerpodest. Die Bilder vom überschwänglich jubelnden Mercedes-Piloten sah der Holländer im Krankenhaus, wo sich Verstappen vorsorglich zur Untersuchung befand. Soweit die Details des missglückten Annäherungsversuchs. Die Folge ist eine vergiftete Atmosphäre. Der überschwängliche Jubel der Silbernen, während er selbst von den Ärzten durchgecheckt wurde, brachte den Holländer auf die Palme: „Das zeigt, wie sie wirklich sind.“
Den Konter trug der 36-jährige Brite ruhig vor. „Es ist eine Sache, es zu wissen und zu feiern und es nicht zu wissen und zu feiern“, erklärte Hamilton. Er habe zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, dass Verstappen im Krankenhaus sei. Aber es sei auch sein Heimrennen gewesen und ein „monumentaler Moment“für das Mercedes-Team, sagte Hamilton. Den Unfall wollte der siebenfache Weltmeister nicht thematisieren: „Ich denke, alles, was zu sagen war, wurde beim vergangenen Rennen gesagt.“
Von der Einsicht, möglicherweise einen Fehler begangen zu haben, war keine Silbe zu hören. Das Duell der WM-Kontrahenten wird immer giftiger. Verstappen meinte, dass er nicht zu aggressiv, sondern nur hart fahre: „Sonst hätte ich ihn in die Wand gedrückt.“Nun ja, wenn Verstappen kein aggressiver Formel-1-Pilot ist, dann ist Roberto Blanco auch kein Schlagersänger. Ansonsten würden beide weiter um die WM kämpfen und auf beste Art und Weise weitermachen, „zumindest von meiner Seite“, meinte der 23-Jährige. Dennoch hatte Red Bull einen Protest angestrengt, wollte, dass der Unfall neu bewertet wird. Nach einer Anhörung der Teamverder antwortlichen von Red Bull und Mercedes am Donnerstag in Budapest entschieden die Rennkommissare, es bei der Zehn-SekundenStrafe zu belassen, die Hamilton nach dem Unfall noch während des Rennens bekommen hatte.
Verstappen führt vor dem 11. WM-Lauf am Sonntag (15 Uhr/live bei mit acht Punkten Vorsprung vor dem Briten. Die Zeit der Nettigkeiten in dem verbissenen WM-Duell ist spätestens seit dem Silverstone-Crash vorbei. Jeder beharrt auf seinem Standpunkt. Der Große Preis von Ungarn wird ein heißes Rennen. Und damit sind nicht die prognostizierten 33 Grad in der ungarischen Hauptstadt gemeint. Der Kurs gilt als verwinkelt mit nicht allzu vielen Überholmöglichkeiten. Die erste Kurve als Erster zu durchfahren ist fast so wichtig wie auf dem Stadtkurs von Monaco. Man sollte mit allem rechnen, nur nicht damit, dass Verstappen und Hamilton nach dem Grand Prix von Ungarn beste Freunde sind.