Mindelheimer Freie Wähler kritisieren Aiwanger
Die Impfskepsis des Parteichefs kommt in Mindelheim nicht gut an. Nur der Abgeordnete Bernhard Pohl steht Hubert Aiwanger bei. Daneben missfällt den Freien Wählern auch so manches in der Stadtpolitik
Mindelheim Die Freien Wähler Mindelheim hadern nach wie vor mit der Mehrheitsentscheidung des Stadtrates, auf eine öffentliche Tiefgarage auf dem Gelände des Maria-WardKlosters zu verzichten. „Eine florierende Innenstadt braucht Parkraum“, sagte der Vorsitzende Dietmar Wagner. Der Stadtrat habe eine einmalige Gelegenheit nicht genutzt, um die Innenstadt zukunftsfähig zu machen.
Die Freien Wähler hielten ihre Mitgliederversammlung erstmals nach der coronabedingten Pause wieder als Präsenzveranstaltung ab. Das Treffen fand mit gut 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Landgasthof Schützenheim Nassenbeuren statt.
Wagner kritisierte die Stadt auch für ein Verkehrsgutachten, das 100.000 Euro gekostet habe. Das Ergebnis dieses Gutachtens sei gewesen, dass 25 bis 40 Parkplätze in der Altstadt fehlen. „Ob diese Erkenntnis das viele Geld wert war?“, fragte er. Die Begründung von Bürgermeister Stephan Winter für das Aus der Tiefgarage ist für Wagner nicht schlüssig. Winter hatte auf den Willen der Mindelheimer verwiesen, was Wagner „ernsthaft bezweifelt“.
Stadtratskollege Max Heim sagte, es werde über zu viel Verkehr in der Innenstadt geklagt. Dies ist seiner Ansicht nach aber auch Folge davon, dass die ersten 20 Minuten in der Altstadt kostenlos geparkt werden kann, während außerhalb bereits 50 Cent fällig werden. Heim vermutet, dass deshalb so mancher Autofahrer erst mal in die Altstadt einfährt. Die Verkehrssperre an den Wochenenden sei schwierig zu verstehen. Er wünscht sich eine klare Regelung, die immer Bestand hat.
Heim ging auf die erhöhte Steuer für Kampfhunde ein, die auf 450 Euro im Jahr angehoben wurde. Es habe „Aufruhr unter Hundebesitzern“gegeben, weil alle Halter von Mischlingshunden angeschrieben worden waren. Die Stadt hat darin gefragt, ob ein Kampfhund eingekreuzt worden ist. Das sei aber nicht immer leicht festzustellen gewesen. Also musste das über das Wesen des Hundes ermittelt werden, sagte Heim.
Kritik äußerte der Vorsitzende Wagner zur Satzung für reine Wohngebiete. Dort dürften Hecken nicht mehr höher als Zaunhöhe ausfallen. „Das haben anscheinend die wenigsten mitbekommen“, wunderte sich Wagner über die ausbleibende Reaktion aus der Bevölkerung.
Stadtrat Roland Peter griff die Photovoltaik-Freiflächenanlage auf dem Gleisdreieck auf. „Wir stehen hier voll dahinter“, betonte er. Geplant sei eine Genossenschaft, an der sich alle Mindelheimer beteiligen können. „So bleiben die wirtschaftlichen Erträge in der Stadt.“Die Kleingartenanlage hält Peter – anders als Michael Egger vom Stadtbauamt – für machbar. Denn für die PV-Anlage werde nur ein Teil der Fläche südlich der Firma Kleiner benötigt.
Stefan Drexel gab als organisatorischer Leiter des Gesundheitsamtes Einblick in die Corona-Lage. Die Krankenhauskapazitäten seien zeitweise an ihre Grenzen gekommen. Intensivpatienten mussten vorübergehend in andere Kliniken ausgeflogen werden, weil alle Intensivbetten in Mindelheim belegt waren.
Bei Neuinfektionen trete inzwischen zu 80 Prozent die aggressivere Delta-Variante auf. Drexel appellierte daher an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. In Pflegeeinrichtungen seien viele ältere Patienten verstorben. Infiziert hätten sich leider auch viele 50- bis 60-Jährige. Drexel schilderte den Fall eines jüngeren Betroffenen, der seit einem halben Jahr in Folge der Infektion nicht arbeitsfähig ist. „Nur durch Impfung kommen wir aus der Krise.“Drexel trat damit auch Parteichef Hubert Aiwanger deutlich entgegen. Man könne die Aussage Aiwangers, mit Impfen werde sich Corona nicht erledigen, so nicht stehen lassen. Drexel erinnerte an Kinderlähmung und Pocken, die mit konsequentem Impfen besiegt worden seien.
Wenn Aiwanger sich Stimmen bei Impfgegnern und Querdenkern erhoffe, sei das traurig. Drexel hielt Aiwanger Machtgehabe vor. Der Apotheker Roland Peter stimmte Drexel zu. Österreich habe mit konsequenter FSME-Impfung erreicht, dass das von Zecken übertragbare Virus im Land kaum noch eine Rolle spielt.
Der Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl nahm Parteichef Aiwanger in Schutz. Kein Mensch könne verlässlich voraussagen, ob mit der Impfung Corona besiegt werden könne. Pohl sprach von Wahrscheinlichkeiten. Es sei nicht absehbar, ob weitere Mutanten radikaler werden oder ob sie weniger gefährlich seien. Das werde von vielen Wissenschaftlern so gesehen. Aiwanger sei kein Impfgegner. Er sei Skeptiker. „Wir müssen sehr aufpassen, dass wir in Deutschland nur noch eine Meinung zulassen“, betonte Pohl. Dass sich Aiwanger nicht impfen lasse, sei dessen Sache.
Neu gewählt für die nächsten zwei Jahre wurde der Vorstand der Freien Wähler Mindelheim. Dietmar Wagner bleibt Vorsitzender. Sein Stellvertreter ist Roland Peter. Hermann Koch ist weiterhin Kassier, ebenso wie Annette Striebel Schriftführerin.