Trainerverträge und Stundennachweise im Blick
FCA Der Zoll und die Staatsanwaltschaft ermitteln im Nachwuchsbereich wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Lohnsplittings und der Mindestlohnunterschreitung. Der FCA ist sich keiner Schuld bewusst und zeigt sich kooperativ
Augsburg Die Sichtung der Unterlagen durch die Staatsanwaltschaft Augsburg und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamtes wird Wochen, wenn nicht Monate dauern. Es sind zig Aktenordner und Datenträger mit Verträgen mit Nachwuchs-Fußballtrainern durchzusehen, hunderte von Stundennachweisen zu prüfen, die 61 Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Augsburger Zolls und der Augsburger Staatsanwaltschaft am Dienstag aus der Geschäftsstelle des FC Augsburg an WWK-Arena, einer Steuerkanzlei und dem Nachwuchsleistungszentrum des Vereins an der Donauwörther Straße getragen haben.
Die Behörden gehen dem Verdacht des unrechtmäßigen Lohnsplittings und der Mindestlohnunterschreitung im Nachwuchsbereich nach. Ausdrücklich nicht im Profibereich, wie die Staatsanwaltschaft betont. Sollte sich der Verdacht bestätigen, würden Sozialabgaben unzulässigerweise minimiert oder vermieden. Die Grenzziehung zwischen zulässigem und falschem Verhalten ist aber Auslegungssache.
Die Ermittlungen angestoßen hat eine Recherche des investigativen Fernsehformates des WDR „Sport inside“. Dort wurde im Frühjahr über Lohndumping bei Nachwuchstrainern berichtet und anhand der Beispiele FC Augsburg und FC Bayern München aufgezeichnet. Dass sie schlecht bezahlt wurden, bestätigten damals auch ehemalige FCA-Nachwuchs-Trainer unserer Redaktion gegenüber.
Aber dabei handelt es sich offensichtlich um ein Problem an vielen Bundesliga-Standorten. Und nicht nur dort. In allen Sportbereichen, in denen mit 450-Euro- oder MiniJobs ehrenamtliche oder nebenberufliche Übungsleiter entlohnt werden, setzen sich die Vereine immer der Gefahr aus, die Gesetze der Mindestentlohnung zu verletzen, wenn der Mindestlohn pro Stunde unterschritten wird.
Ein Augsburger Trainer hatte in der Sendung, die in der WDR-Mediathek abrufbar ist, das Bezahlmodell detailliert dargelegt. Der Trainer sagte, er habe im ersten Jahr unter 200 Euro verdient. Die Jahre darauf 250 Euro als Co-Trainer, und das bei einer Wochenarbeitszeit von über 25 Stunden. Er gab auch an, Stundenzettel falsch ausgefüllt zu haben. „Zum Beispiel ein Turnier in Gladbach, Freitag bis Sonntag – dann sollten wir da zwei Stunden eintragen. Wir mussten immer unser Gehalt teilen durch die Zahl der Stunden oder teilen durch den Mindestlohn. Und dann haben wir rausbekommen, wie viel wir insgesamt aufschreiben konnten.“Schon damals hatte der FCA betont, sich mit seinen Vereinbarungen an das Mindestlohngesetz zu halten.
Lohndumping soll laut WDRRecherchen auch beim FC Bayern gängige Praxis gewesen sein. Ein Trainer schilderte es in der Sendung so: „Es war der Clou: Man reist irgendwo nach Berlin oder London, ist da drei Tage mit den Kindern komplett zusammen und schreibt 80 Minuten Nettospielzeit auf.“Der Münchner Anwalt Andreas Waldschmidt, der einen ehemaligen Bayern-Trainer vertritt, hatte angesichts ihm vorliegender Verträge ebenfalls klare Verstöße gegen das Mindestlohngesetz angeprangert.
Doch wann beginnt die Arbeitszeit bei einem Trainer? Die Antwort wird viele Vereinsverantwortliche, nicht nur in Amateur-Fußballvereinen, interessieren. Abgesehen von der moralischen Frage, ob Bundesligaklubs, die Millionen von Euro umsetzen, ihre Trainer gerade im unteren Nachwuchsbereich nicht besser bezahlen sollten, stellt sich die Frage, ob sie sich rechtlich etwas zuschulden kommen lassen. Dem geht nun die Staatsanwaltschaft in Augsburg als erste mit Durchsuchungen nach. Das Ergebnis: offen.
Auch andere örtliche Behörden der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sollen Prüfungs- und Ermittlungstätigkeiten aufgenommen haben. Die Frage, ob das Hauptzollamt München, das für solche Angelegenheiten zuständig ist, gegen den FC Bayern ermittelt, ließ die Behörde unbeantwortet. „Aus Gründen des Steuergeheimnisses kann ich mich dazu nicht äußern“, schrieb der Pressesprecher.
Bei den Untersuchungen im Nachwuchsbereich des FCA geht es beim Verdacht des Lohnsplittings um Mitarbeiter, die zum Teil vom Stammverein, dem Fußball-Club Augsburg 1907 (dort ist das NLZ angesiedelt) und zum Teil von der ausgegliederten Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA bezahlt werden. Hierbei wird überprüft, ob die Vergütung jener Angestellten oder Trainer rechtmäßig abläuft. Denn in die KGaA sind neben den Profis auch die U23, U19 und U17 ausgegliedert. Und hier gibt es Überschneidungen mit dem NLZ. So sind übergeordnete Leiter, zum Beispiel im Bereich Pädagogik oder Athletik, sowohl im KGaA-Bereich (U23 bis U17) als auch im Bereich des NLZ (U16 abwärts) tätig und angestellt.
Der FC Augsburg, so ist zu hören, ist sich keiner Schuld bewusst und fühle sich jeweils auf einem sauberen Weg. Weitere Angaben zu dem Verfahren machten der Zoll und der Verein mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.
Der FC Augsburg hat bei den Durchsuchungen eng mit den Behörden kooperiert. So sollen sich die meisten der 20 Beamten, die am Dienstag in der Geschäftsstelle an der WWK-Arena tätig waren, schon nach eineinhalb Stunden an der Kaffeebar des Vereines aufgehalten haben.