PremiumAerotec: Kontrahenten reden wieder
Luftfahrt Am 1. September finden in Hamburg Gespräche auch über die Zukunft des Augsburger Luftfahrtwerks mit 2800 Beschäftigten statt. Die Gewerkschaft IG Metall droht vor der Tarifrunde schon einmal mit Streiks
Augsburg Der Druck der deutschen Arbeitnehmerseite auf den europäischen Luftfahrtkonzern Airbus zeigt Wirkung. Management und Betriebsrat wollen am Verhandlungstisch einen Ausweg aus dem Konflikt um die Zukunft tausender Arbeitsplätze suchen. Die erste Gesprächsrunde findet am 1. September in Hamburg statt, eine zweite soll folgen. Zuvor hatte die AirbusFührung gegenüber unserer Redaktion an die Gegenseite appelliert, „mit uns in konstruktive Gespräche einzutreten“. Vorausgegangen war die Ankündigung der IG Metall, eine härtere Gangart einzuschlagen, wenn die Konzernspitze an den Plänen festhält, die Einzelteilefertigung des Augsburger Tochterunternehmens Premium Aerotec auszugliedern und an einen Investor zu verkaufen. Davon wären allein an dem schwäbischen Standort etwa 2000 von noch rund 2800 Arbeitsplätzen betroffen.
Die Beschäftigtenseite befürchtet, dass nach einer Veräußerung des bei weitem größten der vier Augsburger Teilwerke von Premium Aerotec durch den neuen Besitzer die Produktion in großem Stil ins kostengünstigere Ausland verlagert und massiv Arbeitsplätze abgebaut würden. Am Ende, so die Angst des Betriebsrats, bestehe die Gefahr, dass der gesamte Standort „ausblutet“.
Der ohnehin massiv gebeutelte Industriestandort Augsburg müsste nach dem Aus des Osram-Werkes wiederum einen herben Rückschlag verkraften. Ähnlich große Sorgen bestehen im Landkreis Friesland unweit der Nordsee. Dort gibt es in Varel einen Standort von Premium Aerotec mit rund 1300 Menschen. Auch dieses Werk würde nach den Airbus-Plänen verkauft. Inzwischen haben sich Vertreterinnen und Vertreter aus der Arbeitnehmerschaft sowie der Politik im Friesland und in Schwaben verschworen, um den Oberen des Unternehmens die Stirn zu bieten. Die Norddeutschen können große Erfahrungen im Kampf um ihr Werk vorweisen.
Dabei versucht die Arbeitnehmerseite, ehe die Verhandlungen aufgenommen werden, den Druck auf das Management hochzuhalten. Zunächst haben Gewerkschaft und Betriebsrat bei einem Gipfeltreffen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) über die Auswirkungen der Airbus-Pläne auf die Beschäftigten informiert. Deutschland ist mit knapp elf Prozent an Airbus beteiligt und kann als Großaktionär Einfluss auf die Geschäfts- und Personalpolitik ausüben. Wie zu hören ist, nehmen Regierungsverantwortliche wie Braun die Ängste der Belegschaft ernst, gehen jedoch noch nicht so weit wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein niedersächsischer Kollege Stephan Weil (SPD), die in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel klar Position für das betroffene Personal von Premium Aerotec bezogen haben.
Dafür üben Betriebsrat und Gewerkschaft nun umso mehr Druck auf die Airbus-Spitze aus. Daniel Friedrich, Chef der IG Metall Küste, der federführend für die Gewerkschaft die Verhandlungen mit dem Unternehmen führt, sagt: „Wenn Airbus weiter mit dem Kopf durch die Wand will, werden wir uns wehren und mit Warnstreiks, ja einem Arbeitskampf Druck auf das Unternehmen ausüben.“Die Arbeitnehmerseite bereite sich schon auf die große Auseinandersetzung vor. Dabei fordert die Gewerkschaft einen Sozialtarifvertrag, der Beschäftigten aller betroffenen Standorte Sicherheit biete.
Was die IG Metall hier verlangt, dürfte Airbus nicht schmecken, käme doch die Aufspaltung von Premium Aerotec und der Verkauf eines großen Teils der Firma den Flugzeugbauer teuer zu stehen. So pocht die Gewerkschaft auf Abfindungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von drei Bruttomonatsentgelten pro Beschäftigungsjahr. Auf der Wunschliste der IG Metall für den Fall, dass es zu Umstrukturierungen und einem weiteren Arbeitsplatzabbau bei Premium Aerotec kommt, steht auch eine Qualifizierungsgesellschaft, in der sich Beschäftigte bei vollen Bezügen für einen neuen Job 24 Monate lang fortbilden können. Dabei soll der Tarifvertrag eine Laufzeit von zwölf Jahren haben, was in Airbus-Kreisen als Daumenschraube gilt.
IG-Metall-Mann Friedrich ist verärgert über die Haltung des Konzerns: „Airbus hat bis heute die von uns ausgestreckte Hand ausgeschlagen. Das Unternehmen ist eher an einer Eskalation als einer Befriedung der Lage interessiert.“Bayerns IG-Metall-Chef Johann Horn zeigt sich gegenüber unserer Redaktion wie sein norddeutscher Kollege tief enttäuscht vom Verhalten der Konzern-Verantwortlichen: „Airbus lässt unsere Kolleginnen und Kollegen bei Premium Aerotec am ausgestreckten Arm verhungern.“Dabei ist sich der Gewerkschafter sicher: „Das Unternehmen zwingt die Beschäftigten zum Kampf um ihre Zukunftsperspektive.“