Der Weg vom Gartentraum zum Traumgarten
Natur Silke Lotterbach und ihre Familie haben in Mindelheim gebaut. Nun soll aus der Brachfläche ein schöner Garten und gleichzeitig Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen werden. Wir begleiten das Projekt
Mindelheim Silke Lotterbach hat Fantasie: Wie sonst könnte sie in den unterschiedlich hohen Hügeln aus Stein, Lehm und Erde schon ihren Traumgarten vor sich sehen? In diesem Jahr ist sie mit ihrer Familie in ihr neu gebautes Haus im Mindelheimer Norden eingezogen. Jetzt gehen sie den Garten an. Der soll nicht nur den menschlichen Bewohnern etwas Gutes tun, sondern auch den Tieren und Pflanzen. Wir werden das Projekt von nun an begleiten und schauen, wie aus dem Gartentraum ein Traumgarten wird.
Rasen wird es hier nicht geben, kündigt die 46-Jährige an. Sie hat den Humus abtragen lassen und stattdessen viele andere Zonen geplant, in die der Garten aufgeteilt werden soll – und verschiedene Höhen, die sie in den vergangenen Tagen mit einem Minibagger angelegt hat. „Ich will es nicht glatt und eben, wenn man schon die Möglichkeit hat“, sagt sie. Die Lotterbachs haben viel zu gestalten: 670 Quadratmeter groß ist das Grundstück, auf dem sie gebaut haben – und auch wenn die Familie dabei auf Umwelt und Ressourcen geachtet hat, hat sie dennoch „mit dem Haus viel weggenommen von der Natur“, sagt Silke Lotterbach. Sie plant deshalb mit folgenden Maßnahmen, der Natur wieder etwas zurückzugeben:
● Fassaden und Dachbegrünung Die Fassade des Hauses will die 46-Jährige mit Hausrebe, Kletterrosen und Mini-Kiwis begrünen, dazwischen sollen Nistkästen kommen. Hier sollen sich Vögel und Fledermäuse in katzensicherer Höhe wohlfühlen dürfen – und gleichzeitig wird mit der Begrünung eine Verbindung vom Haus zum Garten geschaffen, erklärt Silke Lotterbach. Das Dach des Carports ist bereits begrünt – so kommt dort wenig Wasser herunter.
● Regen Apropos Wasser: Der Regen versickert bei den Lotterbachs in elf Kubikmeter großen Zisternen unterhalb des Carports. Laufen diese über, geht das Wasser über einen mit Lehm modellierten Bachlauf in den Teich – sollte dieser überlaufen, versickert das Wasser oberflächlich am Grillplatz. Der Teich hat damit eine wechselnde Tiefe. Insgesamt ist nur wenig Pflaster geplant, sondern eher verdichteter Schotter, wo Niederschlag besser versickern kann.
● Hecken Den Rand des Grundstücks – die Pufferzone – sollen verschiedene Hecken eingrenzen. Im Westen plant Silke Lotterbach, Vogelnährund Vogelschutzgehölze als eine Wildsträucherhecke anzulegen. Elsbeeere, Wildrose, Kornelkirsche, eine kleine Saalweide, Pimpernuss und Felsenbirne will sie dort pflanzen. Außerdem soll es noch eine Nasch(h)ecke geben, in der Himbeeren, Brombeeren und Co. wachsen.
● Sonniger Senkgarten Was aussieht wie ein großes Loch mit Schotter in der Mitte soll einmal der Senkgarten werden. Trockenmauern und Magerbeete hat Silke Lotterbach hier geplant, dazu ein Sonnensegel, das an Robinienstämmen befestigt wird. Auch im Lichtgraben soll mithilfe von größeren Steinen ein Magerbeet entstehen.
● Schattiges Sumpfbeet Wo Sonne ist, muss es auch Schatten geben. Hier will Silke Lotterbach ein Sumpfbeet anlegen. Das ist gar nicht schwer: Man beginnt wie beim Teichbau mit Teichfolie oder Beton und füllt dann Erde in das „Teich“-Loch. Hier ist der ideale Platz für Sumpfpflanzen – und ein beliebtes Quartier für Molche.
● Baum Natürlich darf in einem Garten ein Baum nicht fehlen. Den Wunsch nach einem stattlichen Hausbaum, etwa einer Rotbuche, hat Silke Lotterbach im Lauf der Planungen begraben müssen. Dafür reichte einerseits der Platz nicht aus, anderseits würde wegen des Laubs und des Schattens die sonnige, magere „Hotspot-Zone“nicht mehr funktionieren. Stattdessen soll nun ein Apfelbaum gepflanzt werden. „Derzeit ist Boskop der Favorit, aber es gibt ja auch viele andere alte Sorten“, sagt die 46-Jährige und lacht. „Da entscheiden wir gerade täglich neu.“
● Dreckberg und Matschloch Als Silke Lotterbach merkte, dass ihr Garten für ihre vielen Pläne zu klein ist, hat ihr Naturschützerin Birgit Helbig den Tipp gegeben, ihre Kinder zu fragen, was sie denn alles wollen: Schaukel, Rutsche, Sandkasten ... Deren Antwort kam klar und schnell: Paula (4) und Simon (7) wollten den „Dreckberg“und das „Matschloch“behalten. „Sie haben keine Sekunde überlegt“, sagt Silke Lotterbach. Also gibt das Baustellen-Feeling weiterhin in der Kinderspielecke. Über Lehm und offenen Boden freut sich die Natur – etwa Wildbienen oder Schwalben. ● Wiederverwerten Gerade für die Trockenmauern versucht die Familie so viel Recyclingmaterial zu bekommen wie nur möglich. Immer wieder gibt es Kleinanzeigen von Menschen, die ihren Garten umgestalten und zum Beispiel alte Steine nicht mehr brauchen. Weil ihr „alter“Garten nicht bleiben konnte, hat Silke Lotterbach die dort gewachsenen Pflanzen in rund 200 Kübeln eingepflanzt – sie sind mit ins neue Haus umgezogen. Die vielen Kübel hat sie nicht eigens gekauft, sondern von vielen Bekannten geliehen. „Man merkt riesige Unterschiede“, sagt die 46-Jährige. „Im alten Garten gab es total viel Bodenleben, hier nicht.“
● Ertragszone Natürlich gibt es im Lotterbach’schen Garten auch ein Gemüsebeet mit Tomaten, Gurken, Zuckerschoten und anderen Dingen, „die die Kinder mögen“. Wie im Hortus-Konzept vorgesehen, wird hier nur mit Material aus den anderen beiden Zonen gedüngt.