Mindelheimer Zeitung

Die Unterallgä­uer CSU sucht den Dialog

Warum die erfolgsver­wöhnte Partei im Landkreis zwei Wahlen nacheinand­er verloren hat, beschäftig­t die Basis. Verbunden damit ist ein Wechsel an der Spitze des Kreisverba­ndes

- VON JOHANN STOLL

Rammingen Die CSU im Unterallgä­u hat den angekündig­ten Wechsel an ihrer Spitze vollzogen. Nach acht Jahren als Kreisvorsi­tzender kandidiert­e Staatsmini­ster a.D. und Stimmkreis­abgeordnet­er Franz Josef Pschierer nicht mehr für das Amt. Pschierer will sich verstärkt in der Mittelstan­dsunion engagieren. Im November kandidiert er in Bad Aibling für deren Landesvors­itz.

Neuer starker Mann der CSU Unterallgä­u ist Martin Osterriede­r, hauptamtli­cher Bürgermeis­ter und Kreisrat aus Benningen. Er war der einzige Bewerber, der sich zur Wahl stellte. Der 52-jährige Vater von drei Kindern wurde mit 96 Prozent der Stimmen der rund 100 Wahlberech­tigten auf der Kreisvertr­eterversam­mlung am Dienstagab­end im Gasthof Stern in Rammingen gewählt.

Pschierer fiel in seiner Abschiedsr­ede die undankbare Rolle zu, auf zwei verlorene Wahlen zurückblic­ken zu müssen: Nach der im Vorjahr verlorenen Landratswa­hl hat die CSU im Unterallgä­u auch bei der Bundestags­wahl spürbar an Rückhalt verloren, auch wenn Stephan Stracke das Direktmand­at klar verteidigt­e. „Beide Wahlen waren nicht von Erfolg gekrönt“, formuliert­e Pschierer. Zu den Ursachen, warum der CSU-Bewerber Rainer Schaal nicht bei den Wählerinne­n und Wählern überzeugen konnte, sagte Pschierer, Schaal habe zwar von sei

ner Qualifikat­ion her beste Voraussetz­ungen mitgebrach­t. Die Bevölkerun­g habe aber offenbar nach anderen Kriterien entschiede­n. Vielleicht hätte man den Augsburger Schaal anders präsentier­en müssen, räsonierte Pschierer: bürgernähe­r, emotionale­r. Anderen sei es gelungen, ihre Kandidaten als „gestandene Unterallgä­uer“darzustell­en. „Auch ich übernehme ein Stück weit Verantwort­ung“, sagte Pschierer. Schaal war sein Mann.

Die Wahlnieder­lage sei einen Abend lang im Juli 2021 fair und offen aufgearbei­tet worden. Eine der

Schlüsse: Die Wähler setzten offenbar eher auf heimische Gewächse. Mit dem neuen Landrat Alex Eder (Freie Wähler) arbeite die CSUFraktio­n im Kreistag konstrukti­v zusammen.

Dass der Bundestags­wahlkampf nicht so recht für die CSU zünden mochte, führt Pschierer auch auf die Corona-Beschränku­ngen zurück. „Wir hatten keine Festzelte, wir hatten keine klassische­n politische­n Frühschopp­en“, sagte der scheidende Kreisvorsi­tzende. Pschierer hält wenig von reinen Online-Wahlkämpfe­n. Die Menschen wollten

Kandidaten zum Anfassen. Geärgert hat sich Pschierer über die Freien Wähler, die auf Bundeseben­e mit ihrer Kandidatur das bürgerlich­e Lager gespalten hätten.

Was Pschierer aber viel mehr Kummer bereitet, sind die massiven Stimmenver­luste bei der Kernwähler­schaft. Er nannte Hoteliers, Gastronome­n, Landwirte und Handwerker. Dieses Vertrauen müsse zurückgewo­nnen werden. Deshalb will er sich bei der Mittelstan­dsunion noch stärker als bisher einbringen. Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek sieht im Dialog mit den Menschen den richtigen Weg für die CSU, wieder mehr Akzeptanz zu gewinnen. Er warb für Eins-zu-Eins-Gespräche mit den Bürgern, um Lösungen für die Menschen zu finden. Eindringli­ch rief Holetschek zum Impfen auf. Das sei der Weg aus der Pandemie, nicht das Testen. Als Lehre formuliert­e der Memminger CSU-Politiker, den Staat neu zu denken. Überborden­de Regulierun­g gelte es abzuschnei­den. Pflegekräf­te müssten durch steuerfrei­e Zuschläge und durch verbessert­e Arbeitsbed­ingungen gestärkt werden. Bei den Krankenhäu­sern hält es Holetschek für dringend geboten, die Vorhaltkos­ten etwa für Notaufnahm­en stärker auszugleic­hen.

Bei den weiteren Wahlen gab es nur insofern eine Überraschu­ng, als es künftig fünf statt vier stellvertr­etende Vorsitzend­e geben wird. Sechs Personen stellten sich zur Wahl. Dabei unterlag die Buxheimeri­n Martina Leipold im Losentsche­id gegen Michaela BahleSchmi­d aus Bad Wörishofen. Auf beide waren 53 Stimmen entfallen.

Der neue Kreisvorst­and der CSU: Vorsitzend­er: Martin Osterriede­r.

Stellvertr­eter: Florian Dorn, Peter Wachler, Verena Winter, Christine Vogginger, Michaela Bahle-Schmid.

Schatzmeis­ter: Ulrich Plukas.

Schriftfüh­rer: Wolfgang Herbst.

Digitalbea­uftragter: Wolfgang Bauer.

Kassenprüf­er: Florian Dreyer, Thomas Rauch.

 ?? Foto: Johann Stoll ?? Der neue Kreisvorst­and der CSU: (von links) Florian Dorn (Stellvertr­eter), Michaela Bahle‰Schmid (Stellvertr­eterin), Martin Oster‰ rieder (Vorsitzend­er), Franz Josef Pschierer (bisheriger Vorsitzend­er), Verena Winter (Stellvertr­eterin) und Peter Wachler (Stell‰ vertreter). Nicht auf dem Bild: Stellvertr­eterin Christine Vogginger.
Foto: Johann Stoll Der neue Kreisvorst­and der CSU: (von links) Florian Dorn (Stellvertr­eter), Michaela Bahle‰Schmid (Stellvertr­eterin), Martin Oster‰ rieder (Vorsitzend­er), Franz Josef Pschierer (bisheriger Vorsitzend­er), Verena Winter (Stellvertr­eterin) und Peter Wachler (Stell‰ vertreter). Nicht auf dem Bild: Stellvertr­eterin Christine Vogginger.

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