Ein Jubiläum mit Hindernissen
Geschichte Der Fußball in Bad Wörishofen wurde 100 Jahre alt – im vergangenen Jahr. Gefeiert wird allerdings erst heuer. Dafür gibt es einen besonderen Rückblick eines Mannes, der 1946 bei einem legendären Spiel auf dem Platz stand
Bad Wörishofen Es war ein legendäres Entscheidungsspiel in Mindelheim: 4000 Zuschauer, ein Sieg für Bad Wörishofen, 5:0, der Aufstieg in Schwabens Oberhaus war besiegelt. Das war im August 1946. Erwin Stegmaier war damals einer der Torschützen. Wie das damals war, weiß der heute 97-Jährige noch ganz genau. Es ist eine von vielen Erinnerungen, in denen Wörishofens Fußballer zum 100-jährigen Bestehen des FCW schwelgen können.
Eigentlich wollte der FC Bad Wörishofen bereits im letzten Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern. Doch wie so vieles, verhinderte Corona auch dieses. Aus dem Festzelt wurde nichts, die Ehrengäste blieben notgedrungen zuhause. Doch ganz übergehen wollte der Verein dieses Jubiläum dann doch nicht und so wurde beschlossen, einiges davon in diesem Jahr nachzuholen. Dazu gehört auch eine umfangreiche Vereinschronik, die demnächst erscheint. Schließlich findet am 23. Oktober ab 18 Uhr ein Festabend statt. Zu Erzählen gibt es da sicher viel.
Die Historie des Fußballs in Bad Wörishofen nahm ihren Anfang im Jahre 1920, damals allerdings noch unter dem Dach des damaligen Turnvereins. Es gibt eine Zeitungsanzeige aus diesem Jahr von einem Spiel gegen Ettringen, und die ersten Fotos stammen aus den Jahren 1921 und 1922. Der zu diesen Zeiten wohl noch sehr kritisch gesehene Sport scheint hier auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein, denn bereits 1924 lösten sich die Fußballer vom Turnverein und wurden selbstständig. Diese genaue Information wurde erst vor Kurzem durch ein Protokoll in den Annalen des TSV beim Fußballclub bekannt. Das vor vielen Jahren verstorbene Gründungsmitglied Otto Holzhauser wies aber bei früheren Veranstaltungen immer darauf hin, dass 1920 als Gründungsjahr anzusehen sei.
Die ersten Spiele fanden noch auf der Steinlewiese am Tannenbaum statt, ehe es auf den Platz in den Kurpark und ab 1967 in das Stadion am Unteren Hart ging. Der 2. Weltkrieg hatte dazwischen große Lücken in das Vereinsgefüge gerissen. Die Nationalsozialisten hatten den FCW 1933 zudem kurzerhand für drei Jahre ganz aufgelöst. Doch schon im Herbst 1945 jagten auf einem Notplatz beim Flugplatz die vom Krieg Heimgekehrten wieder dem Ball nach. Die Chronik berichtet über ein legendäres Entscheidungsspiel in Mindelheim vor 4000 Zuschauern im August 1946. Die Kneippstädter siegten 5:0 und stiegen in die Kreisliga Schwaben auf. Linder; Zachmann, W. Berchtold; Haag, X.Berchtold, F. Thiemann; Lossovy, Stegmaier, F. Maurer, Barth und Mendelsohn vollbrachten dieses überraschende Kunststück. Dazu gehörten auch noch Willi Kitzinger und Leat Leindecker, die an diesem Tag verletzt waren. Der heute 97-jährige Erwin Stegmaier erzielte dabei ein Tor und erinnert sich: „Wir fuhren mit dem Bus nach Mindelheim. Von Wörishofen aus wurde ein Sonderzug eingesetzt. Schon am Bahnhof war ein Riesenauflauf.“Stegmaier berichtet von einem schönen, aber hartem Spiel, bei dem um jeden Ball gekämpft worden sei. „Dass ich selbst ein Tor erzielte, war für mich besonders schön“, freut er sich. „Am Ende war ein Riesenjubel, wir fuhren mit dem Bus heim und feierten im Löwenbräu, dem damaligen Vereinslokal, ausgiebig.“
Der Aufstieg in die damals höchste schwäbische Liga war gleichzeitig Grundlage für die sportlich vielleicht erfolgreichste Zeit in der Vereinsgeschichte. Denn in den folgenden 50er-Jahren gehörte der FCW immer dem schwäbischen Oberhaus an und erwarb sich mit Spielern wie Albert Feige, dem späteren Bayernspieler Werner Arnold oder auch Auswahlspieler Helmut Zachmann einen ausgezeichneten Ruf in weitem Umkreis. Danach folgten wechselvolle Zeiten. Dauerhaft in der Bezirksliga etablieren konnte sich der FCW erst wieder in den 90er-Jahren, als eine junge Mannschaft mit vielen Spielern aus der eigenen, damals sehr erfolgreichen Jugendarbeit, unter den Trainern Hermann Kohler und Peter Jendrosch immerhin acht Jahre in der Bezirksliga spielte und dabei beachtliche Platzierungen erreichte. Auch diese Zeit kann als eine der erfolgreichsten in der Historie bezeichnet werden.
Doch es gab auch andere Highlights in der Vereinsgeschichte. Der Umzug in das neue Stadion im Jahre 1967 brachte ein Gastspiel der Gladbacher Borussen vor 4000 Zuschauern gegen eine von Hans Kölbl trainierte Kreisauswahl. In Bad Wörishofen waren Stars wie Günther Netzer, Jupp Heynckes oder Rupp, Wimmer, Laumen und Torhüter Orzessek zu sehen. Die „Fohlen“gewannen mit 8:1. Fritz Thiemann war es zu verdanken, dass diese damals viel bewunderte Mannschaft in die Kneippstadt kam. Er war es auch, der bis zu seinem allzu frühen Tod schon bald nach diesem Spiel den Verein sowohl früher als Spieler und später als leidenschaftlicher Motor prägte. Für die spätere intensive Jugendarbeit mit seinen beiden Söhnen Rolf und Jürgen, dem heutigen Präsidenten, legte er bereits die Grundlage und war auch sonst viele Jahre die Seele des Vereins. Ganz besondere Aufmerksamkeit erlangte der FCW und damit auch die Stadt jedoch durch die Gastspiele von Spitzenteams, welche die stets von den Platzwarten der Stadt hervorragend gepflegten Anlagen, sowie auch die Hotels zu Trainingslagern nutzten. Für deutschlandweites Aufsehen sorgte 2003 das Gastspiel der irakischen Nationalmannschaft, die direkt aus dem Krieg nach Wörishofen kam. „Wir sind der Hölle entkommen“, berichteten die Spieler und Funktionäre damals. Ebenfalls zu Gast waren der 1. FC Nürnberg, Borussia Mönchengladbach, Besiktas und Fenerbahce Istanbul, AS Monaco, Partizan Belgrad oder 1860 München mit ebenso bekannten Trainern wie Christoph Daum, Lucien Favre, Bernd Schuster, Dieter Hecking oder dem spanischen Weltmeister-Trainer Vincent del Bosque, um nur einige zu nennen.
Weiterer wichtiger Baustein in der Geschichte war die Errichtung der Tribüne mit fast ausschließlicher Eigenleistung der Mitglieder vor genau zehn Jahren, wodurch die Anlage erst zu einem echten Stadion wurde. Die umfangreiche Jugendarbeit des FCW ist ebenfalls weithin bekannt, bei der mitunter 150 Kinder und Jugendliche ihre Heimat im FC Bad Wörishofen fanden und finden. „Nach einer längeren sportlichen Durststrecke blickt der Verein aktuell durchaus hoffnungsvoll nach vorne“, sagt Präsident Jürgen Thiemann. „Grund dafür sind die vielen jungen Spieler, die in den letzten beiden Jahren von den A-Junioren der JFG Wertachtal zu ihrem Stammverein FCW zurückgekehrt sind und inzwischen das Gerüst unserer beiden Seniorenmannschaften bilden.“Dazu komme mit Ludwig Krammer ein Trainer, der einen sehr guten Draht zu seinen Spielern habe, die er zum großen Teil bereits vom Kleinfeld weg in ihrer Entwicklung begleitet hat.
Nach einem etwas holprigen Saisonstart befinden sich aktuell beide Mannschaften im Aufschwung. Die erste Mannschaft ist seit Ende August ungeschlagen, was sich wegen zu vieler Unentschieden in der Tabelle aber noch nicht wirklich bemerkbar macht.
Bemerkenswert sei auch der Zulauf im Kleinfeldbereich, über den sich Jugendleiter Heinz Pildner und sein Trainerteam hocherfreut zeigen.