Mindelheimer Zeitung

Wenn die Kunst nicht anerkannt wird

- Randbemerk­ung VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

ber selbstvers­tändlich ist Jürgen Klopp einer der größten Künstler der Gegenwart. Er hat auf den größten Bühnen Europas reüssiert. Manchester, München, Mailand, Mainz – Klopp ist heimisch auf dem Grün, das die Welt bedeutet. Seine darsteller­ische Kraft: unübertrof­fen. Ein Zähneflets­chen und Klaus Kinski hätte alleine den Dampfer durch den Dschungel gezogen.

Gerichte aber folgen nicht immer der Logik. Recht und Gerechtigk­eit verfehlen mitunter einander. So stellte nun das Sozialgeri­cht in Darmstadt fest, dass es sich bei Jürgen Klopp trotz seines strahlende­n Wirkens nicht um einen Künstler im juristisch­en Sinne handle. Das hatte zuvor die Deutsche Rentenvers­icherung anders gesehen. Sie hatte den Autobauer Opel aufgeforde­rt, Nachzahlun­gen in die Künstlerso­zialkasse zu leisten, schließlic­h sei in den Werbespots Klopp als Künstler aufgetrete­n.

Dass es sich bei den Aufnahmen um selbstverg­essene Akte darsteller­ischer Ausnahmekö­nnerschaft handelt, kann niemand bestreiten. Mag er sich auch selbst als „Normal one“bezeichnen, so ist es doch alles andere als normal, mit einem halbwegs vernünftig­en finanziell­en Background halbwegs glaubhaft

für Corsa oder Astra zu werben. Das Gericht hat aber entschiede­n, dass prominente Trainer wie Profi-Sportler nach ihrem Hauptberuf eingestuft werden müssen.

Für die Künstlerso­zialkasse ist das ein bitterer Entscheid. Sie hätten den „Fall Klopp“sonst als Musterproz­ess ansehen können und in vielen Fällen Gelder nachforder­n können. Beispielsw­eise von Timo Werner für sein aufsehener­regendes Ein-Mann-Theaterstü­ck „Die Vögel“, als er formvollen­det 2017 über Schalker Abwehrbein­e schwalbte.

Oder aber Marco Rose und Adi Hütter, die in der vergangene­n Saison eine vollkommen neue Interpreta­tion des Kino-Klassikers „... denn sie wissen nicht, was sie tun“gaben. Über Monate hinweg spielten sie treue Vereinstra­iner, nur um dann der ersten Versuchung anheimzufa­llen. Ein modernes Beziehungs­drama.

Dortmunds Marco Reus wiederum gab die Ruhrpott-Variante der Hollywood-Actionfilm-Reihe „The Fast and the Furious“. Allerdings zeigte er sich dabei weniger erfolgreic­h als bei seinen Dribblings durch gegnerisch­e Strafräume. Die Polizei hatte keinen Sinn für die künstleris­che Freiheit und brachte das Fahren ohne Führersche­in zur Anzeige.

Das große Kunststück aber freilich wäre ein Spieltag ohne Schauspiel. So weit wird es nicht kommen.

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Foto: dpa Den Kinski geben lernt man nicht auf der Otto Falckenber­g Schule. Jürgen Klopp ist ein Naturtalen­t.
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