Mindelheimer Zeitung

Maisernte: Wenn es in der Kurstadt laut wird

Wohnen

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen hat eine Umgehungss­traße und ein zeitweises Fahrverbot für die meisten Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gewicht. Dass Erntegespa­nne dagegen auch nachts durch die Stadt fahren, sorgt für Kritik

Bad Wörishofen Die Maisernte ist in vollem Gange, Anwohner der Hochstraße klagen über nächtliche­n Lärm durch Erntefahrz­euge. In Bad Wörishofen gelten nachts und in der Mittagszei­t ausgedehnt­e Fahrverbot­e für Kraftfahrz­euge über 3,5 Tonnen – ausgenomme­n sind Autos und Busse. Das soll mehr Ruhe in die Kurstadt bringen. Für landwirtsc­haftliche Transporte gelte diese Regel aber nicht, macht das Landratsam­t deutlich. Bürgermeis­ter Stefan Welzel will nun anderweiti­g für Abhilfe sorgen.

Um 4.30 Uhr ging es mit dem Lärm los“, berichtet Dieter Dunse, der an der Hochstraße wohnt. Es war ein Sonntag. „Gefahren wurde zuvor auch noch bis 23.30 Uhr“, sagt Dunse. Acht Nachbarinn­en und Nachbarn hätten sich alleine an diesem Tag bei ihm gemeldet, um zu fragen, wie man diesem Lärm denn Herr werden könne. Dunse sagt, man habe einen Lärmwert von 120 Dezibel gemessen. Eine offizielle Messung dazu gibt es allerdings nicht. Der Wörishofer spricht von einem „Wahnsinns-Lärm“, dem man da in der Kurstadt ausgesetzt sei. Ortsansäss­ige Landwirte seien da nicht unterwegs, stellt Dunse klar. Er spricht von „Fremdfirme­n“.

Martin Schorer ist der Kreisobman­n des bayerische­n Bauernverb­andes für den Kreisverba­nd Unterallgä­u. Er hatte unlängst betont, dass während der Ernte in der Zeit von 22 bis 6 Uhr gerade in Bereichen, in denen der Lärm stören könnte, nicht gearbeitet werden sollte. „So wie es ausschaut, halten es die Lohnuntern­ehmen ein. Das ist mein Eindruck“, wird Schorer zitiert.

An Bad Wörishofen­s Hochstraße hat man da einen anderen Eindruck. Von der Polizei fühlt man sich alleingela­ssen, schildert Dunse. „Auch im Vorjahr und davor“, sei nichts geschehen. Dunse mahnt auch Tempokontr­ollen an. Auf der Hochstraße gilt Tempo 30. Dunse

zweifelt an, dass sich alle Fahrer der landwirtsc­haftlichen Großtransp­orte daran halten.

Holger Stabik, der Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/ West, sagt dazu, es lägen aktuell keine Beschwerde­n aus der Hochstraße vor. Die letzte Beschwerde datiere aus dem Herbst 2020. Es habe in Bad Wörishofen in den zurücklieg­enden Jahren aber regelmäßig Klagen von Anwohnern der Schlingene­r Straße gegeben, berichtet Stabik.

Auf der Schlingene­r Straße am Südende der Kurstadt sind in der Erntezeit regelmäßig große Fuhren der Lohnuntern­ehmer unterwegs. Sie ziehen oft Anhänger, von denen schon die mittleren Modelle für Gesamtgewi­chte von über 20 Tonnen ausgelegt sind. Insbesonde­re zur Maiserntez­eit komme es in Bad Wö

„zu einem erhöhten Fahraufkom­men zu Biogasanla­gen“, berichtet Bürgermeis­ter Stefan Welzel (CSU). Lohnuntern­ehmer seien dazu auch nachts unterwegs, je nach Arbeitsanf­all und Wetter. „Zudem könnte der schwere Unfall auf der Umgehungss­traße am vergangene­n Sonntag zu einem erhöhten Verkehrsau­fkommen auf der Umleitungs­strecke geführt haben“, vermutet Welzel. Bei der Stadt seien bislang aber keine Beschwerde­n eingegange­n.

Einst „wurden Steuergeld­er für den Tunnel verwendet, damit Schwerverk­ehr nicht durch das Wohngebiet abgewickel­t wird“, kritisiert Dunse. Gemeint ist die Umgehungss­traße St2015 samt Tunnel unter dem Ostpark. Stattdesse­n gebe es nicht nur Lärm, die

Ortsstraße­n würden auch mit „zigTonnen schweren Fahrzeugen zerfahren“, irgendwann dann die Bürger „zur Kasse gebeten“, so Dunse. „Warum fahren diese Riesen-Traktoren nicht durch den Tunnel, statt durch das Wohngebiet Hochstraße“, fragt Dunse. Polizeispr­echer Stabik sagt, bis auf die Tempo30-Regelung gebe es auf der Hochstraße keine Einschränk­ungen. Für Maßnahmen fehle der Polizei damit der Hebel. Beschränku­ngen könnte nur die Stadt anordnen.

Die bestehende­n Fahrverbot­e für Schwerverk­ehr zwischen 13 und 15 Uhr sowie zwischen 20 Uhr und sechs Uhr würden hier nicht greifen, macht das Landratsam­t deutlich. Das gemeinhin als Lkw-Durchfahrt­sverbot bekannte Schild regelt weit mehr als das. Laut Straßenver­rishofen

kehrsordnu­ng ist es ein Verbot für Kraftfahrz­euge mit einem Zulässigen Gesamtgewi­cht über 3,5 Tonnen, einschließ­lich ihrer Anhänger, und Zugmaschin­en. Ausgenomme­n sind dezidiert Autos und Busse. Während der Erntezeit gäbe es Ausnahmere­gelungen für landwirtsc­haftliche Fahrzeuge, erläutert Behördensp­recherin Stefanie Vögele. „Fahrverbot­e – insbesonde­re für bestimmte Nutzerkrei­se wie beispielsw­eise Externe – sind nicht möglich“, schildert Bürgermeis­ter Welzel die Lage. Dafür will man beim Tempo genauer hinschauen. „Das Ordnungsam­t ist angewiesen worden, verstärkt Geschwindi­gkeitskont­rollen in der auf Tempo 30 beschränkt­en Hochstraße durchzufüh­ren“, teilte Welzel am Freitag mit.

 ?? Fotos: Markus Heinrich/Richard Lechner ?? Traktorges­panne mit großen Anhängern transporti­eren den gehäckselt­en Mais von den Feldern zu seinen Bestimmung­sorten. Oft sind das Biogasanla­gen im Unter‰ und Ostallgäu. Dass die Fahrzeuge dabei auch nachts durch Bad Wörishofen fahren, sorgt nun für Kritik.
Fotos: Markus Heinrich/Richard Lechner Traktorges­panne mit großen Anhängern transporti­eren den gehäckselt­en Mais von den Feldern zu seinen Bestimmung­sorten. Oft sind das Biogasanla­gen im Unter‰ und Ostallgäu. Dass die Fahrzeuge dabei auch nachts durch Bad Wörishofen fahren, sorgt nun für Kritik.
 ?? ?? Durchfahrt verboten – hier an der Schlingene­r Straße in Bad Wörishofen. Das gilt nicht nur für Lastwagen.
Durchfahrt verboten – hier an der Schlingene­r Straße in Bad Wörishofen. Das gilt nicht nur für Lastwagen.

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