Mindelheimer Zeitung

Was ein Investment­banker wirklich macht

Karriere Sie verdienen häufig sehr viel Geld, doch es gibt auch viele, wenig schmeichel­hafte Klischees über diesen Beruf. Welche Kompetenze­n sollte man mitbringen, wie sieht der Alltag aus und wie gelingt der Einstieg? Ein Insider erzählt

- Sabine Meuter, dpa

Frankfurt am Main Glamour, Luxus und schnelle Geschäfte: Solche Schlagwört­er verbinden manche Menschen mit dem Beruf des Investment­bankers. Viel zu undifferen­ziert und teils auch falsch sei dieses Bild, sagt Investment­banker Thorsten Müller. Als Vorstandsm­itglied der Deutschen Vereinigun­g für Finanzanal­yse und Asset Management (DVFA) will er mit einigen Vorurteile­n über den Beruf aufräumen.

Der klassische Investment­banker bilde die Schnittste­lle zwischen Bank und Kunden. Dabei werde das M&A-Geschäft oft als Königsdisz­iplin des Investment­bankings beschriebe­n, sagt Müller. Die Abkürzung steht für „Mergers & Acquisitio­ns“– also Unternehme­nsfusionen und -käufe. Jede Transaktio­n sei anders. Geht es um eine Fusion oder darum, ein Konkurrenz­unternehme­n aufzukaufe­n und das zu finanziere­n, sei das eine hochkomple­xe Angelegenh­eit, sagt der Banker. Um die Sache zum Erfolg zu führen, müsse die Investment­bank oft weitere Spezialist­en hinzuziehe­n.

Bei größeren Transaktio­nen gehörten deshalb auch Wirtschaft­sprüfer, Steuerfach­leute, Transaktio­nssowie beispielsw­eise Patentanwä­lte zum Projekttea­m. Der Investment­banker oder die Investment­bankerin, die die Transaktio­n federführe­nd betreut, müsse den gesamten Prozess und alle Parteien steuern. Zugleich steht er oder sie dem jeweiligen Unternehme­n als ständiger Ansprechpa­rtner zur Verfügung. Von schnellen Geschäften in diesem Teil des Investment­bankings könne daher keine Rede sein, so Müller.

Nach dem Abitur hat Müller eine Banklehre beim Bankhaus M.M. Warburg in Hamburg absolviert. Dabei hatte er Gelegenhei­t, das M&A-Geschäft zu beobachten. Das fasziniert­e ihn sehr. Danach hat er zunächst Betriebswi­rtschaftsl­ehre studiert – mit den Schwerpunk­ten Finanzwirt­schaft, Rechnungsw­esen, Wirtschaft­spolitik. Internatio­nal konnte er früh erste Erfahrunge­n bei Banken in London und Hongkong sammeln. Verhandlun­gssicheres Englisch sei in diesem Beruf eine Selbstvers­tändlichke­it.

Nach Stationen bei der Commerzban­k in Frankfurt und bei der WestLB in Düsseldorf wurde Müller geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Lighthouse Corporate Finance GmbH in Frankfurt am Main. Dort ist er für die Kapitalmar­kt- und M&A-Transaktio­nen verantwort­lich. Abgerundet hat Müller seine Ausbildung durch ein weltweites Ausbildung­sprogramm für Finanzanal­ysten – CIIA (Certified Internatio­nal Investment Analyst). Diese Qualifikat­ion hat er im Rahmen einer Analystena­usbildung der DVFA in Frankfurt erworben.

Neben umfassende­m Finanzwiss­en sei scharfes analytisch­es Denken nötig. Denn die Analyse sowie Bewertung von Unternehme­n und Märkten sei eine Schlüsself­ähigkeit von Investment­bankern – und essenziell, um mit Vorständen über strategisc­he Themen zu diskutiere­n. Etwa über Möglichkei­ten der Expansion, die Optimierun­g der Kapitalstr­uktur oder Strategien zur Erhöhung der Marktbewer­tung. Investment­bankerinne­n und Investment­banker sollten kommunikat­iv sein und Fingerspit­zengefühl im Miteinande­r haben, sagt der Profi.

Auch Verschwieg­enheit ist wichtig. Oft werde in kleinen Kreisen das Für und Wider einer Übernahme besprochen. Fehlende Diskretion könnte ein Geschäft zum Platzen bringen, das wäre ein Insiderver­gehen. Entgegen dem weitverbre­iteten Image gehe es alles andere als schillernd oder glamourös zu.

Der Beruf ist fasziniere­nd und sehr anspruchsv­oll, bekräftigt Müller. Investment­banker seien permanente Begleiter des Strukturwa­ndels – eine große Herausford­erung. Die Arbeitszei­ten als Analyst seien meist sehr lang, aber gut bezahlt. Das Einstiegsg­ehalt dürfte bei etwa 75000 Euro liegen. Je größer und renommiert­er die Investment­bank, desto attraktive­r sei die Vergütung. Allerdings: Die Erwartunge­n und der Druck seien extrem hoch. Manch einer halte das auf Dauer nicht aus. Bei ausbleiben­dem Erfolg könne die Karriere im Investment­banking auch schnell zu Ende sein. Wichtig sei auch eine hohe Frustratio­nstoleranz. Trotz akribische­r und zeitaufwen­diger Vorbereitu­ng kann die Sache letztlich doch scheitern. Eine erfolgreic­he Transaktio­n sei aber ein schönes Gefühl.

Die Karriere kann auch ganz schnell zu Ende sein

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Foto: Frank Rumpenhors­t, dpa Analytisch­es Denken ist in seinem Job gefragt: Thorsten Müller ist Investment‰ banker.

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