Wo ist ganz oben?
Wenn ein Achttausender einen neuen Gipfel bekommt
Ganz oben ist, wenn es nicht mehr höher geht. Ein einfacher Satz – aber schwierig zu leben. Wie viele Stars und Sternchen sind dem Glauben aufgesessen, dass das Leben nur eine Richtung kennt – nach oben? Und haben dort in den entrückten Weltgefilden erst den Boden unter den Füßen verloren und dann die Orientierung, bis sie viel zu spät bemerkten, dass der höchste Punkt längst überschritten war und es steil abwärts ging mit ihnen.
Dann doch lieber bergsteigen, denkt man sich, da ist man vor so etwas gefeit. Den Gipfel kann man doch nicht verfehlen, sagt und schreibt, wer vor der eigenen Haustüre
auf Ungetüme wie den Tegelberg oder Aggenstein steigt. Aber Vorsicht. Der Manaslu, ein 8163 Meter hoher Himalaja-Gigant, für Höhenbergsteiger eine strapaziöse, aber auch gefragte Topadresse, zeigt sich von einer trügerischen Seite: Dort, wo man meint, oben zu stehen, der Punkt, der bislang auf den Karten verzeichnet war, gilt jetzt nur noch als Vorgipfel, weil rund 30 Meter weiter ein sechs bis zehn Meter höherer Punkt am Ende des Grats zu finden ist.
Für Aggenstein-Besteiger ist das nicht weiter schlimm, aber für den exklusiven Klub der AchttausenderSammler ein Desaster. Die ganze Anstrengung – alles für die Katz, weil man am Schluss den Gipfel um 30 Meter verfehlt hat, vielleicht sogar zu faul war für die letzten Meter. Nein, da hilft nur eine andere Haltung, ob nun Star, Sternchen oder am Berg. Reinhard Karl, der erste Deutsche auf dem Mount Everest, hat sie auf den Punkt gebracht: „Wirklich oben bist du nie.“