Mindelheimer Zeitung

Bayerische AfD rückt nach rechts

Landespoli­tik Die Partei wählt mit Stephan Protschka einen Mann zum Vorsitzend­en, der schon oft mit fragwürdig­en Äußerungen aufgefalle­n ist. Und das ist nicht die einzige Überraschu­ng

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Greding Bayerns AfD hat ihren politische­n Kompass deutlich in Richtung rechts verrückt: Der Landespart­eitag wählte im fränkische­n Greding zum neuen Vorsitzend­en den Bundestags­abgeordnet­en Stephan Protschka, dem in der Partei eine Nähe zum inzwischen formal aufgelöste­n „Flügel“nachgesagt wird. Der „Flügel“wird vom Verfassung­sschutz als rechtsextr­emistische Bestrebung eingestuft.

Der 43 Jahre alte Protschka setzte sich am Samstag im zweiten Wahlanlauf gegen die bisherige Landesvors­itzende Corinna Miazga und seinen Bundestags­kollegen Martin Sichert durch. Auf Protschka entfielen 51,8 Prozent der Stimmen, auf Sichert 23,6 und auf Miazga 22,3 Prozent. Auch andere Mitglieder im neuen Landesvors­tand werden parteiinte­rn in der Nähe des Thüringer AfDRechtsa­ußen Björn Höcke verortet: darunter die Stellvertr­eter Rainer Rothfuß (Lindau) und Martin Böhm und die neuen Schriftfüh­rer Ferdinand Mang und Kathrin Knabe.

In vielen Redebeiträ­gen auf dem Parteitag forderten Mitglieder eine Abkehr vom aktuell liberalere­n Kurs. Nur wo die AfD sich wie in den Ost-Bundesländ­ern nicht liberal verliere sie keine Stimmen. Das Bundesamt für Verfassung­sschutz beobachtet den formal aufgelöste­n „Flügel“als rechtsextr­eme Bestrebung mit nachrichte­ndienstlic­hen Mitteln. Die Parteijuge­nd (Junge Alternativ­e) wird von dem Inlandsgeh­eimdienst als Verdachtsf­all eingestuft. Das Kölner Verwaltung­sgericht will 2022 entscheide­n, ob der Verfassung­sschutz die gesamte AfD als rechtsextr­emistische­n Verdachtsf­all ins Visier nehmen darf. Dagegen hatte die Partei vorsorglic­h geklagt.

Protschka ist in der AfD kein unbeschrie­benes Blatt. In seiner Bewerbungs­rede für den Landesvors­itz rief der Mitbegründ­er des AfD-Bezirks Niederbaye­rn zur Geschlosse­nheit auf. „Ich werde das Beste in meiner Macht stehende tun, um aus der bayerische­n AfD eine führende Kraft zu machen“, sagte Protschka. Auch in Bayern hatte die AfD bei der Bundestags­wahl deutliche Stimmverlu­ste im Vergleich zur Wahl 2017 hinnehmen müssen. Die AfD Bayern gilt als tief gespaltene­r Landesverb­and, in dem sich die Anhänger des Flügels und die etwas Gemäßigter­en weiterhin unversöhnl­ich gegenübers­tehen.

Wegen des internen Streits – etwa auch im Landtag – macht die AfD immer wieder mit Personalqu­erelen auf sich aufmerksam. Kein Landesvors­itzender war bisher länger als zwei Jahre im Amt. Dies hat längst auch Konsequenz­en bei der Mitglieder­entwicklun­g. Seit Mitte 2019 sank die Zahl um mehr als 500 auf nunmehr nur noch 4500. Protschkas Kandidatur hatte auch für Kritik auf dem Parteitag gesorgt. Ein Parteimitg­lied bezeichnet­e es als „unglaublic­h peinlich“, dass Protschka öffentlich das „N-Wort“verwende und die Presse als Abschaum bezeichne. Mit dem Begriff „N-Wort“wird heute eine früher gebräuchli­che rassistize­ige, sche Bezeichnun­g für Schwarze umschriebe­n.

Protschka erklärte daraufhin, solche Äußerungen seien ja nicht verboten, er schäme sich auch nicht dafür und werde genauso auch weiterhin „Zigeunersc­hnitzel“sagen. 2014 hatte Protschka per Kurznachri­chtendiens­t Twitter extremisti­sche Aussagen wie „Merkel plant deutschen Völkermord“und „Die EU ist nicht Europa, die EU ist das Vierte Reich“verbreitet. 2019 war er in die Kritik geraten, weil er Geld für ein revisionis­tisches Denkmal für Weltkriegs­soldaten und Freikorpsk­ämpfer in Polen gespendet hatte.

Vor der Vorstandsw­ahl hatte sich Bayerns AfD dafür ausgesproc­hen, das umstritten­e Volksbegeh­ren „Landtag abberufen“zu unterstütz­en. Der Kampf gegen die Söder-Regierung sei zentrale Aufgabe der AfD Bayern. Damit unterstrei­che die AfD ihren Willen zur unmittelba­ren Bürgerbete­iligung und den Anspruch, die maßgeblich­e fundamenta­le Opposition­spartei in Bayern zu sein. Die Verantwort­lichen des Volksbegeh­rens werden in der „Querdenker“-Szene verortet. Mindestens einer wird laut Behörden vom Verfassung­sschutz beobachtet.

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Foto: Angelika Warmuth, dpa Stephan Protschka, neuer Landeschef der AfD.

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