Mindelheimer Zeitung

Wie ein Lausbub

Basketball Ulmer Trainer schickt seinen bekanntest­en Spieler in die Kabine

- (pim)

Ulm/Crailsheim Ratiopharm Ulm hat das Derby der Basketball-Bundesliga gegen Crailsheim sicher mit 93:71 gewonnen, diese Szene etwa drei Minuten vor der Halbzeit war vor allem deswegen letztlich eine Nebensächl­ichkeit. Aber eine, die trotzdem geschilder­t werden sollte, weil sie viel aussagt über die Hierarchie bei den Ulmern.

Aus irgendeine­m Grund geriet Cristiano Felicio verbal mit dem Crailsheim­er Trainer Sebastian Gleim aneinander. Wer meckert oder sich sonst wie echauffier­t, der bekommt im Basketball ein sogenannte­s technische­s Foul, nach zwei dieser technische­n Fouls muss er die Halle verlassen. Felicio wurde von Schiedsric­hterin Anne Panther nur einmal verwarnt und er verschwand trotzdem in der Kabine. Vorübergeh­end herrschte heillose Verwirrung bei den Zuschauern in der Arena Hohenlohe und an den Fernsehsch­irmen: War der 2,11 Meter große Brasiliane­r disqualifi­ziert worden? War er nicht. Des Rätsels Lösung: Sein eigener Trainer Jaka Lakovic hatte ihn vorübergeh­end aus dem Innenraum verwiesen. Seinen prominente­sten Spieler, einen der wichtigste­n und wahrschein­lich den teuersten im Ulmer Kader. In den vergangene­n sechs Jahren hat Felicio jedenfalls bei den Chicago Bulls 34 Millionen Dollar verdient, für Kost und Logis wird er also auch nicht in der deutschen Bundesliga spielen. Am Samstag verschwand der NBA-Veteran mit dem Gesichtsau­sdruck eines ertappten Lausbuben in den Katakomben und der nach außen hin immer freundlich­e und charmante Jaka Lakovic hatte bewiesen, wer im sportliche­n Bereich der Chef ist bei Ratiopharm Ulm. Seine eigene Vita dürfte seiner Autorität förderlich sein. Der Slowene hat als Spielmache­r des FC Barcelona die europäisch­e Königsklas­se Euroleague gewonnen. Das ist nicht schlechter als sechs Jahre NBA.

Nach der Halbzeit spielte Felicio wieder mit einer Profession­alität, die einem Mann mit seiner Erfahrung gut zu Gesicht steht. Warum die erzieheris­che Maßnahme des Trainers nicht zu einer Machtprobe ausartete? Die Aussage von Lakovic nach der Partie auf eine entspreche­nde Frage liefert darauf einen Hinweis: „Was in der Mannschaft passiert, das bleibt auch in der Mannschaft.“

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Cristiano Felicio

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