Mehr Platz ist Kreisräten wichtiger als Optik
Erweiterung Bei der geplanten Aufstockung des Landratsamtes in Mindelheim legen die Mitglieder des Bauausschusses Wert darauf, möglichst viele zusätzliche Büros zu schaffen – und machen dem Architekten einen Alternativvorschlag
Mindelheim In der jüngsten Sitzung des Kreis-Bauausschusses hat Jochen Schurr von m2s-Architekten in Marktoberdorf den Plan für die Aufstockung des Landratsamtes in Mindelheim präsentiert. Dieses soll wie berichtet um ein viertes Stockwerk erweitert werden, um so den chronischen Platzmangel in der Behörde zumindest ein wenig abzumildern. Mit seinem Entwurf konnte er allerdings nicht bei allen Mitgliedern des Bauausschusses punkten. Das hatte jedoch weniger mit der Optik an sich zu tun als mit ganz pragmatischen Überlegungen.
Denn Schurrs Entwurf sieht zwei Dachterrassen vor, die den Gebäudekörper in drei Kuben untergliedern und so auch auflockern sollen. Außerdem würde durch die Logien natürliches Licht in die verhältnismäßig langen Flure fallen. Bei den Mitgliedern des Bauausschusses stießen sie dennoch auf wenig Gegenliebe.
Als erster meldete sich Franz Renftle (CSU) zu Wort. In seinen Augen sind die beiden Dachterrassen „eine rein optische Sache“und würden wohl kaum genutzt. Deshalb könnte man an dieser Stelle genauso gut Büroräume schaffen. „Denn dafür machen wir die Aufstockung ja“, so Renftle. Unterstützung erhielt er von seinem Parteikollegen Martin Osterrieder. „Wir sollten die Räumlichkeiten schon nutzen, die wir da gewinnen“, sagte er und stellte die Frage, wer „die Dinger da oben“überhaupt sieht. Und auch Hermann Lochbronner (Freie Wähler) sprach sich dafür aus, lieber auf die Logien zu verzichten und stattdessen den Platz zu nutzen.
Landrat Alex Eder gab allerdings zu bedenken, dass dann Oberlichter Tageslicht in die Flure bringen müssten – was wiederum zu Lasten der PV-Anlage ginge, die auf dem Flachdach installiert werden soll. Wenn der Riegel ohne jede Unterbrechung gestaltet sei, bestehe außerdem die Gefahr, „dass das nach Plattenbau“aussieht, so Eder.
Weil letztlich aber nur Roland Demmler (JWU) den Entwurf „für sehr gelungen“hielt, unterbreiteten Landrat Eder und Martin Osterrieder den Architekten eine Idee: Statt der zurückspringenden Logien soll die Fassade durchgängig gestaltet und an diesen beiden Stellen vollflächig verglast werden. So würde ebenfalls Licht ins Innere fallen, der Raum hinter der Scheibe könnte aber – zumindest im Bereich der geplanten südlichen Logia – für Arbeitsplätze genutzt werden. Die Dachterrasse über dem Haupteingang könnte
dagegen als eine Art Empfangsbereich vor dem bereits bestehenden Konferenzraum im vierten Stock genutzt werden, in dem häufig Veranstaltungen stattfinden. Die Glasfront würde hier einen schönen Ausblick nach Süden und auf die Mindelburg ermöglichen.
Neben dem Platzgewinn würde der Alternativvorschlag auch zu einer größeren Dachfläche für die PVAnlage
führen und zu weniger Ecken und Winkeln, die bei der Abdichtung des Gebäudes Probleme bereiten könnten. Der Plan soll nun entsprechend überarbeitet und dann noch einmal vorgestellt werden.
Zuvor hatte Osterrieder nachgehakt, ob man die Arbeiten in der Hoffnung, dass die Baupreise wieder sinken, nicht noch ein wenig aufschieben
und sich solange mit der Anmietung von Büroräumen behelfen könnte. „Ja wo denn?“, antwortete darauf Eder. Und auch Franz Sirch, der Leiter des Sachgebiets Organisationsund IT-Management am Landratamt, wollte von einem Aufschub nichts wissen: Aktuell seien 118 Mitarbeiter in Büros an anderen Standorten untergebracht. „Und das kostet richtig Geld“, so Sirch.
Er ist überzeugt, dass sich die Aufstockung deshalb rasch amortisieren wird. Allerdings werden die neuen Büros keineswegs zur einer „Rückführungswelle“führen, so Sirch. Denn zum einen sieht der ursprüngliche Plan nur 46 zusätzliche Arbeitsplätze und außerdem einen Besprechungsraum für rund 20 Personen vor. Und zum anderen werde durch das Bevölkerungswachstum im Landkreis und auch durch gesetzliche Vorgaben immer mehr Personal benötigt, so Eder. Die jetzige Aufstockung ist deshalb nur der erste Schritt eines Gesamtkonzepts, das die Platzprobleme langfristig lösen soll.
Der Landrat gab außerdem zu bedenken, dass die Baukosten auf absehbare Zeit wohl nicht mehr sinken werden. „Je länger wir warten, desto teurer wird’s. Jedes Jahr kostet bares Geld“, sagte er.
In der Sitzung stellten Andreas Füssinger von hls.plan und Robert Kettner von Kettner & Baur neben Architekt Schurr auch die Pläne für die technische und elektrische Innenausstattung
vor. Der Erweiterungsbau in Holzständerbauweise soll demnach Passivhausstandard erreichen und wie das bestehende Gebäude über das Fernwärmenetz beheizt werden. Zudem wird es eine Lüftungsanlage geben, die im Sommer gekühlte und im Winter erwärmte Frischluft in die Doppelund Dreierbüros bringt. Wie viel
Frischluft erforderlich ist, messen Sensoren, die den Zustrom entsprechend regulieren und so helfen sollen, Strom zu sparen.
Architekt Schurr rechnet für den Bau mit Gesamtkosten in Höhe von 3,12 Millionen Euro. In Anbetracht der Baupreisentwicklung und für Unvorhergesehenes empfahl er jedoch, zusätzlich mindestens zehn Prozent mehr einzuplanen. Dieser Puffer entspricht dann ziemlich genau der Förderung, die der Landkreis bekommen könnte, wenn der Erweiterungsbau den energetischen Standard KfW 40 erreicht. In den Kosten inbegriffen sind die geplante Verlängerung eines bereits vorhandenen Aufzugs bis in den vierten Stock und eine behindertengerechte Toilette.
Letztlich sprachen sich die Mitglieder des Bauausschusses geschlossen dafür aus, die Aufstockung zu bauen und mit einer PVAnlage für die Eigenstromnutzung auszustatten. Nur das äußere Erscheinungsbild ist noch nicht endgültig festgelegt.
„Wir sollten die Räumlichkeiten schon nutzen, die wir da gewinnen.“
Kreisrat Martin Osterrieder (CSU)
Je länger wir warten, desto teurer wird’s. Jedes Jahr kostet bares Geld.“
Landrat Alex Eder