Triumph mit Sternchen
Deutscher Buchpreis „Blaue Frau“siegt, Autorin spricht von Gender-Krieg
Frankfurt Acht Jahre hat Antje Rávik Strubel an „Blaue Frau“geschrieben – nun hat sie dafür den Deutschen Buchpreis erhalten: für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres. Als am Montagabend im Kaisersaal des Frankfurter Römer die Entscheidung verkündet wird, springt Strubel auf, fällt ihrer Verlegerin und weiteren Förderinnen begeistert um den Hals.
Der bei S. Fischer erschienene Roman schildert die Flucht einer jungen Tschechin vor ihren Erinnerungen an eine Vergewaltigung. Das Buch spielt in Berlin, der Uckermark, Helsinki – und im inneren Exil der weiblichen Hauptfigur, die vier verschiedene Namen trägt. Der „aufwühlende Roman“überzeugte die Jury: Die Autorin behandle das Thema „mit existenzieller Wucht und poetischer Präzision“. Und: „Die Geschichte einer weiblichen Selbstermächtigung weitet sich zu einer Reflexion über rivalisierende Erinnerungskulturen in Ost- und Westeuropa und Machtgefälle zwischen den Geschlechtern.“In der Literaturbeilage unserer Redaktion hieß es: „Wie sie diesen schweren
Stoff in eine schwebende Prosa verwandelt, zu einem so zarten, feinen, anspielungsreich-literarischen Werk über Macht und Ohnmacht, Ost und West, zählt zu den nachdrücklichsten Leseerfahrungen dieses Bücherherbstes.“
Strubel wurde 1974 in Potsdam geboren. Sie machte zunächst eine Ausbildung zur Buchhändlerin und studierte dann in Potsdam und New York Psychologie und Literaturwissenschaft.
Später lebte sie unter anderem in Schweden, bevor sie wieder nach Potsdam zurückkehrte. Neben ihrer schriftstellerischen Arbeit übersetzt sie aus dem Englischen und Schwedischen.
Strubel ist keine Unbekannte. Sie hat bereits mehrere Romane veröffentlicht, unter anderem „Unter Schnee“(2001), „Fremd Gehen. Ein Nachtstück“(2002), „Tupolew 134“(2004), „Kältere Schichten der Luft“(2007), „Sturz der Tage in die Nacht“(2011) und „In den Wäldern des menschlichen Herzens“(2016).
Die Dankesrede nutzt Strubel für ein Plädoyer für geschlechtergerechte Sprache. Sie sei überwältigt, aber sie könne nicht sprachlos hier stehen „in diesen zänkischen Zeiten“. Es herrsche „ein Gezerre und Gezeter und ein furchtbarer Krieg – ein Krieg, der über Benennungen und Bezeichnungen geführt wird“. Es sei doch eigentlich selbstverständlich, „dass man mit dem Namen angesprochen werden möchte, mit dem man sich angesprochen fühlt“: Sie sei „Schriftstellerin – und als solche manchmal ausgezeichnet mit einem Sternchen“.