Ein Leben voll reizvoller Gegensätze
Buch Eine ganz besondere Entdeckungsreise durchs Unterallgäu in 500 Bildern aus 100 Jahren
Mindelheim Wie schnell doch die Zeit vergeht! Ein Jahr folgt dem nächsten – und in der Rückschau kommt vielen das Leben so kurz vor wie ein einziger Wimpernschlag. Wer sich Fotos aus früheren Tagen ansieht, mag kaum glauben, wie sehr sich die vertraute Umgebung im Unterallgäu über all die Jahre verändert hat. Eine solche Zeitreise durch unsere Heimat hat nun der Verlag Hans Högel KG aus Mindelheim angetreten. „Unterallgäu heute und in einer anderen Zeit“bietet auf 216 Seiten über 500 Bilder aus 100 Jahren.
Die Fotos zeigen den Alltag der Menschen, wie sie früher gearbeitet, wie sie ihre Freizeit verbracht, wie sie gefeiert und wie sie getrauert haben. Im Kontrast dazu die Aufnahmen von heute: Sofort fallen die Veränderungen ins Auge, etwa in der Landwirtschaft. Ein Schwarz-WeißFoto einer Bauernfamilie mit Kindern, Knechten und Mägden beim Einholen des Getreides steht einem Bild gegenüber, das zwei große Mähdrescher zeigt. Menschen sind auf dem zweiten Bild nicht zu sehen. Mit einem Bruchteil an Menschenkraft erzeugen Landwirte heute ein Vielfaches an Nahrungsmitteln.
Diese Gegensätze machen den besonderen Reiz dieses Buches aus, das zu einer Entdeckungsreise in die eigene Vergangenheit einlädt. Zu sehen sind Gebäude, die es nicht mehr gibt oder die immer noch so aussehen wie vor 100 Jahren. Die fast vergessene Welt der Schwarz-Weiß-Fotos liegt eigentlich noch gar nicht so lange zurück. Sie wirkt aber wie aus einer anderen Welt.
In zwölf Kapiteln beleuchtet Autor Harald Klofat den Wandel in der Heimat. Eine Colonialwarenhandlung in Babenhausen ums Jahr 1900 steht einem Direktverkauf auf einem Biohof in Salgen gegenüber. Ein Bild wirft dabei besondere Fragen auf. Zu sehen sind drei vielleicht zehn Meter hohe Holzstöße, die in Babenhausen in der Vorkriegszeit fotografiert wurden. Es handelte sich um Fassdauben, die bis in die 1950er Jahre auf dem Gelände der Küfnerei Egger in Babenhausen in diesen riesigen Türmen an der Luft getrocknet wurden.
Auch der Sport nimmt einen ungeahnten Aufschwung. Um 1850 entstehen in der Region die ersten Sportvereine. Einzelne Schützenvereine sind sogar noch älter. Bis 1523 reicht die Geschichte der Königlich Privilegierten Feuerschützengesellschaft Mindelheim zurück. 1861 wurde der Turn- und Sportverein Mindelheim gegründet, zunächst als Turnergesellschaft. Nur kurze Zeit später brach sich die Radbegeisterung Bahn. 1883 gründete sich in Mindelheim der Velocipedclub. Er ist der älteste Radfahrverein in ganz
Bayern. Ein Bild in dem neuen Band erinnert an das Jubiläum in den 1960er Jahren. Mitglieder radelten auf historischen Rädern durch die Stadt.
Auch Eppishausen kann auf eine lange Radbegeisterung zurückblicken. Der Verein wurde 1904 gegründet. Fünf Jahre später weihte der Radverein eine eigene Standarte. Davon zeugt ein Foto mit den stolzen Recken und Ehrendamen.
Viel Aufsehen erregten auch die Himmelsstürmer. Aus dem Jahr 1893 ist ein Bild aus Bad Wörishofen überliefert. Zu sehen ist der Weltenfahrer Alfred Groß mit seinem Fluggerät. Das präsentierte er stolz im Garten des Sebastianeums. Auch den Wunder-Pfarrer Sebastian Kneipp lockte das Spektakel an, wie auf dem Bild zu sehen ist.
Das Unterallgäu blieb flugbegeistert. Damit ist weniger der Flughafen Memmingerberg gemeint als der Flugzeugbau von Grob in Mattsies. Ein Bild zeigt den Motorsegler Astir und die Erfolgsmaschine G120TP.
Das Buch „Unterallgäu – Heute und in einer anderen Zeit“ist in den Ge schäftsstellen der Mindelheimer Zeitung, Tel.: 08261 / 991310), im Buchhan del sowie online unter www.mindelhei merzeitung.de/shop erhältlich. Es kos tet 17,90 ¤.