Neuer Chef und große Pläne bei der Tricor AG
Wirtschaft Martin Müller machte ein kleines Unternehmen zu einem international agierenden Verpackungsspezialisten. Jetzt geht der Kapitän von Bord. Sein Nachfolger steht bereits fest.
Bad Wörishofen Mit dem Namen Martin Müller ist eine erstaunliche Unterallgäuer Erfolgsgeschichte verbunden. In 35 Jahren hat er die Tricor AG zu einem führenden Unternehmen für Industrieverpackungen in Europa gemacht – und zu einem der größten Arbeitgeber im Unterallgäu. Nun zieht sich Müller von der Unternehmensspitze zurück. Wer sein Nachfolger als Vorstandsvorsitzender wird, steht bereits fest.
Martin Müller hat die Tricor Packaging & Logistics AG mit Sitz in Bad Wörishofen einst gegründet, damals noch in Eppishausen. Am Montag gab das Unternehmen sein Ausscheiden aus der Firma bekannt. Müllers letzter Arbeitstag war der 15. Mai, zwei Tage, nachdem wegweisende Entscheidungen gefallen sind. „Freitag der 13. war ein Glückstag für Tricor“, sagt Müller. „Es beginnen rosige Zeiten.“Mit der Freigabe großer Projekte durch die Tricor-Eigner in Japan könne Tricor nun realisieren, was „ich 2018 vor dem Verkauf noch auf dem Plan hatte“, sagt Müller und betont: „Diese Entscheidung aus Japan bedeutet eine Jobgarantie für die Tricor-Beschäftigten.“
Noch ist der Inhalt dieser Entscheidungen größtenteils geheim. Zum Paket gehört aber der Bau eines neuen Werkes in Deutschland in der Größe des Unternehmenssitzes in Bad Wörishofen. Den Standort verrät Tricor noch nicht. Das Investitionsprogramm sehe Akquisitionen und weitere Kapazitätserweiterungen vor und unterstreiche „deutlich den Wachstumskurs für die kommenden Jahre“, teilt Tricor dazu mit.
Das Unternehmen beginnt die Projekte aus einer starken Position. „Tricor war noch nie besser als heute“, sagt Klaus Wiblishauser. Er ist der neue stellvertretende Vorsitzende des Vorstands und bereits seit 1991 im Unternehmen, zuletzt als Technikvorstand. Den neuen Vorstandsvorsitzenden kennt er gut: es ist sein Bruder Robert Wiblishauser. Der Vater zweier Kinder und einstige Marathonläufer ist seit Montag im Amt. Auch Robert Wilblishauser sieht Tricor gestärkt für die anstehenden Aufgaben. Man habe mit rund 250 Millionen Euro im vergangenen Jahr den höchsten Umsatz der Firmengeschichte gemacht und ein „sehr gutes Ergebnis“erzielt. Eine genaue Zahl nennt Wiblishauser aber nicht. Dafür berichtet er, dass das nun beschlossene Investitionsprogramm mehrere Hundert Millionen Euro schwer sei. „Wir sind ganz gut unterwegs“, findet der 57-Jährige aus Eppishausen, der bislang Finanzvorstand und stellvertretender Vorsitzender des Unternehmens war – und einst Aktionär, wie auch Martin Müller und Klaus Wiblishauser.
Martin Müller hat die Weichen für die Zukunft Tricors früh gestellt. Bereits 2019 hatten er und seiMitaktionäre eine Nachfolgeregelung vorbereitet und die Aktienmehrheit dazu an einen strategischen Investor abgegeben. Seitdem sind 100 Prozent der Anteile im Besitz der japanischen Rengo Co. Ltd., einem Anbieter für Verpackungslösungen. Dieser sehe in Tricor „eine wichtige Basis zum Ausbau seiner internationalen Aktivitäten“, teilt Tricor mit. Martin Müller hatte sich beim Verkauf seiner Anteile im Jahr 2019 bereit erklärt, die künftige Entwicklung der Tricor in der Übergangsphase aktiv zu begleiten und deren weitere strategische Aufstellung voranzubringen. „Die Weichen sind gestellt“, betont die neue Unternehmensspitze. Im Alter von 60 Jahren scheidet Müller nun aus dem Vorstand aus. Allerdings ist noch nicht ganz Schluss. Müller werde Tricor noch bis Januar 2023 beratend begleiten. Gemeinsam wolle man noch die eingeleiteten strategischen Schritte für Übernahne men und den geplanten neuen Produktionsstandort umsetzen.
Thomas Aust und Co Kroon bleiben nach den Umbesetzungen in ihren bisherigen Funktionen im Tricor-Vorstand aktiv. Neuer Finanzvorstand (CFO) wird Dr. Günther Burkhard. Zudem wird Nico Weis stellvertretendes Vorstandsmitglied. Das Neubau-Projekt wird weiterhin federführend von Markus Schmidt umgesetzt.
Für den scheidenden Vorstandsvorsitzenden gibt es viel Lob vom Unternehmen. „Sein herausragendes Engagement, sein strategischer Weitblick und sein unbedingter Wille zur unternehmerischen Spitzenleistung haben Tricor geprägt und zu dem gemacht, was es heute ist: ein führender und leistungsfähiger Lösungsanbieter für Industrieverpackungen in Europa“, lobt die neue Unternehmensleitung den langjährigen Chef. Müller hatte das Unternehmen in mehr als 35 Jahren aus einem kleinen Anbieter von Wellpappe- und Holzverpackungen entwickelt. Die Führungskräfte wurden am Montag über Müllers Rückzug informiert. Sie hätten mit Verständnis auf die Entscheidung reagiert, sagt Robert Wiblishauser.
Martin Müller wird es derweil so schnell nicht langweilig. Er sei weiterhin unternehmerisch tätig und habe selbst noch vier Firmen, sagt der umtriebige 60-Jährige.