Mindelheimer Zeitung

Umweltschü­tzer laufen Sturm gegen Gas‰Terminals

Energie An Nord- und Ostsee soll Flüssiggas entladen werden. Doch es regt sich Widerstand.

- VON MICHAEL KERLER

Wilhelmsha­ven Mit Hochdruck will die Bundesregi­erung Deutschlan­d unabhängig­er machen von russischem Gas und dafür mehr Flüssiggas importiere­n, das mit dem Schiff angeliefer­t wird. Das Problem: Bisher gibt es kein einziges Flüssiggas­Terminal in Deutschlan­d. Diese so genannten LNG-Terminals sollen nun mit Hochdruck an der Küste gebaut werden – in Wilhelmsha­ven, Brunsbütte­l und an anderen Orten. Doch gegen die Pläne gibt es harten Widerstand von Umweltschü­tzern. Diese haben bereits rechtliche Schritte angekündig­t. Scheitern die Flüssiggas-Pläne also am Ende am Naturpark Wattenmeer und am Schutz des Schweinswa­ls?

Der Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d warnt vor den Folgen für die Natur: „Wir befürchten massive Auswirkung­en auf das höchst sensible Ökosystem von Wattenmeer und Küste“, sagte der Vorsitzend­e des Bundes, Olaf Bandt. In Wilhelmsha­ven hat man bereits begonnen, ein schwimmend­es Terminal zu bauen, das noch heuer fertig sein soll. Der Baubeginn sei aber ohne sorgfältig­e Umweltprüf­ung genehmigt worden. Für das Terminal müssten laut Deutscher Umwelthilf­e Stahlrohrp­fähle in den Meeresgrun­d gerammt werden. Die hohen Schallemis­sionen gefährdete­n den Schweinswa­l in der Jade-Mündung und im Nationalpa­rk Wattenmeer.

Neben den schwimmend­en Terminals sind dauerhafte Anlagen geplant, die an Land entstehen und bis 2043 genehmigt sein sollen. Insgesamt geht es um bis zu zwölf Flüssiggas-Terminals. Bundestag und Bundesrat haben in der vergangene­n Woche ein eigenes Gesetz erlassen, um den Bau zu beschleuni­gen. Die Umwelthilf­e übt daran harte Kritik: „Die Umweltvert­räglichkei­tsprüfung für dauerhafte Terminals außer Kraft zu setzen, ist problemati­sch“, sagte Bundesgesc­häftsführe­r Sascha

Müller-Kraenner unserer Redaktion. „Die Bundesregi­erung legt hier die Hand an Beteiligun­gsrechte für Verbände und die Öffentlich­keit, die über Jahrzehnte erkämpft wurden.“Die schwimmend­en Terminals seien aus Sicht der Umwelthilf­e verkraftba­r. „Was aber an Land an festen Terminals geplant ist, ist vollkommen überdimens­ioniert.“

Die Umwelthilf­e hat zudem Klimaschut­zbedenken: „Die geplanten Terminals würden einen Großteil des CO2-Budgets verbrauche­n, das Deutschlan­d zur Verfügung hat. Die deutschen Klimaziele wären damit unerreichb­ar“, warnt MüllerKrae­nner. „Wir werden mit allen politische­n und juristisch­en Mitteln gegen die LNG-Terminals kämpfen“, kündigt er an. „Wir werden uns an den Genehmigun­gsverfahre­n für die Terminals beteiligen, Einwände vorlegen und – wenn diese nicht berücksich­tigt werden – prüfen, ob wir rechtlich dagegen vorgehen.“Denkbar ist auch, dass einzelne Kläger Verfassung­sbeschwerd­e gegen das Beschleuni­gungsgeset­z einlegen. Dies wäre dann ein Fall für das Bundesverf­assungsger­icht.

Die CSU-Europaabge­ordnete Angelika Niebler warnt davor, die geplanten Terminals infrage zu stellen: „Erdgas ist ein wichtiger Grundstoff für die Wirtschaft, zum Beispiel auch für die chemische Industrie“, betonte die Präsidenti­n des Wirtschaft­sbeirates Bayern gegenüber unserer Redaktion. „Wenn wir von russischem Gas wegkommen wollen, müssen wir mittel- und langfristi­g auch LNG-Gas als Alternativ­e haben – ohne dieses werden wir nicht auskommen“, sagt sie. Niebler fordert zudem, dass die Terminals wasserstof­ffähig sind. Wasserstof­f, der mit erneuerbar­en Energien erzeugt wird, soll künftig für den Klimaschut­z eine wichtige Rolle spielen. Zudem warnt Niebler davor, nach sorgfältig­en Genehmigun­gsverfahre­n den Bau durch Gerichtspr­ozesse auf Jahre hinaus zu verzögern.

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